Deutschland

Militaermacht EU isw grafik report 1214.07.2015: Im Schatten der Griechenlandkrise in den Medien kaum wahrgenommen, hat die deutsche Bundesregierung auf ihrer Kabinettsitzung am 8. Juli ein „Strategiepapier zur Verstärkung der Verteidigungsindustrie in Deutschland“ einschließlich eines „Zehn-Punkte-Programms“ verabschiedet*). Kurz zusammengefasst, geht es um Maßnahmen zum weiteren Ausbau der deutschen Rüstungsindustrie und Rüstungsforschung mit Hilfe staatlicher Fördergelder sowie deren stärkere Vernetzung auf EU Ebene mit der Rüstungswirtschaft anderer EU Staaten. Wenn das verwirklicht wird, erleben wir in nächster Zeit einen gewaltigen neuen Schub bei der Fusion von Rüstungskonzernen in der EU zu neuen Größenordnungen mit dem Ziel des weltweiten Agierens auf dem „Rüstungsmarkt“.

Die Bundesregierung zielt auf einen neuen Fusionsschub von Rüstungsfirmen in der EU unter Sicherung der deutschen Dominanz

Parallel zu den deutschen Planungen wird auch auf EU-Ebene der Ausbau der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (GSVP) zu einer „Verteidigungsunion“ und insbesondere die verstärkte „Zusammenarbeit“ im Bereich der europäischen Rüstungsindustrie und Rüstungsforschung vorangetrieben. Im Juni legte der frühere EU-Außenbeauftragte und NATO-Generalsekretär Soiana den Bericht einer „Task Force“ (Arbeitsgruppe) unter dem Titel „More Union in European Defence“ vor. Wenige Tage später beschloss die EU-Ratstagung am 25./26. Juni (im Vordergrund der Tagung standen Beschlüsse zur Abschottung der „Festung Europa“ und zur Bekämpfung der Flüchtlingsströme im Mittelmeer und in Südeuropa mittels militärischer Maßnahmen), dass die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik „wirksamer, besser wahrnehmbar und stärker ergebnisorientiert“ gestaltet und die europäische Verteidigungsindustrie gestärkt werden müsse. Eine „angemessene Finanzierung“ der EU-Rüstungsforschung und die Förderung einer „umfangreicheren und systematischeren europäischen Verteidigungszusammenarbeit“ auch mit EU-Mitteln wird sei erforderlich.

Das am 8.7 beschlossene „Strategiepapier“ der Bundesregierung ist laut einer Mitteilung des Bundesverteidigungsministeriums vom 29.6. das Ergebnis von „Expertenrunden“, die das Verteidigungsministerium seit Januar 2015 auf Initiative von Verteidigungsministerin von der Leyen mit dem „Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV)“ regelmäßig abgehalten hat. Am 29.6. war der Ministerin ein „Ergebnisbericht“ dieser Beratungen übergeben worden. Nur neun Tage später lag das „Strategiepapier“ dem Kabinett zur Beschlussfassung vor.

Ausgangspunkt in diesem Papier sind die „akuten Herausforderungen“, zu denen neben der „wachsenden Zahl schwerer Krisen“, „rascheren Veränderungen in unserem sicherheitspolitischen Umfeld“ und eine „zunehmenden Zahl fragiler Staaten“ auch „neue Machtkonstellationen“ und „die Infragestellung bewährter Ordnungsprinzipien und alter Gewissheiten“ (!) gezählt werden. „Schon aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke und seiner Rolle in Europa“ sei Deutschland daher gefordert, im internationalen Maßstab und vor allem im weiteren Umfeld der EU mehr „Verantwortung“ zu übernehmen.

Um diesen „Herausforderungen“ gerecht zu werden, wird eine stärkere „Europäisierung“ der Rüstungsindustrie befürwortet. Der bisher noch zu „stark fragmentierte europäische Verteidigungsmarkt“ müsse neu gestaltet und die „wehrtechnische industrielle Basis Europas“ gestärkt werden. Damit müsse der „Tendenz zu global agierenden Systemhäusern“ entsprochen werden.

Das 10-Punkte-Programm enthält die Forderung nach einer stärkeren Förderung der Rüstungsforschung und der „Standardisierung“ von Anforderungen an Militärtechnik im Rahmen der EU. Außerdem sollen gemeinsame EU-Regeln für den Rüstungsexport, das heißt die Vereinheitlichung der Bestimmungen über Exportgenehmigungen, zulässige Exportländer und Exportbeschränkungen gefordert (um „Wettbewerbsnachteile“ verschiedener europäischer Rüstungskonzerne untereinander und im globalen Konkurrenzkampf mit US- und anderen global agierenden Rüstungskonzernen abzuschaffen). Befürwortet werden „gemeinsame europäische Ausrüstungs- und Beschaffungsvorhaben“.

Ausdrücklich erwähnt wird dabei, dass die verstärkte europäische Zusammenarbeit nach dem Willen der Bundesregierung „bis hin zum Zusammengehen von in einzelnen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen“, also zu Fusionen von Rüstungskonzernen der EU Staaten gehen soll. Als Beispiel für solche Unternehmenszusammenschlüssen gelten dabei der „europäische Airbus-Konzern“ im Bereich Luft- und Raumfahrt, aber auch die geplante Fusion des deutschen Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit der französischen Firma Nexter, die noch im Juli abgeschlossen werden soll. Ein Ziel des Deals sei es laut dem KMW-Chefs Frank Haun, hieß es in einem ARD-Bericht am 11.7., „die Ausrüstungen der europäischen Armeen zu vereinheitlichen - am liebsten mit Kampfpanzern, Haubitzen oder geschützten Transportfahrzeugen aus seinem Unternehmen“, wie der ARD-Korrespondent Christian Thiels hinzufügte.

Allerdings ist die Befürwortung solcher europäischer Rüstungsmultis mit globalem Aktionsfeld nicht so zu versehen, dass die deutsche Regierung damit die Kommandohöhen bei der EU Rüstung rückstandslos an die „europäische Ebene abtreten will. Deshalb heißt es im Punkt 4 ihres Papiers ausdrücklich, dass sie „im Rahmen der wachsenden Europäisierung“ am „Erhalt nationaler verteidigungsindustrieller Schlüsseltechnologien“ festhalten will. Denn die „Versorgungssicherheit der Bundeswehr sowie die Rolle Deutschlands als zuverlässiger Kooperations- und Bündnispartner“ müsse „technologisch und wirtschaftlich“ sichergestellt werden. „Sicherheit und Unabhängigkeit durch Kompetenz im Bereich kritischer verteidigungsindustrieller Schlüsseltechnologien ist für Deutschland als führende Industrienation und für Europa von zentraler Bedeutung“, heißt es da wörtlich.

Am Schluss fehlt in dem Regierungspapier auch nicht die Orientierung darauf, diesen Anlauf zum weiteren Ausbau der europäischen Rüstungsindustrie unter maßgeblichem Einfluss des deutschen Kapitals mit verstärkten Propaganda-Maßnahmen zu begleiten. „Teile der deutschen Gesellschaft“ stünden der „Verteidigungsindustrie und speziell ihren Exportaktivitäten kritisch gegenüber“. Deshalb müsse eine „offene Debatte in der Gesellschaft“ organisiert werden – natürlich, um der Öffentlichkeit die Vorteilen dieses Vorhabens und den dafür notwendigen höheren Militärausgaben zu überzeugen.

Text: Georg Polikeit        Grafik: isw-Grafik-Report 12

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