Analysen

VE Chavez-Wandmalerei resumenlatinoamericano24.10.2017: Vor kurzem (15.10.) fanden in Venezuela die Regionalwahlen statt, mit denen die Gouverneure für die 23 Bundesstaaten des südamerikanischen Landes bestimmt wurden. Die Kandidaten der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) konnten 18 von 23 Gouverneursposten für sich entscheiden. Das Ergebnis ist ein großer Sieg für den Chavismus und bringt ihn - nachdem er drei Jahre lang mit dem Rücken zur Wand stand - in eine Position der Stärke. Dario Azzellini über einige Ursachen des überraschenden Erfolges:

 

Der Chavismus gewinnt 18 von 23 Regionalregierungen, die Opposition fünf. Die regierende Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) und alliierte Parteien gewannen in den Staaten Amazonas, Apure, Aragua, Barinas, Bolívar, Carabobo, Cojedes, Delta Amacuro, Monagas, Sucre, Trujillo, Yaracuy und Vargas. Das rechte Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) gewann fünf Staaten: Die Demokratische Aktion (AD) Anzoátegui, Merida, Nueva Esparta und Táchira, Primero Justicia den wegen seiner Erdölvorkommen strategisch wichtigen und bevölkerungsreichsten Bundesstaat Zulia.

Während die Ergebnisse von 22 Staaten einige Stunden nach dem Ende der Wahlen bekanntgegeben wurden, wurde das Ergebnis in Bolívar aufgrund der geringen Marge zwischen dem Sieger Justo Noguera Petri von der Regierungskoalition und dem Oppositionskandidaten Andres Velásquez erneut nachgezählt und später gemeldet. Petri gewann schließlich mit 276.655 Stimmen, während der MUD-Kandidat mit 275.184 Stimmen unterlag.

Nach Angaben des Wahlrates CNE nahmen 61,14 Prozent der 18 Millionen Wählerinnen und Wähler in Venezuela an den Regionalwahlen teil, die zweithöchste Wahlbeteiligung bei Regionalwahlen nach den 65,45 Prozent im Jahr 2008.

Die PSUV und ihre Verbündeten gewannen 54 Prozent der Stimmen auf nationaler Ebene, was eine bedeutende Erholung seit ihrer großen Niederlage bei den Parlamentswahlen im Jahr 2015 bedeutet, als sie nur 40,8 Prozent der Stimmen erhielten. Die rechte Oppositionskoalition MUD gewann 45 Prozent der Stimmen. Bei den Parlamentswahlen 2015 lag die Beteiligung bei 75 Prozent. Während die PSUV in absoluten Zahlen mehr oder weniger ihre Wählerschaft halten konnte, verlor die Opposition im Vergleich zu 2015 2,2 Millionen Stimmen.

In den Regionalwahlen 2012 gewannen die Regierungsparteien 20 von 23 Bundesstaaten. Die meisten Medien und Umfragen erwarteten, dass sie bei den jetzigen Wahlen viel mehr Staaten verlieren würden als sie tatsächlich verlor. Die Wirtschaftskrise seit 2014, die Proteste der gewalttätigen Opposition mit 140 Todesopfern, der Druck der USA und der internationale Wirtschafts- und Finanzboykott gegen Venezuela, hohe Inflation, Versorgungsengpässe bei Lebensmitteln, Medizin und anderen Grundgütern (aufgrund von Spekulation, Schmuggel, hohen Preisen, Boykott, aber auch Korruption, Missmanagement der Regierung und groben Fehlern in der Wirtschafts- und Finanzpolitik) hatten die Unterstützung für die Regierung erheblich reduziert und einige politische Sektoren und ehemalige Chavista-Politikerinnen und Politiker hatten ihre Unterstützung für die Regierung von Präsident Nicolás Maduro zurückgezogen, während die Unzufriedenheit weit verbreitet war. Aber die Umfragen, die vor sechs Monaten den Sieg der Opposition in fast allen Staaten vorhersagten, haben sich in den letzten zwei bis drei Monaten schnell zu Gunsten der Chavisten entwickelt.

Was geschah?

