Wirtschaft

norgren igm esslingen31.10.2013: Die Beschäftigten der Firma Norgren in Großbettlingen, einem kleinen Dorf am Rande der schwäbischen Alb, schreiben Geschichte. Am 5. Oktober traten sie rund um die Uhr in einen Warnstreik – ohne Streikgeld. Nach einer erfolgreichen Urabstimmung, 97 Prozent der Metaller_innen haben sich dafür ausgesprochen, traten sie am 14. Oktober in einen unbefristeten Streik. „Die komplette Belegschaft steht rund um die Uhr vor dem Tor“, so Jürgen Groß Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen. Norgren, früher Herion, gehört zum britischen IMI Konzern und ist führender Hersteller von Pneumatik und Hydraulikprodukten vorrangig für Nutzfahrzeuge.

„Die Streikfront steht. Uns kriegen die weder klein noch los“ sagt mir eine streikende Kollegin bei einer Protest- und Solidaritätsaktion vor dem Zweigwerk in Fellbach. Hier fand am 22. Oktober eine beeindruckende und lautstarke Protest– und Solidaritätsaktion statt.
Ein Mitglied der IMI Konzernleitung aus England der an diesem Tag im Zweigwerk Fellbach anwesend sein wollte sowie die Führungskräfte von Norgren in Fellbach waren offensichtlich davon so beeindruckt, dass sich niemand von ihnen sehen ließ. „Besonders positiv war“, so die IG Metall, dass sich etwa 40-50 Mitarbeiter des Fellbacher Norgren Werkes mit ihren Großbettlinger Kollegen solidarisierten. Dies deshalb, weil unter den massiven Drohungen und Druck der Geschäftsleitung „einige Fellbacher Streikbrecher im Werk Großbettlingen arbeiten. „Dazu kann und darf niemand gezwungen werden. Jeder sollte Nein sagen“, so Jürgen Groß in seiner kämpferischen und aufmunternden Rede vor dem Werkseingang. Es sei skandalös, dass trotz Gewinne das Werk geschlossen und nach Tschechien verlegt werden solle. Es werde nur verlagert um noch mehr Gewinne zu erzielen.

An der Solidaritäts- und Protestaktion in Fellbach nahmen auch Delegationen aus anderen Betrieben wie z.B. Stihl und Daimler teil. Der DGB Fellbach solidarisierte sich mit den Streikenden. Dieter Keller, Autor dieses Artikels und Vorsitzender des DGB Fellbach, sagte unter dem Beifall der Protestierenden: „Euer Kampf kann lang und hart werden. Deshalb rufe ich euch zu: Macht weiter so. Unsere Solidarität gehört euch. Lasst euch weder einschüchtern, noch spalten, noch klein kriegen.  Zweimal habt ihr es in der Vergangenheit geschafft (2007 und 2009) dass euer Werk nicht stillgelegt wurde. Der Volksmund sagt: Aller guten Dinge sind drei. Also machen wir den Dreier. Ihr und wir haben die Kraft dazu, wenn wir gemeinsam und solidarisch handeln. Dazu wünsche ich viel Erfolg. Solidarität macht stark und hilft siegen.“

Für die streikenden Kolleg_innen geht es um vieles. Den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und die Verhinderung der Verlegung der Produktion nach Tschechien. Deshalb ist es für sie wichtig, den Abtransport der Produktionsmaschinen zu verhindern. Viel Solidarität und Zuspruch erhalten sie aus der Bevölkerung.  

Streikende werden überwacht und kriminalisiert

Zur Überwachung und Kriminalisierung der Streikenden und um den Abtransport der Produktionsmaschinen mit allen Mitteln durchzusetzen, hat die Firma den professionellen privaten Security Dienst „Correct Control“ angeheuert. Auf dessen Internetseite wird geworben mit Objektschutz und Mitarbeiterüberwachung. Die Streikenden werden von ihnen in voller Kampfmontur und rüden Methoden auf Schritt und Tritt überwacht. Da fehlen eigentlich nur noch Handschellen und Fußfesseln. Selbst der Betriebsrat durfte nicht die Montagehalle und sein Büro ohne deren „Begleitschutz“ betreten.

 „Was sich“ in Großbettlingen „abspielt, erinnert  an einen Wirtschaftskrimi“, so die Stuttgarter Nachrichten. „Bodygards patrouillieren in der Firma, Beschäftigte blockieren den Abtransport von Maschinen. … Die Fronten sind verhärtet, denn die Beschäftigten wollen ihre Jobs nicht kampflos aufgeben.“ Vielleicht ist dies ein kleiner „Vorgeschmack“ wie zukünftig Unternehmen ihr „Privateigentum“ vor streikenden Kolleginnen und Kollegen schützen, die diesen Reichtum erst möglich gemacht und erarbeitet haben. Manche unter ihnen schon über 30 und 40 Jahre.

