27.12.2016: Sie haben es gewagt. Noch rechtzeitig vor Weihnachten hat die griechische Regierung den NiedrigrentnerInnen ein Weihnachtsgeld ausbezahlt. Obwohl die Euro-Finanzminister strikt dagegen sind und Schäuble sogar befürchtet, dass daran die Eurozone scheitern könnte. Musste Finanzminister Tskalotos dafür 100mal schreiben: "Dies ist keine 13. Rentenzahlung"?
Am Donnerstag vor Weihnachten erhielten rund 1,6 Millionen griechische RentenrInnen die weniger als 850 Euro im Monat beziehen, zusammen mit ihrer Rente eine Einmalzahlung von 300 bis 830 Euro. Auf insgesamt 619 Millionen Euro beläuft sich diese Sonderzahlung. Finanziert wird sie aus dem Primärüberschuss im Haushalt, der infolge der überraschend positiven wirtschaftlichen Entwicklung und höherer Steuereinnahmen um rund eine Milliarde höher ausfiel als angesetzt.
Laut der Vereinbarung mit den Gläubigern darf die griechische Regierung während des laufenden Kreditprogramms Geld für Sozialleistungen ausgeben. Aber zählen die Renten dazu?
Die griechische Regierung sagt ja! Und Tsipras begründete die Zahlung mit der Grundlinie der Regierungspolitik, nach der "jeder einzelne Euro aus dem Überschuss zurück an die Schwächsten geht".
Die Euro-Finanzminister sagen nein und kritisierten die Entscheidung der Regierung in Athen scharf. Diese sei nicht mit ihnen abgesprochen worden, tönte es aus Brüssel und Berlin. Er lasse sich von niemandem Vorschriften machen, Griechenland sei ein souveränes Land, entgegnete Tsipras.
Die EU-Kommission, der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Euro-Rettungsfonds ESM prüften, ob der Athener Premier mit seinen Weihnachtsgeschenken die Vereinbarungen des laufenden Kreditvertrages verletzt hat. Vorsorglich setze der ESM umgehend die bereits zugesagten Maßnahmen zu Schuldenerleichterungen aus.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kritisierte, dass Griechenland mit dem einseitig gewährten Weihnachtsgeld gegen die Regeln verstoße und seine Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern verletze; indirekt könne dies sogar die Eurozone in Gefahr bringen. Gefragt zu der Sonderzahlung für die griechischen RentnerInnen warnte er in einem Interview mit der "Zeit“: "Wenn wir die Regeln nicht einhalten, fliegt uns die Eurozone auseinander.“
Zu guter Letzt verlangten die Gläubiger eine Zusicherung aus Athen, dass es sich bei der Weihnachtszahlung um eine "Einmalzahlung" handelt, und nicht um eine "13. Rentenzahlung". Denn die Euro-Gruppe, die den Auftrag hatte herauszufinden, ob die Weihnachtszahlung kompatibel mit den Vorschriften des "3. Memorandums" ist, kam zu keinem einstimmigen Ergebnis. Sie einigten sich, dass der griechische Finanzminister Tsakalotos obige Zusicherung geben müsse. Wie Vize-Finanzminister Giorgos Houliariakis bekannt gab, akzeptierten die Gläubiger keine mündliche Erklärung. Schriftlich musste die Zusicherung aus Athen sein.
Wie griechische Medien berichteten, schickte Tsakalotos den Brief nach Brüssel am Tag vor der Geldüberweisung an die RentnerInnen. Der Inhalt wurde nicht veröffentlicht. Griechische Zeitungen spekulieren, dass Tsakalotos 100mal schreiben musste: "Ich werde niemals einen Weihnachtsbonus als 13. Rente zahlen."
Wie es heißt, besteht Schäuble jetzt auf "äquivalenten Maßnahmen", fall die Gläubiger im April feststellen sollten, dass die Weihnachtszahlung zu einem Loch im Finanzprogram geführt hat. Auf jeden Fall verzögert der Streit den Abschluss der laufenden Prüfung der durchgeführten Maßnahmen. Eigentlich sollte die Prüfung Anfang Dezember abgeschlossen sein. Jetzt gilt März als möglicher Termin. Damit wird auch die Aufnahme Griechenlands ins Anleihekaufprogramm der EZB weiter verzögert. Die Ratingagentur Moody’s schlägt angesichts der "erneuten Spannungen zwischen Griechenland und den europäischen Geldgebern“ bereits Alarm und warnt, dass die Rückzahlung einer im Juli 2017 fällig werdenden Anleihe in Gefahr gerate, wenn sich die Prüfung weiter verzögert. Es würde dann zu einem Zahlungsausfall kommen, der GREXIT stände wieder vor der Türe. Und der steht bei Schäuble ja bekanntermaßen ganz oben auf dem Wunschzettel.
foto: KTG
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