  • Es ist zunächst wichtig zu betonen, dass es keine Hinweise und erst recht keine Beweise für einen Wahlbetrug gibt, wie ihn einige Oppositionspolitiker behaupten, und viele internationale Medien und Politiker suggerieren. Venezuela verfügt über ein elektronisches Abstimmungssystem, und die Wahlzettel werden auch ausgedruckt, so dass eine manuelle Nachzählung möglich ist. Das korrekte Funktionieren der Wahlmaschinen wurde vor den Wahlen auch von Vertretern der Opposition geprüft und bestätigt. Das Wahlsystem verlangt eine manuelle Prüfung von 54,4 Prozent der Stimmen, doch Präsident Maduro forderte den Wahlrat auf, am Sonntag eine "100-prozentige Prüfung" aller Papierwahlzettel durchzuführen. Internationale Beobachter waren während der Wahlen anwesend und bestätigten, dass es weder Betrugsfälle noch Betrugsmöglichkeiten gab.
  • Die Strategie der Opposition, Gewalt und Terror auf den Straßen zu verbreiten, entfremdete einen großen Teil ihrer eigenen Wählerschaft. Vor allem, weil Barrikaden und Gewalt in den Hochburgen und Nachbarschaften der Opposition konzentriert waren. Ganze Stadtteile wurden von gewalttätigen Gruppen buchstäblich in Geiselhaft genommen, die es den Bewohnern unmöglich machten, ein normales Leben zu führen. Und je länger die gewaltsamen Proteste dauerten, desto mehr wurden sie von Banden und Gruppen übernommen, die die Leute zwangen, Wegezoll zu bezahlen, wenn sie die Barrikaden passieren wollten, um zur Arbeit zu gehen oder Lebensmittel einzukaufen. Und die Strategie zeigte auch nicht das erwartete Ergebnis die Maduro-Regierung zu stürzen.
  • Die Opposition ist gespalten. Die radikalen Fraktionen der Opposition stimmten der Teilnahme an Regionalwahlen nicht zu und riefen zum Wahlboykott auf.
  • Die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung (ANC) am 30. Juli, mit einer Beteiligung von über acht Millionen Wählern, brachten den Frieden zurück und positionierten – nach jahrelanger Lähmung, Verzweiflung und defensivem Handeln – Basischavistas wieder in der Offensive. Die Opposition hatte zum Boykott aufgerufen und warf der Regierung massiven Wahlbetrug vor, die Beteiligung sei viel geringer (nur zwei Millionen) gewesen, als der Nationale Wahlrat behauptete und sie erkannte die Ergebnisse nicht an. Dennoch schien sie zu wissen, dass die Wahlbeteiligung so hoch war, wie der Wahlrat verkündete: Nach den ANC-Wahlen wurde die gewaltsame Mobilisierung, um die Regierung zu stürzen, sofort gestoppt und die Mehrheit der Opposition erklärte sich bereit, an den Regionalwahlen teilzunehmen. Etwas, was sie nicht getan hätte, wenn sie wirklich geglaubt hätte, die Regierung habe fast alle Unterstützung verloren, und ihr Sturz sei nur eine Frage von Tagen oder Wochen.
  • Die Wahlen zum ANC erwiesen sich als gute Idee, auch wenn ich denke, dass die Art und Weise, wie sie stattfanden, nicht so gut war: Die öffentliche Debatte war nicht breit genug, und die Wahlmaschine der PSUV setzte ihre Parteikandidaten durch und ließ kaum Raum für Vertreter des radikalen Bewegungschavismus. Trotzdem belebten die ANC-Wahlen den Basischavismus, der sich in den letzten Jahren gelähmt sah, um keine gewaltsame Konfrontation mit der Mobilisierung der Opposition zu provozieren. Mit den ANC-Wahlen begannen Bewegungen, Basis und verschiedenen Sektoren (Nachbarschaften, Frauen / Feministinnen, Kommunen, Landarbeiter, Arbeiter, Ökologie-Bewegung usw.) wieder sich zu treffen, zu diskutieren, zu mobilisieren und die Regierung unter Druck zu setzen. Das weit verbreitete Gefühl der Verzweiflung, nichts tun zu können, das Gefühl, die Chavista-Identität verbergen zu müssen, war wie weggeweht. Die ANC brachte dem Chavismus auch viele Unterstützer aus der Basis zurück, die dem Regierungschavismus in der Vergangenheit den Rücken gekehrt hatten. Ich habe mehrere davon als Freunde in Facebook, zum Beispiel Arbeiter aus der Schwerindustrie in Bolívar, die sich wegen Korruption und fehlender Transformation in der Schwerindustrie vom Regierungschavismus abgewandt hatten und nun plötzlich für die ANC mobilisierten.

Das Ergebnis ist für die Regierung aber auch problematisch: Die Wahlsiege der Opposition in Zulia, Táchira und Merida haben sie in eine schwierige Situation gebracht. Die drei Staaten im Nordwesten, an der Grenze zu Kolumbien, sind das Einfallstor für Paramilitarismus und der Hauptkorridor für den Schmuggel venezolanischer subventionierter Lebensmittel und Benzin. Die drei Staaten sind auch die Basis für eine mögliche "Halbmond-Strategie", die von einigen Teilen der Opposition in der Vergangenheit formuliert wurde: einer sezessionistischen Strategie folgen und eine Parallelregierung erklären. Zulia ist auch die Region mit einem Großteil der Ölfelder.

