Aus Bewegungen und Parteien

AfD nur-ein-Petry indymedia06.03.2017: Für den 2. und 3. März 2017 hatte die AfD in Schleswig-Holstein ihren Auftakt zur Landtagswahl am 7. Mai für ihre Liste und 16 Direktkandidat*innen mit Veranstaltungen in Lübeck und Kiel angekündigt. Frauke Petry und der Spitzenkandidat Jörg Nobis wollten „Unser Land, unsere Heimat“ kennenlernen. Sie haben die Schleswig-Holsteiner*innen kennengelernt.

In den media docks in Lübeck war der erste Auftritt geplant. Doch verschiedene Gruppen und Bündnisse, darunter auch die Gewerkschaften in Lübeck, hatten zu einer Demonstration und Kundgebung gegen die AfD aufgerufen. Die Hansestadt Lübeck wurde aufgefordert die Zusage zur Nutzung eines städtischen Raumes zurückzunehmen. Die Veranstaltung fand statt, jedoch ein Spießrutenlauf der AfD und ihrer Anhängerschaft mit Polizeischutz bot mehr Blicke auf antirassistischen Widerstand, denn auf Land und Heimat. Den Aufrufen zur Demonstration und Kundgebungen vor dem Veranstaltungsort unter dem Motto  „Solidarisch gegen den Hass“ folgten mehr als 750 Lübecker*innen.

Bei ihrem (versuchten) Auftakt in Kiel hat die AfD kein gutes Pflaster vorgefunden. Im Gegenteil: sie hat sich an den seit Jahrzehnten entwickelten antifaschistischen Strukturen und der geübten Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Kräfte die Zähne ausgebissen.

Für Frauke Petry und ihren Tross war das, direkt in der Nähe des Landeshauses mit Blick auf die Kieler Förde gelegene, Konzert- und Veranstaltungszentrum Kieler Schloss gebucht.

Aus diesem Auftritt wurde jedoch nichts. Nach einem Protestschreiben vom Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus – Schleswig-Holstein“ an die Betreiber des Zentrums, haben diese „aus Sicherheitsgründen“ der AfD den Veranstaltungsort abgesagt. Auch der Kieler Ruderverein Germania wollte die Rassisten in ihren Räumen nicht sehen und hören.

„Kein Platz für Petry in Kiel“ titelte entsprechend die regionale Zeitung, in Abwandlung des seit Jahren geltenden Slogans vom `Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus – Kiel´. Mit „In Kiel ist kein Platz für Nazis“ wurde schon mancher Naziaufmarsch verhindert, mindestens blockiert.

Antifaschist*innen hätten lieber eine politische Absage durch die Betreibergesellschaft des Kieler Schlosses gehört, als die mit „Sicherheitsbedenken“ begründete. Letztlich bleibt jedoch sicher zunächst einmal das Nichtstattfinden als erfolgreicher Protest in den Köpfen der Kieler Bevölkerung. Auch bei  früheren Veranstaltungen von AfD und anderen rechten Organisationen,  waren vom `Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus – Kiel´geführte Gespräche in der Vergangenheit teilweise erfolgreich, Vermietungen wurden rückgängig gemacht.

AfD Aukrug indymediaIn Bad Segeberg, einer mittelgroßen Stadt in Schleswig-Holstein, versuchte die AfD einen Unterschlupf zu finden, doch auch hier gab es keinen Platz für sie. Auf der Suche nach einem Ort für Frauke Petry und den Wahlkampf fand sich schließlich ein Gasthof einem 3.700 Einwohnerort in der Nähe von Neumünster. In das „Tivoli“ in Aukrug reisten nach Pressemeldungen max. 200 AfD-Anhänger. Mindestens 400 Bürger*innen (also mehr als 10 % der Bevölkerung!) machten ihren Zorn und Protest gegen die Veranstaltung deutlich. Durch die Hintertür mussten Petry und Co. in den Saal geschleust werden. Auch der erzwungene Rückzug in die schleswig-holsteinische Provinz lief für die AfD also nicht ohne antifaschistischen Protest.

Zu den Organisator*innen der Proteste gegen die AfD in Schleswig-Holstein gehört das landesweite „Aufstehen gegen Rassismus“- Bündnis, das bundesweit auch von der marxistischen linke als Erstunterzeichner*in unterstützt wird.Auf einer Aktionskonferenz hatte das Bündnis am 10. und 11. Februar 2017 in Kiel mit einer Podiumsdiskussion über die Ziele und das Auftreten der AfD informiert, sowie in Workshops gemeinsame Handlungsmöglichkeiten gegen die rassistische Propaganda dieser Partei erarbeitet. Verabschiedet wurde hier eine Resolution mit der aufgefordert wird, den Kampf gegen die rechte Hetze aufzunehmen. (Resolution weiter unten)

Darauf kann mit diesen ersten erfolgreichen Protesten in den nächsten Monaten aufgebaut werden. In Schleswig-Holstein wurde gezeigt: gemeinsames antifaschistisches und antirassistisches Handeln unterschiedlicher politischer und gesellschaftlicher Kräfte kann erfolgreich sein! Mit dem Beginn des Wahlkampfes zum Landtag in Schleswig-Holstein hat das Bündnis die Grenzen der AfD aufgezeigt. Den Einzug in den Landtag zu verhindern braucht es nun weitere Schritte und die Festigung der Gemeinsamkeiten gegen Rechts und gegen Rassismus.

