Wirtschaft

Bahnstreik 2014 gynti 4608.11.2014: Momentan streiken wieder Eisenbahner. Der aufrufenden GDL und ihren Mitgliedern geht es neben Lohn und Arbeitszeit um die Frage, ob eine Gewerkschaft alle ihre Mitglieder in Tarifverhandlungen vertreten darf oder nicht. Wenn man das bejaht,  unabhängig davon, dass es sich hier um eine Berufsgewerkschaft handelt, die objektiv die Einheit der Arbeitenden spaltet, kann man mit den Streikenden nur solidarisch sein. Die streiken nicht gegen die Bahnkunden und nicht gegen die EVG im DGB, sondern gegen „ihren“ Kapitalisten, vertreten durch das hochbezahlte Management der noch bundeseigenen Bahn AG. Wenn das Sicherheitspersonal auf Flughäfen, Krankenpflegerinnen oder Erzieher dem Aufruf von ver.di oder GEW folgen, streiken sie auch nicht gegen die Fluggäste, die Patienten oder die Kinder, sondern gegen ihre „Arbeitgeber“, ob die nun privatwirtschaftlich, kommunal oder kirchlich verfasst sind.

Nicht wenige Menschen, deren eigene Lohn- und Arbeits- und damit Lebensbedingungen maßgeblich von der Durchsetzungskraft der Gewerkschaften abhängen, lassen sich gegen Ihresgleichen aufbringen, wenn sie selbst mal von Streikfolgen betroffen sind. Das läßt auch erahnen, weshalb und in wessen Interesse das Bahnmanagement jetzt nichts unterlässt, was geeignet scheint, weitere Streiks zu provozieren. Die von vielen Medien betriebene Stimmungsmache gegen das Streikrecht bis hin zu dessen Kriminalisierung ist genau das, was die Große Koalition braucht, um mittels des geplanten Gesetzes zur Tarifeinheit das Streikrecht weiter einzuschränken. Das deutsche Arbeitskampfrecht ist eh weit entfernt von dem, was in meisten westeuropäischen Ländern an demokratischem Streikrecht erkämpft wurde.

Derzeit entdecken Politiker und Meinungsmacher etwas, was sie sonst gerne dem Markt, sprich: privaten Profiteuren überlassen: die Daseinsvorsorge. In Betrieben der Daseinsvorsorge dürfe nur unter bestimmten Bedingungen und auch nur nach längerfristiger Ankündigung gestreikt werden oder es solle gleich zu einer Zwangsschlichtung kommen, wenn sich die Tarifvertragsparteien nicht einigen könnten. Was dann zur Daseinsvorsorge gehören soll, wollen Leute interpretieren, für die Beträge wie die der Nettolöhne eines Lokführers von 1.750 Euro oder einer Zugbegleiterin von 1.300 Euro unter Peanuts laufen.

In Internetforen tauchte öfters ein Schreiber auf, der befürchtet, den wegen seines Herzleidens notwendigen Untersuchungstermin in der 80 km entfernten Klinik streikbedingt zu verpassen und nochmals vier Monate warten zu müssen. Was machen denn z.B. Herzkranke aus Simmern im Hunsrück, bei denen die Züge nicht wenige Tage wegen Streiks ausfallen, sondern schon seit rund 11.000 Tagen wegen der Streckenstilllegung?  Zur Uniklinik in Mainz sind es auch 80 km. Und wenn wir schon mal bei Mainz sind: dort ging 2013 wochenlang kaum noch was, weil die Bahn nicht genug Fahrdienstleiter beschäftigte. Wo war da die Daseinsvorsorge?

Was macht man an meinem Wohnort nach der Postprivatisierung, falls ein Einschreiben abgeholt werden muss? Was vorher mit einigen 100 m Fußweg erledigt war, erfordert jetzt knapp 20 km mit dem Auto oder 30 km mit dem Bus! Dass es im Umkreis von 10 km kein Lebensmittelgeschäft für  1.600 Menschen mehr gibt, sei am Rande erwähnt. Weshalb überhaupt muß denn in einem der reichsten Länder der Welt ein Herzkranker vier Monate auf einen Untersuchungstermin warten? Ist das Daseinsvorsorge? Ein brennendes Thema der Daseinsvorsorge ist die Millionen Arbeitenden drohende Altersarmut durch prekäre Arbeitsverhältnisse dank der Hartz-Gesetzgebung von Schröder und Fischer. Die Beispiele ließen sich fortführen. Fazit ist, dass angesichts  streikender Eisenbahner plötzlich jene die Daseinsvorsorge entdecken, die sie ansonsten via Privatisierung und Deregulierung zum Spielball von Profitinteressen machten. Es geht ihnen um die Einschränkung des Streikrechts, nur sagt das natürlich kaum einer offen heraus. Man ist ja für das Streikrecht, aber nicht während der Arbeitszeit und während des Urlaubs, wie Max Uthoff jüngst richtig anmerkte.

