Der Kommentar

Spanien Asamblea-Dialog Colau

07.10.2017:
Ein verzweifelter Appell der Bürgermeisterin von Barcelona

Die Regierung der Partido Popular (PP) beharrt auf ihrer große Lüge, sie leugnen weiter, was für die internationale Presse und für jeden, der die Bilder am 1. Oktober der polizeilichen Eingriffe in Katalonien gesehen hat, offensichtlich ist. Es gab Gewalt, Brutalität und Wut.

Seit langem zeichnet die spanische Rechte ein falsches Bild von dem, was in Katalonien passiert. Man spricht von Totalitarismus, von zerstörtem Zusammenleben, von einer verängstigten Bevölkerung durch gewalttätige "Separatisten".

Nicht einmal die Worte, die gebraucht werden, sind neutral. "Aufrührer", "Separatisten", sind keine beschreibenden Begriffe, sondern mit einer imaginären Perversion geladen. Man beginnt damit den anderen mittels Worte zu entmenschlichen und endet mit dem Befehl alte Frauen an Schuleingängen niederzuknüppeln. Das wird dann als "professionell" und "verhältnismäßig" und "Schutz der Demokratie" bezeichnet.

Wenn es zwei so unterschiedliche Versionen gibt, um die Realität zu erklären, dann ist es das Beste, die Geschehnisse zu analysieren.

Es ist ein Fakt, dass es am 1. Oktober 844 verletzte Personen gab, eine von ihnen hat ihr Auge verloren. Verhältnismäßig? Was steht im Verhältnis zu einem Auge? Alte Frauen an den Haaren zu ziehen? Die Angst die Kinder empfinden, wenn sie ihre demolierten Schulen sehen?

Ich bin keine Anhängerin der Unabhängigkeit, ich teile nicht den einseitigen Weg. Ich habe es oft gesagt und wiederhole es. Ich stehe der Regierung von Puigdemont sehr kritisch gegenüber und es gefällt mir nicht, wie man die Dinge angefasst hat. Es gibt aber etwas, das über unseren unterschiedlichen Meinungen steht und das uns alle einen sollte: die Rechte, die Freiheiten und die Demokratie zu verteidigen: Die Anwendung von Staatsgewalt gegen eine friedliche Bevölkerung ist unzulässig.

Heute (Anm.: am 3.10.) hat der parlamentarische Sprecher der PP die Katalanen die gegen die Polizeigewalt demonstriert haben als "Nazis" bezeichnet. Erneut die Worte "Nazi"? Ist Herr Hernando sich bewusst, was die Nazis taten? Haben sie etwa jahrelang friedlich für ihr Recht demonstriert, wählen zu dürfen? Haben die Nazifamilien die Schulen verteidigt, während Hunderte Polizisten auf sie einschlugen? Im Ernst, sind die Tausende Alten, Frauen, Männer und Kinder, die die Straßen füllen und singen "Wir sind Leute des Friedens.", Nazis? Das Wort Nazi mit dieser Frivolität zu benutzen ist eine Beleidigung der Opfer des Nazismus. Herr Hernando müsste sich schämen.

Wenn es gelingt, dass das was ich schreibe, die Informationsbarrieren überwindet, wenn alle außerhalb von Katalonien das lesen, die wissen wollen was dort passiert, dann bitte ich Euch, dass ihr versucht, diesen Konflikt ohne Vorurteile zu analysieren, dass Ihr Euch traut das infrage zu stellen, was uns die Regierungssprecher sagen, was sie leugnen oder noch schlimmer, was sie rechtfertigen.

Wir befinden uns in einer beispiellosen Staatskrise, ich bin über die totale Blockade in den Beziehungen zwischen der spanischen und katalanischen Regierung sehr besorgt. Was aber das Traurigste wäre, wenn die Bande der Brüderlichkeit und Zuneigung, die uns, die Menschen unten, zerreißen würden. Wir dürfen das nicht erlauben.

Man hat uns geschlagen, man hat uns Schmerz zugefügt. Es ist nicht leicht das zu vergessen, wir brauchen Eure Unterstützung.

Was geschehen ist, hat fundamentale Rechte und Freiheiten aller verletzt: Katalanen, Spanier, Europäer. Heute ist es Katalonien, morgen kann es irgendwo anders sein, wenn wir es normalisieren und es ungestraft bleibt, wenn wir es rechtfertigen, sind wir verloren, verlieren wir alle, verliert die Demokratie. Unsere Väter, unsere Mütter, Großväter und Großmütter, die dafür kämpften, sie zu erobern, würden es uns nicht verzeihen.

Lasst uns für sie und für ihr Vermächtnis uns vereinen und die Demokratie retten, jene verjagen, die diesen Unsinn angeordnet haben und unfähig sind eine politische und friedliche Lösung zu finden. Wer staatliche Verantwortung trägt, muss zuhören, die Bevölkerung respektieren, positive Vorschläge unterbreiten und Alternativen anbieten. Aber niemals eine wehrlose Bevölkerung unterdrücken.


 

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