Internationales

alt17.08.2010:  Die UN-Organisation zur Flüchtlingsbetreuung UNRWA vermeldet im Libanon die Zuständigkeit für 425.000 palästinensische Flüchtlinge. Diese leben seit der Flucht oder Vertreibung aus den heute zu Israel gehörenden Gebieten 1948/49 in 12 Lagern mit 75 Schulen, 29 ärztlichen Ambulanzen und - fast ausschließlich von den Zuwendungen der UN. Ein Großteil dieser Menschen sind inzwischen in eben diesen Lagern geboren worden. Sie gelten als staatenlos und leben unter zumeist erbärmlichen Bedingungen. Nach einer UNO-Statistik von 2006 leben etwa 60 Prozent der Flüchtlinge unter der Armutsgrenze, über 70 Prozent sind arbeitslos. Heute wurde die Tür für eine wesentliche  Besserung dieses Zustandes geöffnet.

Das libanesische Repräsentantenhaus billigte jetzt einen seit Monaten heiß diskutierten Gesetzentwurf zur Änderung von Artikel 59 des libanesischen Arbeitsrechtes aus dem Jahre 1946 zur Sicherung einer allgemeinen Arbeitserlaubnis für die palästinensischen Flüchtlinge in allen Berufszweigen. Bisher gab es nur ganz wenige Möglichkeiten, dass die palästinensischen Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis außerhalb der Lager im Libanon erlangen konnten. Dementsprechend litten die Menschen in den Lagern vor allem psychisch und hatten keine wirkliche Lebensperspektive. 

Der Gesetzesantrag wurde von der Fraktion der Sozialistischen Fortschrittspartei (PSP) des Drusenführers Walid Dschumblatt eingebracht. Allerdings fand er unter anderen auch bei der Partei des Ministerpräsidenten Saad Hariri Unterstützung und die Hisbollah hatte bereits im letzten Sommer diese Forderung in ihrem damals neu erstellten Programm vertreten.

Auf einer vom Komitee für libanesisch-palästinensischen Dialog veranstalteten Tagung im Großen Serail unter dem Motto "Leistungen: Vision und Zukunft" führte Ministerpräsident Saad Hariri am 27.6.2010 aus, der Libanon habe seine Verantwortung den Bürgerrechten der Palästinenser gegenüber zu erfüllen und geschworen, das palästinensische Rückkehrrecht nicht aufzugeben. "Dieses kleine Land hat mit Blut für die palästinensische Sache gezahlt und der Libanon ist dieser Sache weiter verpflichtet", sagte Hariri bei der Befürwortung der Änderung des libanesischen Arbeitsrechtes.

Allerdings war die Gesetzesänderung im Libanon durchaus heftig umstritten. Hariri selbst sprach das an, als er auf der schon erwähnten Veranstaltung hinzufügte, dass "der Aufbau des libanesischen Staates Priorität hat". Die im Libanon lebenden Palästinenser sollten ihrerseits die Bedeutung der Stabilität des Libanon für ihre Sache erkennen.

Streitpunkte rund um die Erweiterung der Bürger- und Menschenrechte der palästinensischen Flüchtlinge im Libanon waren besonders das Recht, Grundbesitz zu erwerben und das Recht auf Erhalt der libanesischen Staatsangehörigkeit. Beide sieht das neue Gesetz nicht vor. Hariri sagte dazu am 27. Juni: "Aber in den Pflichten des Libanon gegenüber den Palästinenser gibt es kein Fenster für eine Einbürgerung. Wir bestätigen unsere Entschlossenheit, die Einbürgerung abzulehnen und uns die Frage von Waffen innerhalb und außerhalb der palästinensischen Flüchtlingslager anzugehen."

In westlichen Ländern, in manchen Menschenrechts- und humanitären Organisationen, aber auch von zionistischer Seiten wird häufig und wenig angemessen kritisiert, dass die palästinensischen Flüchtlinge nicht voll und ganz in die Staaten integriert würden, in die sie geflüchtet sind. Im Falle des Libanon ist Widerstand gegen eine solche volle Integration aus zwei Gründen verständlich und gerechtfertigt.

Einerseits ist der gesamte Staat - eine Folge des kolonialen Erbes - auf paritätische Besetzung von Macht- und Verwaltungsfunktionen nach Volksgruppen bzw. religiösen Gemeinschaften gegründet. Die Verhältnisse dieser Gruppen würden sich gegenüber ihrer ursprünglichen und seither nicht angepassten Festlegung durch einen evtl. Zugang von über 400.000 moslemischen Menschen (etwa 10% der Bevölkerung) natürlich drastisch ändern. Vor allem die Christen würden sich dem Anspruch ausgesetzt sehen, ihren Teil an der Macht einzuschränken - ein Explosionsfass. Seine Entzündung würde dem Libanon in seiner Gesamtheit schweren Schaden zufügen ... Cui bono?

Forderungen nach einer vollständigen Einbürgerung der palästinensischen Flüchtlinge - wenn sie nicht verschwiegen werden, wie heute abend in der Tagesschau der ARD - übersehen jedoch vor allem, dass es der Staat Israel und nicht der Libanon war, der diesen Menschen die Heimat und die menschenwürdige Einbindung in ein Staatswesen nahm und nimmt, gleich ob sie in Israel oder einem noch immer geforderten palästinensischen Staat erfolgte.

Text: hth  /  Foto: farfahinne (Demo für die paläst. Bürgerrechte am 27.6. in Beirut)

 

 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.