Die unterschiedlichen Umfelder, auf denen die DGB-Gewerkschaften in den verschiedensten Branchen und Betrieben ihre Mitglieder vertreten, führen auch zu teils unterschiedlichen Sichtweisen auf die aktuellen Auseinandersetzungen bei der Bahn. Wer es z.B. mit in viele juristisch selbstständige kleinere Einheiten (bei der Bahn sind es über 900) zerlegten Konzernen zu tun hat, kommt ganz schnell in die Situation, entweder durch einen Streik relativ weniger Beschäftigter eines kleinen Tarifbereichs auch nicht betroffene Bereiche lahm zu legen oder sich dem Tarifdiktat der Unternehmer zu beugen. So zu beobachten bezüglich des Nichtbeugens beim ver.di-Streik des Abfertigungspersonals auf dem Frankfurter Flughafen vor Monaten. Das damalige Gezeter der veröffentlichen Meinung war keinen Deut anders als jetzt beim Streik der Eisenbahner. Man ging nur noch nicht so weit, Frank Bsirske zum verrückten Machtmenschen zu erklären und im Focus sein Wohnhaus zu zeigen.

Durch „geschicktes“ Aus- und Umgliedern von Unternehmensteilen unter Missbrauch des § 613a BGB durch die Eigner kann auch eine DGB-Gewerkschaft schnell in die Situation kommen, nur noch eine Minderheit der Beschäftigten in einem Betrieb zu organisieren. Nicht nur deshalb ist neben anderen auch ver.di nach wie vor gegen eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit und auch gegen ein Zweiklassen-Arbeitsrecht durch Sonderregelungen in der Daseinsvorsorge.

Die große Krise seit 2008 ist nicht vorbei. Die Grenzen des deutschen Sonderwegs, durch Exportsteigerungen auch die Arbeitslosigkeit zu exportieren, werden sichtbarer, da der Exportüberschuss des einen immer die Verschuldung des anderen ist. Nachdem hunderte Milliarden in Bankenrettungen, spricht Rettung der Vermögen der Reichen, gesteckt wurden, werden die Spielräume für Konjunkturprogramme wie die Abwrackprämie und massenhafte Kurzarbeit statt Entlassungen enger. Die Schuldenbremsen verschärfen das noch. Es werden auch Kernbelegschaften den nächsten Beschäftigungseinbruch nicht mehr unbeschadet überstehen können. Das Recht und die Fähigkeit, sich auch mit Streiks dagegen zu wehren, dass die Arbeitenden die Krisenfolgen alleine tragen müssen, gewinnen an Bedeutung. Deshalb sind die Unternehmerverbände so scharf darauf, auch mittels gesetzlicher Tarifeinheit das Streikrecht einzuschränken. Gegen Berufsgewerkschaften haben sie ja nur dann etwas, wenn die doch tatsächlich die Mitgliederinteressen vertreten wollen. Mit dem Deutschen Handels- und Industrieangestelltenverband DHV, einer gelben Berufsgewerkschaft, schlossen sie aber in den letzten Jahren 916 Dumpingtarifverträge ab, um Tarifverträge von DGB-Gewerkschaften zu unterlaufen.
 
Die britische Gewerkschaftsbewegung konnte von Thatcher marginalisiert werden, nachdem ein Großteil der dortigen Gewerkschaften den streikenden Bergarbeitern 1984 die Solidarität verweigert hatte und diese dann von Unternehmern und Staatsmacht geschlagen wurden. In Griechenland wurden Tarifverträge und Gewerkschaftsrechte auf Druck der sogenannten Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds vom Tisch gewischt.   Und in der EU geschieht nichts Wesentliches, was nicht von Merkel abgesegnet wurde.

Mich entsetzt es nicht, wenn Eisenbahner wiederholt streiken. Es erstaunt mich aber, dass einige meiner Kolleginnen und Kollegen immer noch nicht gemerkt haben, dass bei der derzeitigen üblen Hetzkampagne der „Sack“ GDL geschlagen wird, aber der Esel „DGB“ gemeint ist. Nicht nur denen empfehle ich, den in seiner Gewerkschafts- und Arbeiterfeindlichkeit deutlichen Leitartikel aus der Welt vom 7.11.14 zu lesen. Ich frage als  ehrenamtlicher Gewerkschafter, ob sich die deutschen Gewerkschaften einen Sieg der Bahnmanager, der Großen Koalition, der Boulevardpresse und der wirklichen Machthaber in den Konzernzentralen und Banktürmen über die streikenden Eisenbahner leisten können?

Text: Volker Metzroth    Foto: gynti_46

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

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Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
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Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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