Aus Bewegungen und Parteien

bragida braunschweig facebook15.11.2015: Seit 11 Monaten werden Braunschweigs BürgerInnen gezwungen, sich mit dem Pegida-Ableger Bragida auseinanderzusetzen. Begonnen hatte es am 19. Januar damit, dass etwa 150 VertreterInnen dieser Gruppierung mit der Behauptung „Wir sind das Volk“ eine Kundgebung vor dem Braunschweiger Kaufschloss anmeldete. Diese Behauptung wurde durch 10 000 bis 12 000 Gegendemonstranten glaubhaft widerlegt. Sie waren dem Aufruf des Bündnis gegen Rechts gefolgt, das sich aus 150 gesellschaftlich relevanten Gruppen, Gewerkschaften, Organisationen,  Parteien, der VVN-BdA sowie vielen Einzelpersonen zusammensetzte.

Woche für Woche wurden in der Folge Kundgebungen und „Spaziergänge“ von Bragida mit 300 bis 500 Teilnehmern angemeldet, von denen anfangs etwa 120,  in der Folgezeit rund 40 erschienen, von Hooligans und Neonazis aus der Region unterstützt, die regelmäßig von der Polizei vom Bahnhof abgeholt und auch wieder dorthin begleitet wurden – von uns auch!

bragida braunschweig dkpDenn Woche für Woche begegnete das Bündnis gegen Rechts mit 120 bis 150 DemokratInnen dieser Zumutung mit einer angemeldeten Kundgebung  und Blockaden. Busse fuhren Umleitungen, die Straßenbahn fuhr nicht. Der Verkehr in der Innenstadt lag mehrere Montage brach. Dieser unhaltbare Zustand führte dazu, daß Bragida die Genehmigung für ihre Kundgebungen an  abgelegenen Plätzen erteilt wurde.

Fassungslos mussten wir ertragen, wenn es uns nicht gelang, sie zu blockieren und sie mit der israelischen Fahne, mit Transparenten „Nazis raus“ und dem durchgestrichenen Hakenkreuz und der Fahne mit dem liegenden Kreuz, dem Symbol des katholischen Widerstandes im Faschismus, an uns vorbeimarschierten. Die Stimmung wurde im Laufe der Wochen spürbar aggressiver bei Bragida, die inzwischen auf dem Platz vor dem Rathaus ihre Zelte aufschlagen durften, und auch bei der Polizei.

Montag, der 26. Oktober, begann damit, daß die Polizei schon vor offiziellem Beginn der Gegendemonstration die Personalien von jungen Menschen feststellte mit der Begründung, sie seien als Blockierer der Vorwoche erkannt worden. Es kam noch besser:

Bereits während der Auftaktkundgebung am Rathausplatz hat die Polizei immer wieder Menschen aus der Menge der Gegendemonstrationen herausgezogen und festgenommen, allein weil sie mit Trillerpfeifen protestiert haben. Während Politiker wie der Bundesjustizminister Heiko Mass diejenigen lobt, die gegen PEGIDA auf die Straße gehen und fordert “Man darf die Straße nicht den Rassisten und Ausländerfeinden überlassen” ist in Braunschweig nun offensichtlich schon eine Trillerpfeife Grund genug um ins Polizeigewahrsam mitgenommen zu werden.

Die Stimmung am 2. November wurde stark beeinflusst durch die Mitteilung der Genehmigungsbehörde, daß Bragida am 9. November wieder auf dem Platz vor dem Rathaus auftreten dürfe - vor dem Rathaus, aus dem 1933 der sozialdemokratische Oberbürgermeister Ernst Böhme gezerrt und über eben diesen Platz geschleift wurde:
Bereits bei der Kundgebung  wurde nach Wasserwerfern (gegen uns) gerufen und skandiert „Ob Ost, ob West – nieder mit der roten Pest“. Die Frage an Polizisten, ob sie sich nicht schämen, sowas zu schützen, wurde beantwortet mit „Das müssen wir ja“. Déjà-vu…

