Linke / Wahlen in Europa

05.10.2015: Die Wahl am gestrigen Sonntag wäre die Gelegenheit für die PortugiesenInnen gewesen, der Rechtsregierung die Quittung zu geben. Haben sie aber nicht wirklich gemacht. Die Rechte hat die Wahl gewonnen, aber die absolute Mehrheit verloren. Die linksorientierte Mehrheit im Parlament aus sozialdemokratischer SP, Linksblock und dem Wahlbündnis der KommunistInnen könnte die Regierung bilden. Die politische Lage ist unübersichtlich.


Die Rechtsregierung aus Sozialdemokratischer Partei (PSD), die trotz ihres Namens ausgesprochen rechte Positionen vertritt, und konservativer Volkspartei (PP) hat in den letzten Jahren unter Ministerpräsident Pedro Passos Coelho eine harte Austeritätspolitik durchgeführt: Kürzungen im sozialen Bereich, bei Löhnen und Renten, Privatisierungen, Steuererleichterungen für die Reichen und Unternehmen, Steuererhöhungen für die Masse der Bevölkerung – eine Sparpolitik, die zum Teil sogar vom Obersten Verfassungsgericht als verfassungswidrig zurück gewiesen wurde.

Am Sonntag wäre die Gelegenheit gewesen, der Regierung für diese Politik die Quittung zu geben. Aber die rechte Zwei-Parteien-Allianz „Portugal à Frente“ (PàF/Portugal voran) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho und die PSD haben zwar über 14 Prozent eingebüßt, dennoch wurden sie mit knapp 39% wieder stärkste Partei. Aber sie haben die absolute Mehrheit im Parlament verloren. Da der Auftrag zur Regierungsbildung erst einmal an die stärkste Partei geht, hat Ministerpräsident Passos Coelho schon angefangen, die Sozialistische Partei (PS) zu umgarnen. Er braucht die Mitarbeit der PS, um eine parlamentarische Mehrheit für die Fortsetzung der Austeritätspolitik zu erreichen. Ausgeschlossen ist das nicht, denn deren Spitzenkandidat António Costa hatte sich für eine sozial abgemilderte Fortführung der Sparpolitik ausgesprochen.



Linksorientierte Mehrheit

Aber der Austerität könnte trotz des Wahlsieges der Rechten ein Ende bereitet werden. Denn die links von der bisherigen Regierung stehenden Parteien - Sozialistische Partei (PS), 'Linksblock' (Bloco de Esquerda, BE) und die Wahlallianz 'Coligação Democrática Unitária' (CDU) der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) mit den Grünen - haben nach dieser Wahl eine Mehrheit im Parlament. Zwar hat der PS die Verwicklung in Korruptionsskandale geschadet und kommt nur auf etwas über 32% (2011: 28%), aber die Linke geht gestärkt aus der Wahl. Der 'Linksblock' – Mitglied der Europäischen Linken – konnte mit 10,2% der Stimmen und 19 Abgeordneten sein Ergebnis verdoppeln (2011: 5,2%, 8 Mandate) und überrundete erstmals die Kommunisten (2015: 8,3%, 2011: 7,9%). Außerdem im Parlament, die Partei für Tiere und Natur (PAN). Zusammen könnten sie Passos Coelho von der Regierung vertreiben.

"Es gibt eine große Mehrheit von Portugiesen, die für den politischen Wechsel votierten, aber unglücklicherweise hat sich das nicht in eine Regierungsmehrheit übersetzt", sagte Sozialistenchef António Costa. Über Bündnisse äußerte er sich nach der Wahl bisher nicht mehr. Vor der Wahl hatte er fest mit einem Wahlsieg seiner sozialdemokratischen PS gerechnet und Pakte mit den Parteien der radikalen Linken ausgeschlossen.

