Wirtschaft

muenchen karstadt 019111.06.2013: Vor vier Jahren ließ er sich als „weisser Ritter“ feiern, als Karstadt-Retter, der den insolventen Warenhaus-Konzern in eine neue Zukunft führen wollte. Heute entpuppt sich der „Visionär“ Nicolas Berggruen, der sich bei der Belegschaft als „guter Hirte“ andienern wollte, als ganz ordinäre Finanz-Heuschrecke, als „Brutalo-Kapitalist“, wie es ein Eingeweihter gegenüber dem Handelsblatt ausdrückte. Das Traditions-Warenhaus mit 24.000 Beschäftigten und 107 Filialen bewegt sich erneut auf die Pleite zu, nicht zuletzt wegen Bergruen. 2009 ging der gesamte Handelskonzern in die Insolvenz. Mit Unterstützung von Politik und Medien stach Berggruen im Sommer 2010 im Bieterstreit zwei Mitbewerber – den italienischen Kaufhausbetreiber Borletti und den Finanzinvestor Triton – aus und erwarb den Konzern für einen einzigen Euro.

Er bekam den Zuschlag auch deshalb, weil er Zukunfts-Visionen für das Warenhaus andeutete und so tat, als wolle er dafür auch wirklich Geld in die Hand zu nehmen. Von Kapitalinvestitionen bis zu 300 Millionen Euro in moderne Warenhäuser war die Rede. Doch Berggruen investierte neben diesem einen Euro Kaufpreis bislang keinen einzigen Cent in den Warenhaus-Konzern. Und selbst diesen Euro berappte er nur, weil er dadurch keine Schenkungssteuer bezahlen musste. Es war nicht die einzige Steuereinsparung, die für den neuen Karstadteigner bei dem Deal heraussprang. Nach Angaben des Handelsblatts (6.6.13) bekam er vom Staat Hunderte Millionen geschenkt:

  • 94 deutsche Städte machten im Mai 2010 den Weg zur Rettung frei, indem sie auf 140 Millionen Euro angefallene Gewerbesteuer verzichteten;
  • eine Gesetzeslücke bei der Mehrwertsteuererhebung, die Insolvenzverwalter Görg zugunsten Karstadts nutzte, kostete den restlichen Steuerbürgern der Republik fast 150 Millionen Euro;
  • Außerdem hatte die Bundesagentur für Arbeit für drei Monate die Gehaltszahlungen übernommen und damit Karstadt de facto 100 Millionen Euro geschenkt. Dafür durfte sich Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bei der Besiegelung der Übereignung medienwirksam als Hilfs-Retterin mit dem Kosmopoliten Berggruen beim Rolltreppenfahren ablichten lassen.

muenchen Nutzenberger 070613 0181Das bei weitem größte Opfer aber erbrachte die Belegschaft. VerkäuferInnen und Warenverräumer, die im Monat gerade mal 1500 Euro brutto verdienen, verzichteten auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Lohn- und Gehaltserhöhungen, die in der Branche tariflich vereinbart wurden; dem Fiskus entgingen weitere zig-Milliarden an Lohnsteuereinnahmen. Die Karstadt-Beschäftigten haben seit 2009 „auf 650 Millionen Euro verzichtet, während der Investor sich weigert, endlich die nötigen Modernisierungs- und Zukunftsinvestitionen vorzunehmen“, erklärte Stefanie Nutzenberger vom Verdi-Bundesvorstand, Fachbereich Handel, auf der Streikkundgebung der KollegInnen vom Einzelhandel am vergangenen Freitag auf dem Münchner Karlsplatz. Und unter dem Beifall und Pfeifkonzert der Streikenden forderte sie: „Her mit dem Geld für die notwendigen Investitionen“.

Berggruen, der sich auf der politischen Bühne gerne als Weltenretter gibt, denkt aber gar nicht daran, Geld in die Warenhauskette zu stecken. In einem Bild-Zeitungs-Interview verarschte er noch die Beschäftigten: „Wenn frisches Geld automatisch helfen würde, stünde ich bereit“. Von wegen. Er holt aus dem Umternehmen Millionenbeträge heraus. Für fünf Millionen Euro hatte er seinerzeit die Marke „Karstadt“ bezahlt. Seither lässt er sich jährlich bis zu 12 Millionen Euro Lizenzgebühren für diese Markenrechte bezahlen und steuersparend auf seine Holding überweisen.

Statt auf Geld für Modernisierungs-Investitionen komme es auf den „Wandel im Unternehmen selbst“ an, so der Nicht-Investor. Dieser Wandel hat seit Sommer 2011 bereits zur Streichung von 2000 Vollzeitstellen geführt. Jetzt soll ein erneutes Rationalisierungs- und Stellenstreichungsprogramm durchgezogen werden. Mehr noch. Berggruen und das Karstadt-Top-Management kündigten an, aus der Tarifbindung auszusteigen. Ein erneuter Ausschluss aus tariflichen Lohnerhöhungen für die Belegschaft wäre die Folge. Deshalb platzte jetzt den Kolleginnen und Kollegen der Kragen; in einer Reihe von Karstadt-Filialen traten Hunderte in Streik. Den Vorwurf von Berggruen, „die Verdi-Funktionäre kämpfen gerade bei Karstadt nur um ihre eigene Macht als Gewerkschaft“ konterte Stefanie Nutzenbacher auf der Streik-Kundgebung: „Was wir erleben ist, dass die Konzerne ihre Macht ausüben“, um immer mehr prekäre Beschäftigung aufzubauen und Niedrigstlöhne zu zahlen, die dann aus öffentlichen Mitteln als Aufstocker subventioniert werden müssen, damit die Menschen überhaupt leben können. „Da machen wir nicht mehr mit. Wir kämpfen dafür, dass die Gesellschaft würdevoll mit den Menschen umgeht. Und deshalb brauchen wir den Schutz durch Tarifverträge“.

Text/Fotos: Fred Schmid, isw

Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

mit Rihm Miriam Hamdan von "Palästina spricht"

Wir unterhalten uns über den israelischen Vernichtungskrieg, die Rolle Deutschlands (am 8. und 9. April findet beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörung über die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord statt), die Situation in Gaza und dem Westjordanland und den "Tag danach".

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Donnerstag, 18. April, 19 Uhr

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Meeting-ID: 820 6472 0080


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Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf

Samstag, 20. April 2024, 11:00 Uhr bis 16:30 Uhr
in Frankfurt am Main

Es referieren:
Nicole Mayer-Ahuja, Professorin für Soziologie, Uni Göttingen
Frank Deppe, emer. Professor für Politikwissenschaft, Marburg

Zu diesem Ratschlag laden ein:
Bettina Jürgensen, Frank Deppe, Heinz Bierbaum, Heinz Stehr, Ingar Solty

Anmeldung aufgrund begrenzter Raumkapazität bis spätestens 13.04.24 erforderlich unter:
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

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Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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