Verhindern konnten wir den „Spaziergang" von Bragida wegen der überaus starken Polizeipräsenz nicht, aber behindern: als Bragida gegen 22.30 Uhr wieder an ihrem Zelt angekommen war, blockierte die Polizei nicht nur unsere Gegendemonstration sondern auch den Straßenverkehr. Wir mussten auf die Fahrbahn ausweichen, die berittene Polizei nahm den Weg über die Straßenbahnschienen, und auf dem Gehweg wurden etwa 20 junge Antifas eingekesselt und anschließend zur Feststellung der Personalien „gebeten“. So entwickelte sich die Stimmung in Braunschweig im Vorfeld zum 9. November. Zu diesem Tag hatte sich wieder ein breites Bündnis zusammengefunden, das vom Bündnis gegen rechts, in dem wir als Partei vertreten sind, organisiert wird (1). Im Aufruf heißt es:

„Für den 9. November 2015 hat der Braunschweiger Ableger der extrem rechten PEGIDA-Bewegung, Bragida, den „bekannten Neonazi“ (Stuttgarter Zeitung) Karl-Michael Merkle, der unter dem Pseudonym „Michael Mannheimer“ auftritt, als Redner eingeladen. Er ist einer der bekanntesten Blogger und Redner aus dem Spektrum der rechten Islamfeinde. Schon im April 2011rief Mannheimer laut publikative.org‚ dazu auf, gegen das Establishment zu den Waffen zu greifen‘.

Am 9. November wollen wir an die Verbrechen des Faschismus erinnern, den Opfern gedenken und handeln: Wir werden den rechten Hetzern von PEGIDA, BRAGIDA & Co. insbesondere auch an diesem Tag nicht die Straße überlassen!“ (2)

Bereits um 16 Uhr hatten sich wie alljährlich BürgerInnen an der ehemaligen Synagoge zu einer Gedenkstunde versammelt, nachdem die Kränze und Gestecke, auch das der DKP, niedergelegt wurden. Außer der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde sprach auch der Oberbürgermeister der Stadt, Ulrich Markurth, der zu Bragida allerdings kein Wort verlor.

Das war deshalb besonders sinnfällig, weil die Genehmigungsbehörde, die ihm unterstellt ist, zugelassen hat, daß die „Wutbürger“ an diesem Tag auf diesem Platz ihre Hetzreden von sich geben dürfen. Bis tief in bürgerliche Kreise hinein stößt diese politische Enthaltsamkeit auf völliges Unverständnis, wird als instinktlos und geschichtsvergessen empfunden.

bragida braunschweig heiseZur Veranstaltung kamen etwa 1 200 Menschen. Sie hörten aufmerksam den Beiträgen zu. Aufgelockert wurde das Programm durch das „Duo Unterwegs“, mit Friedens-und Antifa-Liedern auch zum Mitsingen zur Gitarre.

David Janzen, Sprecher des Bündnis gegen Rechts, eröffnete; es sprachen Dimitri Tukuser von der Liberalen Jüdischen Gemeinde Wolfsburg/Region Braunschweig e.V., Dirk  Bitterberg, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Braunschweig e.V., Paul Pockrandt von der VVN-BdA, der kurz auf die Leben der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano und des Mitbegründers der VVN, Peter Gingold, einging und dann deren „Appell an die Jugend“ (3) verlas. Uwe Fritsch, Betriebsratsvorsitzender VW Braunschweig, benannte die Fluchtursachen, klagte die Rüstungslieferungen generell und im Besonderen in die Herkunftsländer der Flüchtlinge an, forderte den Mindestlohn auch für Flüchtlinge und kritisierte die Entscheidung der Versammlungsbehörde. Wir waren mit unserem Transparent als Partei gut sichtbar, unsere „roten Seiten“ wurden sehr bereitwillig angenommen (Anlage).

