Wirtschaft

23.06.2010: Gegen das unsoziale Streichpaket der Bundesregierung haben die Gewerkschaften entschiedenen Widerstand angekündigt. Vom DGB-Vorsitzenden Michael Sommer: „Niemand sollte unseren Zorn über die soziale Schieflage dieser Politik und unsere Entschlossenheit diesen falschen Weg zu korrigieren, unterschätzen“, bis hin zum Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, der auf dem DGB-Kongress im Mai betonte, „Wir sind Teil des Protests, ganz ausdrücklich, wir sind nicht dafür da, die Spekulanten zu schützen“, haben fast alle Einzelgewerkschaften zum Protest aufgerufen. Unter der Überschrift „Gerecht geht anders“ will jetzt ver.di den Protest in Betriebe und Verwaltungen tragen.

„Wir müssen den Druck aufbauen und steigern. Und wir werden den Beschäftigten, ihren Familien und Nachbarn deutlich machen, welche Folgen die schwarz-gelbe Politik konkret für sie hat“, betonte dieser Tage der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Deshalb will ver.di bei vielfältigen dezentralen Informationsveranstaltungen, in Betriebs- und Personalversammlungen sowie in Aktionen in allen Regionen gegen das sogenannte Sparpaket der Regierung mobilisieren. Dies ist umso wichtiger, weil mit diesem ersten „Sparpaket“ überwiegend den sozial Schwachen das letzte Geld aus den Taschen gezogen wird und die Beschäftigten in den Großbetrieben, die Facharbeiter – die im Großen und Ganzen bisher verschont blieben –, werden mit Sicherheit in der nächsten Runde zur Kasse gebeten.

Die Wut wächst. 40 000 Menschen demonstrierten in Stuttgart und Berlin. 85 000 Schüler, Lehrer und Studenten beteiligten sich am Bildungsstreik. 6 000 junge Auszubildende und Berufsanfänger und junge Leiharbeiter in Baden-Württemberg demonstrierten für ihre Übernahme, gute Ausbildung und faire Löhne. 14 000 Bürger demonstrierten in Kiel, Lübeck und anderswo gegen den geplanten Sozialabbau der Bundes- und Landesregierungen. Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat 10 Sparvorschläge der Friedensbewegung vorgelegt und fordert „Sparen – aber richtig: Beim Militär beginnen!“. Der Sprecher der Landesarmutskonferenz Brandenburg, Andreas Kaczynski, hat auf dem ersten Brandenburger Sozialgipfel in Potsdam die Bürger aufgefordert gegen das Sparpaket der Bundesregierung auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren. Und bei der Verleihung des Gütesiegels „Soziale Stadt München“ sagte der Vorsitzende des Bündnis „München sozial“, Norbert J. Huber: „Nach dem Rettungsschirm für Banken und der Abwrackprämie für die Autoindustrie sollen nun allein 2011 4,3 Mrd. Euro im Etat ‚Arbeit und Soziales’ eingespart werden. Das trifft vor allem Hartz-IV-Empfänger.“

Die Wut schlägt um in Protest, wie die wenigen Beispiele deutlich machen. Doch was fehlt, ist das Zusammenführen dieser Proteste mit der konkreten gemeinsamen Stoßrichtung: Das „Sparpaket“ muss weg. Nötig ist die massenhafte Mobilisierung gegen dieses „Sparpaket“ von Kapital und Kabinett. Dafür wird es notwendig sein zu organisieren, dass die Arbeiter und Angestellten, die von Arbeitsplatzabbau Bedrohten, die prekär Beschäftigten, die Arbeitslosen und Hartz-IV-Empfänger ihre Angst und Resignation überwinden. Die ver.di-Kampagne mit ihren vielfältigen dezentralen Informationsveranstaltungen, in Betriebs- und Personalversammlungen, bietet dafür gute Voraussetzungen.

Zur Entschlossenheit „diesen falschenWeg zu korrigieren“, wie der DGB-Vorsitzende Michael Sommer betonte, gehört allerdings die Aufgabe, den gesamtgesellschaftlichen Widerstand zu organisieren. Und da muss die Frage gestellt werden, warum unter dem Dach des DGB keine gemeinsame Kampagne aller Einzelgewerkschaften organisiert wird, die dieses „Sparpaket“ zu Fall bringt? Mit kritischen Reden auf dem Merseburger Zukunftsgipfel der Bundesregierung wird dies nicht zu erreichen sein. Aus Wut und Zorn muss Widerstand organisiert werden. Denn frei nach Brecht:Wir werden untergehen, wenn wir uns nicht wehren.

Text: Wolfgang Teuber (Vorabdruck aus UZ vom 25.06.10) Grafik-Motive: ver.di

Der ver.di Bezirk Stuttgart schätzt die Demonstration am 12. 6. gegen die Sparpläne der Bundesregierung und für eine soziale Politik als einen vollen Erfolg ein. Um die Deutungshoheit über eine wichtige Protestaktion im Südwesten nicht den Medien zu überlassen und um deutlich zu machen, wie die Proteste weitergehen, hat der ver.di Bezirk Stuttgart ein eigenes Flugblatt erstellt (Anlage)