Die Opposition wird zudem nach dem Verlust der Option, durch Wahlen leicht gewinnen zu können, auch weniger geneigt sein, mit der Regierung zu verhandeln und mehr internationale Unterstützung für die wirtschaftliche und finanzielle Strangulierung und internationale Isolation von Venezuela zu mobilisieren. Die USA, Kanada, die Europäische Union und die rechten Regierungen in Lateinamerika werden sehr wahrscheinlich diesen Forderungen der rechtsextremen Sektoren in Venezuela willig Gehör schenken und sie unterstützen.

Trotz wichtiger Siege in einigen Schlüsselstaaten weigert sich das Oppositionsbündnis MUD die Wahlergebnisse anzuerkennen (aber akzeptiert ihre eigenen Siege) und beschuldigt die Regierung des Wahlbetrugs.

MUD-Kampagnenchef Gerardo Blyde lehnte das Wahlergebnis ab und sagte, es sei "nicht zuverlässig". Er beschuldigte die Regierung, die Oppositionsniederlage provoziert zu haben und kritisierte, dass der CNE 334 Wahllokale verlegt habe (diese lagen mehrheitlich in Oppositiongegenden und es war dort während der Wahlen zur ANC zu Gewalttaten gegen Wähler gekommen), und dass einige Oppositionelle, die ihre Kandidaturen zurückgezogen hatten, noch auf den Wahlzetteln aufgeführt waren. Die Anschuldigungen sind lächerlich, die Verlegung der Wahllokale wurde bereits vor Wochen angekündigt und aus gutem Grund vorgenommen. Außerdem wurde häufig Transport eingerichtet, um die Wähler zu den neuen Wahllokalen zu fahren, zudem war der öffentliche Nahverkehr am Wahltag kostenlos. Viele Menschen aus armen Stadtteilen mussten bei allen vergangenen Wahlen viele Kilometer ohne organisierten Transport zurücklegen, und sie stimmten trotzdem ab. Die Opposition hat sich nie darüber beschwert. Die Tatsache, dass einige Oppositionskandidaten noch auf den Wahlzetteln zu finden waren, lag schlicht daran, dass sie das Stichdatum für die offizielle Meldung ihres Verzichts an den Wahlrat verpassten. Es ist weder die Aufgabe des Wahlrates, noch liegt es in seiner Befugnis, die Vorwahlen der Opposition zu verfolgen und unterlegene Kandidaten wieder aus ihren Listen zu streichen.

Einige Oppositionskandidaten gaben ihre Niederlage auch zu. So Henri Falcón, der ehemalige Gouverneur von Lara, der mit 17 Prozentpunkten Unterschied gegen die PSUV-Herausforderin Carmen Meléndez unterlag. Ebenso tat es der Kandidat der Opposition in Carabobo. Der ehemalige Oppositionsgouverneur von Delta Amacuro, der nicht wieder für das Amt antrat, beschuldigte die Opposition, mit ihrer Uneinigkeit und Fehlern bei der Kandidaten-Aufstellung, für die Wahlniederlage verantwortlich zu sein. Und AD-Führer Ramos Allup, ein Hauptakteur in der Oppositionsallianz, vor allem jetzt nachdem AD vier der fünf Oppositionsgouverneure stellt, wandte sich gegen den aggressiven rechten Generalsekretär der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS), Luis Almagro, und forderte ihn auf es zu unterlassen, der venezolanischen Opposition weiterhin Ratschläge aus dem Ausland zu erteilen.

Das Ergebnis ist ein großer Sieg für den Chavismus und bringt ihn - nachdem er drei Jahre lang mit dem Rücken zur Wand stand - in eine Position der Stärke.

Die Regierung muss sich nun dringend mit der wirtschaftlichen und finanziellen Situation auseinandersetzen, die Korruption effektiv bekämpfen, die PSUV demokratisieren und zu der partizipativen Politik zurückkehren, die die Chávez-Ära prägte, Kommunen und Kommunale Räte wieder stärken und Arbeiterkontrolle und Selbstverwaltung unterstützen. Die wirtschaftliche und politische Krise hatte die Regierung dazu gebracht, die Partizipation zu reduzieren und auf zunehmende Zentralisierung, Top-down-Entscheidungen und eine Öffnung für transnationales Kapital zu setzen.

Wenn die Regierung dies nicht tut, erscheint es unwahrscheinlich, dass sie ihren Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2018 wiederholen kann.

Mit freundlicher Genehmigung übernommen von amerika21.de

foto: http://www.resumenlatinoamericano.org


siehe auch:

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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