Danach heißt es auch im Bundeswahlkampf: „Wir kämpfen gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft, in der Rassismus und Faschismus keinen Nährboden mehr finden. Unsere Alternative heißt Solidarität!“

Eine Anmerkung zum Schluss: Ende Februar hat eine Expertengruppe der Vereinten Nationen festgestellt: „Obgleich das Grundgesetz Gleichheit garantiert, rassistische Diskriminierung verbietet und feststellt, dass Menschenwürde unantastbar ist, wird dies in der Praxis nicht durchgesetzt.“ Dies gilt insbesondere für Menschen afrikanischer Herkunft. Und, so weiter die UN-Expertengruppe, obwohl dies von offizieller Seite geleugnet wird, sei das „racial profiling“ weit verbreitet. Darunter werden Kontrollen, Ermittlungen oder Überwachungen verstanden, unter die Menschen allein wegen ihres äußerlichen Erscheinungsbildes in das Visier der Polizei geraten.

txt: Bettina Jürgensen, Vorstandsmitglied marxistische linke
fotos: indymedia


Resolution der Konferenz „Aufstehen gegen Rassismus“ am 10./11.02.2017 in Kiel

Wir sind Menschen aus Gewerkschaften, Parteien, linken Gruppen, aus der Geflüchtetensolidarität, antifaschistischen Gruppen, örtlichen Bündnissen, aus Schulen, Hochschulen, Betrieben sowie Einzelpersonen. Wir haben zusammen am 10. und 11.02.2017 in Kiel die Konferenz „Aufstehen gegen Rassismus“ durchgeführt.

Mit über 140 Personen haben wir uns am 10.02. auf einer Podiumsdiskussion mit der „Alternative für Deutschland“ als Akteurin der politischen Rechten und mit den von ihr vertretenen Inhalten befasst.

Wir haben festgestellt, dass die AfD kein plötzlich auftretendes Phänomen ist, sondern vorhandene nationalistische, rassistische, sexistische und andere Ressentiments aufgreift, dass sie nicht umsonst als parlamentarischer Arm der rassistischen Pegida?Bewegung verstanden wird. Ihre politischen Themen Migration, Familie und Sicherheit stehen für Rassismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus, für (Hetero?) Sexismus und Antifeminismus sowie für soziale Demagogie. Ihre Politik beruht auf Unmenschlichkeit und sozialem Ausschluss, ihre Ideologie ist völkischer Nationalismus.

Wir haben daher beschlossen, dass wir der AfD und ihrer Ideologie entgegentreten werden – an jedem Ort und zu jeder Zeit. Wie, das haben wir am 11.02. in verschiedenen Arbeitsgruppen besprochen:

Wir werden Aktionen der AfD und anderer rechter Akteure im Wahlkampf entgegentreten mit Aktionen des Protestes und des zivilen Ungehorsams. Wir werden auch rassistische Wahlplakate nicht unwidersprochen lassen. Wir wollen bunte, vielfältige, phantasievolle Aktionen, an denen sich viele Menschen beteiligen können. Von unseren Aktionen wird dabei keine Eskalation ausgehen.

Wir werden als Grundlage für unsere Aktivitäten Recherchen durchführen zu Organisationen, Netzwerken, Personen, Aktionen und Positionen der AfD. So werden wir die inhaltlichen Äußerungen der AfD als das entlarven, was sie sind. Wir werden Berichte zu Aktivitäten der AfD und ihres Umfelds sammeln und veröffentlichen.

Wir haben in den letzten Monaten im ganzen Land weit über 100 Menschen zu Stammtischkämpfer_innen ausgebildet und werden das auch in den nächsten Monaten weiter tun, damit Menschen in die Lage versetzt werden, rechter Hetze in der Schule, der Hochschule, im Verein, im Bus oder in der Kneipe entgegenzutreten. Viele dieser Stammtischkämpfer_innen werden selbst weitere Menschen in diesem Sinne ausbilden.

Wir werden auch im Betrieb gegen Rassismus aufstehen, Kolleg_innen aktivieren und die Solidarität der Beschäftigten organisieren, um jede Form von Diskriminierung am Arbeitsplatz zu unterbinden.

Genauso werden wir dem verbreiteten Hate Speech im Internet begegnen und auch online jede Form von Rassismus, (Hetero?) Sexismus, Sozialdarwinismus und völkischem Nationalismus bekämpfen – mit Fakten, mit besseren Argumenten, mit Witz und Ironie. Wir werden uns und andere informieren, um Vorurteilen, Gerüchten und „alternativen Fakten“ wirksam entgegentreten zu können.

Wir werden unsere lokalen Kämpfe miteinander vernetzen, damit wir auch im Flächenland Schleswig?Holstein gemeinsam schlagfertig sind im Kampf gegen die AfD. Wir werden an unseren Orten weitere Menschen ins Boot holen, werden Kontaktpersonen in allen Regionen finden, werden Menschen vor Ort unterstützen mit Expertise, Materialien usw., werden landesweit Informationen über AfD?Aktivitäten sammeln und teilen.

Wir rufen Menschen im ganzen Land auf, mit uns gemeinsam den Kampf gegen rechte Hetze aufzunehmen:
Informiert Euch und andere! Organisiert Euch! Steht auf gegen Rassismus in jeder Form! Erhebt gemeinsam mit uns Eure Stimme gegen die AfD – und auch gegen alle anderen rassistischen und faschistischen Organisationen!

Wir kämpfen gemeinsam für eine solidarische Gesellschaft, in der Rassismus und Faschismus keinen Nährboden mehr finden.

Unsere Alternative heißt Solidarität!

Kiel, 11. Februar 2017