Das Ansinnen, die Domglocken zu läuten, um die Bragida-Versammlung zu stören, wies Dompredigerin Carla Goetz zurück, aber zu einer Andacht zum Thema und zum Friedensgebet mit Glockenläuten pünktlich zum Auftakt der Versammlung lud sie alle TeilnehmerInnen der Kundgebung des BgR ein.

Wir mussten nur über die Straße gehen, um Bragida lautstark zu sagen, was wir von ihnen und ihrem verzerrten Weltbild sowie den Phrasen halten, die sie absondern. Uns schlugen offene Drohungen entgegen: auf der Bragida-Versammlung entrollten Teilnehmer ein Transparent mit der Aufschrift "Linke Aktivisten haben Namen und Adressen. Kein Vergeben, kein Vergessen".

Schon am letzten Montag wurde bei der Bragida-Versammlung einem Mitglied des Bündnis gegen Rechts gedroht: "Wir besuchen dich bei deiner Arbeit!" Auch an diesem 9. November wurden wir durch Polizeiketten – volle Montur – abgedrängt, damit Bragida und ihre Neonazi-Verstärkung marschieren kann. Wir konnten sie zwingen, sich in einem Durchlass von höchstens einem Meter an der Hauswand - immer einer hinter dem anderen - entlang zu quetschen. Zu blockieren gelang erst etwa 200 Meter später.

Bei vielen GegendemonstrantInnen herrscht völliges Unverständnis darüber, wie sie behandelt werden. Forderungen nach einer offensiven Verteidigung unserer demokratischen Werte durch das „Rathaus“ werden lauter. Die rein formale und unpolitische Praxis der Verwaltung wird kritisiert. Und wir müssen sehr viel mehr werden, wenn wir Bragida nicht nur blockieren, sondern endlich verhindern wollen.

Die Linke hatte in einem Antrag an den Rat der Stadt Braunschweig unter anderem gefragt: „Gibt es Zusammenhänge zwischen der unkritischen Genehmigungspraxis und dem mangelnden Problembewusstsein gerade auch bei der Polizei bei den „Bragida-Aufmärschen“ und den rechten Straftaten und wenn ja, welche?“ und „Welche Handlungsmöglichkeiten sieht die Verwaltung, um gegen politisch motivierte rechte Kriminalität vorzugehen?“

Die Beantwortung bewertete Die Linke als unzureichend. Aber auch im „Bündnis gegen rechts“(BGR) geht die Diskussion weiter, wie wir mit dieser dauernden Provokation umgehen und ob wir nicht offensiver eigene Veranstaltungen und inhaltliche Forderungen zu der Thematik anbieten müssten!?

Text: Heide Janicki / Ulli Schmitz    Fotos: Bündnis gegen rechts / Heise

(1)  Reichspogromnacht 9. November 1938 – Erinnern, Gedenken, Handeln! Wir sagen NEIN zu Antisemitismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit und Hetze gegen Flüchtlinge!
(2)  http://buendnisgegenrechts.net/wp-content/uploads/2015/11/Aufruf_Reichspogromnacht.pdf
(3) http://sachsen-anhalt.vvn-bda.de/artikel/1997/19970315.html

Weitere Informationen:

http://buendnisgegenrechts.net/2015/10/20/das-hassbuerger-mussten-wieder-umkehren/

http://buendnisgegenrechts.net/2015/10/28/verbotene-trillerpfeifen-pferde-knueppel-boeller-ein-paar-anmerkungen-zu-letzen-montag/

http://buendnisgegenrechts.net/2015/11/02/

http://www.braunschweig-spiegel.de/index.php/politik/politik-allgemein/6102-starke-zeichen

http://regionalbraunschweig.de/sitz-blockade-zwang-bragida-zum-umkehren/

http://www.braunschweig-spiegel.de/index.php/politik/politik-allgemein/6125-pm-rede-von-michael-mannheimer-sorgt-fuer-empoerung-buendnis-spricht-von-hetze

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

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Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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