Internationales

10.11.2010:   Die eigentlich schon vor einiger Zeit in Kairo geplanten und als abschließend angekündigten Verhandlungen zur Aussöhnung zwischen den beiden großen politischen Parteien der  Palästinenser, Al-Fatah und Hamas, sind seit gestern erneut in Syriens Hauptstadt Damaskus angelaufen. Bei den vorangegangenen Verhandlungen zwischen Vertretern beider Organisationen waren bereits eine ganze Reihe von strittigen Themen offenbar erfolgreich bearbeitet worden. Khaled Mashaal, der Vertreter der Hamas, hatte zuletzt im September erklärt, dass einer vollständigen Einigung (Anfang Oktober in Kairo !) nur noch kleinere Streitpunkte im Wege stünden.

Allerdings steht bei den jetzigen, wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Gesprächen der Neuaufbaus bzw. die Neuordnung der palästinensichen Sicherheitskräfte im Zentrum und ganz oben auf der Tagesordnung. Und dies dürfte sicherlich eine ganz schwierige Problematik zwischen beiden Seiten darstellen, denn sie ist entscheidend mit den politischen Machtverhältnissen verbunden und in gewisser Weise ihre Grundlage. Die gegenwärtige Machtausübung der Hamas im Gaza-Streifen und die der Fatah im Westjordanland, wurden ja jeweils vor drei Jahren (Juli 2007) mittels Einsatz ihrer jeweiligen internen militärischen Gewalt hergestellt.

Während die Hamas sich dabei berechtigt auf die mit absoluter Mehrheit gewonnenen Parlamentswahlen im Jahre 2006 stützen konnte, löste Palästinenserpräsident Mahmud Abbas damals unter Missachtung dieser Wahlergebnisse und Israel, den USA und ihren westlichen Verbündeten entgegenkommend die von der Hamas gebildete Einheitsregierung unter Ismail Haniyeh auf und installierte ein ihm selbst folgendes Kabinett unter Salam Fayyad. Gleichzeitig ließ er etwa 1.000 politische Vertreter der Hamas im Westjordanland inhaftieren. Keine leichten Voraussetzungen für eine wirkliche Versöhnung und Einigung der beiden großen Machtblöcke der palästinensischen Nation, ohne die eine wirksame Verteidigung ihrer Interessen gegenüber dem Hegemonieanspruch des zionistischen "Staates des jüdischen Volkes" kaum gelingen kann.

Dies spiegelt auch eine aktuelle Umfrage der im Westjordanland ansässigen und nach eigenen Angaben unabhängigen Organisation AWRAD (Arab World for Research & Development) zu einer ganzen Reihe von fundamentalen Fragestellungen zur Lage und Entwicklung Palästinas wider. Auch wenn behauptete 'Unabhängigkeit' immer relativ zu sehen ist, so dürften die Ergebnisse dieser Umfrage von Ende Oktober doch seriös die Stimmungen von Palästinensern im Westjordanland und im Gaza-Streifen widergeben. Hier einige wichtige Ergebnisse (jeweils in Prozentangaben) zu zentralen Fragen:

Was ist Ihrer Meinung nach das größte Hindernis des Friedensprozesses?
- die palästinensische Führung  7.3%
- der palästinensische politische Prozess  17.1%
- die palästinensische Bevölkerung  2.2%
- die Führung Israels  47.5%
- der israelische politische Prozess  5.6%
- die israelische Bevölkerung  6.0%
- die Vereinigten Staaten von Amerika  9.8%

Was ist Ihrer Meinung nach das beste Mittel, die Okkupation zu beenden und einen palästinensischen Staat zu gründen?
- Verhandlungen zwischen den beiden Parteien (Israel, Palästinenser)  28.0%
- eine internationale Konferenz, die allen Seiten ein Abkommen aufzwingt   22.6%
- eine gewaltfreie Volkserhebung  19.0%
- Gewalt  23.9%

