Der Kommentar

Giorgos Chondros 2018Giorgos Chondros (SYRIZA) zum Ende der Memoranden

23.08.2018: Die Kreditgeber feiern die "große Neuigkeit" und gratulieren sich. Die internationalen Medien sind in Euphorie. Eine Erfolgsgeschichte mit Happy End, sagen sie. Klaus Regling, Direktor des »Euro-Rettungsschirmes« European Stability Mechanism ESM, feiert dies "mit einem Glas guten Glas Ouzo" und meint, auch "das griechische Volk sollte feiern".

 

"(Das Ende der Rettungsaktion) ist eine tolle Nachricht! Das griechische Volk sollte feiern. Von meinen Besuchen in Athen habe ich die griechischen Weine sehr geschätzt. Aber morgen werde ich es mit einem guten Glas Ouzo feiern."
Klaus Regling, Direktor des ESM
    

 

Der Ausstieg aus den Memoranden, d. h. das Ende der Kreditprogramme und der entwürdigenden Auflagen der Troika sind ein herausragendes Ereignis. Es ist auch offenkundig, dass dies im Zusammenhang mit den politischen Entscheidungen von SYRIZA und der Regierung steht.

Doch die griechische Gesellschaft bezahlte einen hohen Preis. Die Troika trieb Griechenland in die größte Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg, zerstörte die Wirtschaft und warf Millionen von Menschen in die Verarmung. Und Regling droht auch sofort, dass der ESM dafür sorgen werde, dass die Schulden zurückgezahlt werden.

"Als mit Abstand größter Gläubiger Griechenlands will der ESM auch dafür sorgen, dass zurückgezahlt wird. Wir sind ein sehr geduldiger Gläubiger. Aber wir wollen eine Rückzahlung. Wir werden also die Entwicklung in Griechenland sehr genau verfolgen."
Klaus Regling, Direktor des ESM
   

 

Die Kreditgeber jubeln, aber sie heucheln und sie können ihre Krokodilzähne nicht verbergen.

Ich, und mit mir viele Griech*innen, können diese schreckliche achtjährige Vergangenheit nicht so leicht vergessen. Denn der Preis, den die Griech*innen gezahlt haben, ist viel höher als eine Verschuldung von 345 Milliarden Euro.

Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob uns zum Feiern zumute ist.

Aber ich bin mir sicher, dass wir als Land und Gesellschaft eine kreative Reflexion für den neuen Zeitraum, der jetzt begonnen hat, brauchen.

Die Geschichte hat uns gelehrt, dass die »nach IWF Ära« ebenso wichtig und kritisch ist, siehe Argentinien.

Die große Herausforderung für uns, als SYRIZA und Regierung, ist es, die nächste Periode zu gestalten; mit einer aktiven Gesellschaft das Land und das politische System der Regierungsführung zu stabilisieren und den Menschen wieder Perspektive und Hoffnung zu geben.

Die kommende Zeit wird allen politischen und gesellschaftlichen Kräften enorme und schwierige Fragen stellen, auf deren Grundlage - und vor allem den Antworten - neue Fronten, politische Konflikte und Allianzen geschaffen werden.

SYRIZA hat eine - und einzige - Möglichkeit: Der Pol zu sein, der für den radikalen Wiederaufbau des Landes und der Gesellschaft kämpft und dabei insbesondere das "von unten" in den Fokus rückt und die dafür notwendigen Allianzen in Griechenland und Europa aufbaut. Dafür muss jetzt der Dialog mit den gesellschaftlichen und politischen Kräften geführt werden.

Die Geschichte ist unerbittlich mit jedem und mit allem. Auch mit denen, die denken, dass das Nichtübernehmen von Verantwortung sie entlastet....

Giorgos Chondros, Mitglied des Zentralkomitees von SYRIZA


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