Einen „Teilerfolg“, so die IG Metall Esslingen in einer Pressemitteilung, hat der Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht in Stuttgart erreicht. Es wurde ihm das Recht zugesprochen zur Erfüllung seiner Aufgaben die Montagehalle und das Betriebsratsbüro zu betreten ohne sich „durch anderen Personen begleiten lassen.“ Dazu allerdings muss er sich anmelden, einen konkreten Grund nennen und die ungefähre Verweildauer angeben. Doch damit geben sich die IG Metall und die Streikenden nicht zufrieden. Sie wollen mehr. Sie wollen „ihr Werk“
und damit ihre Arbeitsplätze erhalten. Dazu bedarf es auch unserer politischen und finanziellen Solidarität.

Zum Abschluss der Protestaktion in Fellbach sangen die Teilnehmer gemeinsam ein im Kampf entstandenes Lied nach der Melodie We shall not be moved NORGREN. Darin heißt es u.a.

Auch wenn der Wind von vorne weht
Keiner schiebt uns weg!
Es wächst die Solidarität keiner schiebt uns weg!
So wie ein Baum der ständig steht am Wasser
Keiner schiebt uns weg!

Zusammenhalten, massenhaft
Keiner schiebt uns weg!
Dann sind wir doch die stärkste Kraft
Keiner schiebt uns weg!
So wie ein Baum der ständig steht am Wasser
Keiner schiebt uns weg!

Text: Dieter Keller (dieser Artikel erscheint auch in der UZ vom 01.11.13)  Foto: IGM Esslingen

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Solidaritätsaufruf der Belegschaft von Norgren Großbettlingen

Am 30. August 2013 wurde der Belegschaft verkündet, das Norgren-Werk in Großbettlingen zum Jahresende zu schließen und die Produktion in das tschechische Werk nach Brünn zu verlagern. Die Konzernleitung begründet dies als rein strategische Entscheidung, und nicht etwa, weil das Werk unrentabel sei.
Seit diesem Tag werden die Mitarbeiter von einem privaten Sicherheitsdienst aus Chemnitz bewacht. Sie sehen aus wie Neonazis und haben Aufkleber auf den Autos wie Neonazis. Wir haben uns in unserem Werk, in dem viele von uns seit 30 oder sogar 40 Jahre arbeiten, wie Verbrecher gefühlt, die man bewachen muss. Selbst der Bürgermeister und die Bundestagsabgeordneten mussten sich der Kontrolle der Waschmannschaft unterziehen. 5 Wochen haben wir diese Provokation ertragen.
Als wir am Samstag, 5. Oktober durch Zufall mitbekamen, dass die erste Montageanlage trotz laufender Interessenausgleichsverhandlungen abtransportiert werden sollte, bewachen wir seither das Werk rund um die Uhr. Seit Montag, 7. Oktober befinden wir uns im Streik - erst 5 Tage Warnstreik, seit dem 14. Oktober im unbefristeten Streik. Da wir nicht wissen, wie lange diese Situation noch anhält, bitten wir Euch uns in unserem
Kampf für unsere Arbeitsplätze zu unterstützen. Informiert eure Kollegen und euren Bekanntenkreis, und über Besuch freuen wir uns immer. Wir sind rund um die Uhr anzutreffen bei folgender Adresse:

Norgren GmbH Großbettlingen
Albstraße 13
72663 Großbettlingen

Um finanzielle Engpässe einzelner Kolleginnen und Kollegen auffangen zu können, hat die IG Metall ein Solidaritätskonto eingerichtet:

IG Metall
Konto-Nr.: 1040
BLZ: 500 500 00 (Helaba)
Verwendungszweck: Streik Norgren

Danke im Voraus sagt die Belegschaft des Norgren-Werkes Großbettlingen.

Aufruf zu Protesten an Konzern IMI, zu dem Norgren gehört:

Die IG Metall Esslingen bittet Vertrauenskörper und Betriebsratsgremien, zur Unterstützung des Kampfes bei Norgren an die IMI-Manager Martin Lamb und Mark Selway Protest-Mails zu schicken. Auch die Geschäftsleitungen sollen aufgefordert werden, dies zu tun. Musterschreiben liegen im Anhang (dt. + englisch).  Adressen der IMI-Manager:

Martin Lamb
Chief Executive IMIplc
Lakeside
Solihull Parkway
Birmingham Business Park
Birmingham B37 7XZ
United Kingdom
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Mark Selway
Chief Executive Designate
Lakeside
Solihull Parkway
Birmingham Business Park
Birmingham B37 7XZ
United Kingdom
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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