Was wäre die beste Art und Weise der Verhandlungsführung mit Israel?
- Verhandlungen ohne Vermittler  28.5%
- Verhandlungen unter Vermittlung der USA  6.9%
- Verhandlungen unter Vermittlung der UN  22.8%
- Verhandlungen mit europäischer (EU) Vermittlung  18.2%
- nichts von alldem  19.4%

Welches Szenario ist Ihrer Meinung nach am ehesten erreichbar?
- Wiederherstellung des historischen Palästina  30.5%
- Ein-Staat-Lösung  13.8%
- Zwei-Staaten-Lösung (für je ein Volk)  44.8%
- Konföderation mit Jordanien bzw. Ägypten  10.8%

Wem würden Sie heute bei Parlamentswahlen die Stimme geben?
- PFLP  3.6%
- DFLP  0.6%
- einer neuen, unabhängigen Partei von Salam Fayyad  3.7%
- Al Mubadara  2.6%
- Fatah  41.8%
- Hamas  11.2%
- Islamic Jihad  2.0%
- Weiß nicht  26.5%
- andere  8,0%

Weitere Ergebnisse sind in der Veröffentlichung von AWRAD zu finden.

Die oben als erste angegebene Fragestellung zeigt, dass der Versöhnungsprozess zwischen den politisch-militärischen Hauptkräften der Palästinenser nach der Gegnerschaft Israels als das wichtigste Hindernis für einen Erfolg des 'Friedensprozesses' und der palästinensischen Sache angesehen wird. Insofern entsprechen die aktuell wieder angelaufenen Gespräche zwischen Fatah und Hamas den Interessen der Palästinenser und die letzten Erklärungen beider Seiten spiegeln das ebenfalls wider.  So ließ die Hamas-Führung mehrfach verlauten, dass sie bereit sei, mit der Fatah über "alle Optionen (zu) verhandeln, die nicht unseren nationalen Interessen und den Rechten unseres Volkes zuwiderlaufen." Khaled Mashaal anerkannte auch, dass beide Seiten "ernsthafte und effektive Schritte" zur Versöhnung unternommen hätten. Aber er betonte, dass die Anerkennung der "zionistischen Entität" nicht Inhalt der Gespräche sein könnte und er forderte (wiederholt) Präsident Mahmud Abbas auf, die Pseudo-Verhandlungen mit Israel abzubrechen.

Palästinenserpräsident Abbas dagegen betonte am letzten Wochenende wie bereits früher, dass die Fortsetzung des israelischen Siedlungsbaus in Ost-Jerusalem und dem Westjordanland das größte Hindernis für den 'Friedensprozess' und für entsprechende Vereinbarungen mit Israel sei. Und er kritisierte den Iran dafür, dass dessen Unterstützung der Hamas deren Mangel an Kompromissbereitschaft stärke. Welche 'Kompromisse' er dabei meinte, die nicht einer Kapitulation vor dem zionistischen Hegemonie- und Annexionsanspuch gleichkommen, ließ er offen. 

Mit dieser Position steht er allerdings nach den Umfrageergebnissen von AWRAD durchaus allein. Denn eine wesentliche Aussage der Befragung war die, dass 85,2% der befragten Palästinenser Verhandlungsergebnisse mit Kompromissen gegenüber Israel in Kernfragen (Rückkehrrecht der Flüchtlinge, Jerusalem-Status, Grenzen, israelische Siedlungen) nicht akzeptieren und unterstützen würden.

Auf Basis dieser Positionierungen von Palästinenserpräsident Abbas scheint eine tief gehende Versöhnung und Einigung zwischen Fatah und Hamas weiterhin eine kaum lösbare Herkulesaufgabe, auch wenn solches Zusammengehen - ohne Aufgabe zentraler Interessen der palästinensischen Nation - aufrichtig zu wünschen ist.

Text:  hth  /  Foto: michaelramallah

 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

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Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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