Auf der anderen Seite hat der Generalsekretär der PCP, Jerónimo de Sousa, zwar die "riesigen Stimmenverlust" der Rechtsallianz festgestellt, sich aber nicht dazu geäußert, ob er bereit wäre, über eine linksorientierte Regierung mit der PS zu verhandeln. [1]

Ob eine linksorientierte Regierung möglich wird, ist angesichts der schwerwiegende Differenzen in der portugiesischen Linken höchst fraglich. Linksblock und PCP treten beide für ein Ende der Austerität und einen radikalen politischen Wechsel ein, sehen sich aber als die großen Konkurrenten. Die PS hat während ihrer Regierungszeit die Austeritätspolitik eingeleitet und tritt jetzt für deren Fortsetzung, wenn auch in abgemilderter Form, ein. Die PCP hat in der jüngsten Zeit ihre Position für einen Austritt aus dem Euro und der EU verstärkt.

Noch nie so viele Gründe für die Einheit - noch nie so zersplittert
Ein Beobachter der politischen Szene in Portugal schreibt:
"Die Schäden der Austerität für Portugal sind so offensichtlich: die Bevölkerung ist verarmt, der Mittelstand eingeebnet, viele der besten Jugendlichen sind ausgewandert, die Wissenschaft, die Gesundheit und die Erziehung sind enthauptet – und das alles um die Schulden zu verringern und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Mit dem Ergebnis, dass die Schulden gewachsen und nicht die Wirtschaft, sondern  Ungleichheit und die Korruption gewachsen sind. ..

Die Sozialistische Partei (PS) steht nicht unter dem Druck der Linken, die zersplitterter ist, denn je. So orientiert sie sich auf eine Mitte, die es aber im Ergebnis der Austerität immer weniger gibt. Aber Europa ändert sich. Das sehen wir im Fall der britischen Labour Party, die soeben einen Generalsekretär gewählt hat, der am weitesten links in der Geschichte der Partei steht. Und es war nicht zuletzt die Jugend, die diesen Linksschwenk durchsetzte. In seiner Rede bezog sich Jeremy Corbyn immer auf die Partei als Partei der Bewegung.

In Portugal ist die Linke links von der PS die einzige, die die Austerität entschieden bekämpft. Aber das tragische ist, dass es einerseits noch nie so viele Gründe gab, sich zu vereinigen, aber die Linke noch nie so zersplittert war, wie sie heute ist. Nachdem die sozialdemokratischen Parteien in den Neoliberalismus, Austerität und Korruption verwickelt sind und der Neoliberalismus so viel Ungerechtigkeit und Leiden verursacht, öffnet sich ein Fenster für eine wirklich linke Politik. Aber dazu wären eine tiefgehende Überprüfung und Korrektur der Ideologien und neue Formen der Politik mit den gekränkten und empörten BürgerInnen erforderlich. In Spanien wird versucht, die Gelegenheit zu nutzen; in Griechenland wurde es versucht, aber es scheiterte oder wurde scheitern gelassen. In Portugal ist es nicht einmal versucht worden. Im Gegenteil. Die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) begnügt sich damit, immer weiter Recht zu haben und damit, dass Fehler immer nur von den anderen gemacht werden. Der Linksblock (BE) hat mit seinem Dogmatismus die Bedingungen für das Auftauchen neuer linker Parteien geschaffen, wie die von Ex-Mitgliedern des BE gegründete Partido Livre. Die Linke der Linken maskiert ihre Irrelevanz mit der Bekräftigung ihrer Prinzipien und dem Weitblick ihrer Vorschläge. Aber noch schlimmer ist, dass nicht mit dem politischen Eingreifen der Jugend zu rechnen ist, so lange die Politik der Linken so mittelmäßig ist. Aber nicht alles ist schlecht. Es entstehen gesellschaftliche Bewegungen, die den Embryo für die politischen Veränderungen bilden, die schließlich auch in der portugiesischen Gesellschaft ankommen werden.

Nach diesen Wahlen ist das politische Panorama alles andere als klar. Es ist zu hoffen, dass die Linke die Chance nicht verspielt."

[1] Nachtrag 09.10.2015: Inzwischen haben PCP und SP bei einem Treffen die Möglichkeiten zu einer Regierungsbildung besprochen. Jerónimo de Sousa erklärte im Anschlus gegenüber der Presse, dass sich die PCP jedem Versuch, die abgewählte Regierung fortzusetzen, entgegenstellen werde. Die PCP sei bereit, eine SP-Minderheitsregierung zu unterstützen, wenn diese bereit ist, ihre Wahlversprechen umzusetzen. Damit sind nun die SP und António Costa am Zuge.

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