Analysen

Eine Sammlung und Einordnung verschiedener Ansichten zum Referendum von Dastan Jasim
Kurdistan-is-not-Irak14.08.2017: Anfang Juni gab Masoud Barzani, Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak und Vorsitzender der Demokratischen Partei Kurdistans KDP bekannt, dass im September ein Unabhängigkeitsreferendum für die Loslösung Kurdistans vom Irak stattfinden werde. Dies sei "ein natürliches, gottgegebenes Recht des Volkes in Kurdistan“, so Masoud Barzani. Offen ist, ob das bevorstehende Referendum der Demokratisierung dienen oder die bestehende politische Macht festigen soll. Der Kanzler des Sicherheitsrates der Kurdischen Region, Masseur Barzani, erklärte, dass ein unabhängiges Kurdistan ein "strategischer Partner der USA" wäre. Dastan Jasim betont in ihrem Artikel, dass man versuchen muss, das "Gefühl zu verstehen und nachzuvollziehen", dass die KurdInnen ein Volk sind, dem seine Existenz aberkannt wurde und das "im Zuge der letzten 100 Jahre seine ethnische, kulturelle und politische Existenz durchgehend behaupten und rechtfertigen musste".

 

Die Debatte um das Unabhängigkeitsreferendum, das Masoud Barzani im vergangenen Monat für den 25. September 2017 ankündigte, offenbart die Wirren und die Empfindlichkeiten der kurdischen Frage. Es offenbart, wie unterschiedlich, wie streitbar, wie sensibel Diskurse innerhalb der Bevölkerung Kurdistans geführt werden.

Wer hier eine Streitschrift für oder wider das Referendum erwartet, wird enttäuscht. Vielmehr soll hier ein kleiner Einblick in sich wiederholende Argumente innerhalb der Diskussion um das Referendum gegeben werden, um so ein besseres Verständnis für die Motive der Bürgerinnen und Bürger der Autonomen Region Kurdistan zu schaffen.

Der Traum von einem unabhängigen Kurdistan ist einer, der über allen kurdischen Köpfen schwebt, auch wenn das zuweilen verleugnet wird. Natürlich ist es klar, dass im Zuge des Paradigmenwechsels der PKK und der Etablierung der Föderation Nordsyrien auch alternative Herangehensweisen an das Thema von Nationalstaatlichkeit und Unabhängigkeit forciert wurden. Mit dieser historischen Entwicklung aber den Gedanken und die Gefühle, die mit dem bloßen Begriff Kurdistan verbunden sind, aus ideologischen Gründe beiseite zu legen, zeugt von Unverständnis für die Lage der kurdischen Bevölkerung.

Hier fließen viele Faktoren mit ein und zu Beginn sei gesagt, dass die kurdische Bevölkerung keine homogene Masse darstellt. Ich will hier nur eine Anekdote aus meinem jüngsten Besuch in der Autonomen Region Kurdistan anbringen, um diese tiefgehende Heterogenität und diese weit fortgeschrittenen Pfadabhängigkeiten darzustellen:

Ein beliebter Dualismus in der Debatte rund um die Heterogenität des kurdischen Volkes ist der Vergleich zwischen Kurden aus der Türkei und Kurden aus dem Irak. Ob es um die Unterschiedlichkeit der Sprachen, der Traditionen, der Mentalitäten, der Parteien, der Wirtschaft oder sogar der Natur geht: An manchen Punkten wundert man sich über die markanten Unterschiede zwischen dem Norden Kurdistans, der von der Türkei besetzt ist, und dem Süden Kurdistans, der vom Irak besetzt ist.

In einem Gespräch mit einem Bekannten kam ich also auf das Thema und fragte: Wie kann es sein, dass wir so unterschiedlich sind? Dieser Bekannte brachte einen interessanten Erklärungsansatz an. Er argumentierte, dass der Unterschied zwischen der politischen Herangehensweise der Kurden in der Türkei und denen im Irak von dem Niveau der Staatlichkeit ihres Besatzers abhängig sei. Während die Türkei ein Staat ist, der schon früh Industrialisierung, Verstädterung und institutionelle Ausdifferenzierung erlebte, so war und ist der Irak ein failed state.

Tatsächlich kann man diesen Ansatz weiterverfolgen. Beobachtet man in diesem Kontext die Kurden im Irak, so sind sie als eine Kolonie innerhalb einer ehemaligen Kolonie zu sehen. Während es in der kemalistischen Türkei von Anfang an klar war, dass für die Kurden als Ethnie kein Platz ist, war dieser rassistische Ansatz der Repression für die Kurden im Irak nicht maßgeblich. Tatsächlich hatten diese eine viel ambivalentere Rolle. Über die Geschichte hinweg änderten sich Allianzen und Herrschaftsstrukturen. Unter dem britischen Mandat wurden beispielsweise gezielt bestehende Klanstrukturen gefördert, um so regionale Partner zu haben und um gegen rivalisierende arabische Nationalisten vorzugehen cite[1, 8].

Selbst in den Jahren der Baath-Regierung, die in der Geschichtsschreibung als die Ära der Massaker gegen das kurdische Volk bekannt ist, sieht die Machtkonstellation und Herrschaftsausübung dieser Zeit bei genauerem Hinblick komplizierter aus. Tatsächlich kann hier oft keine gerade Linie zwischen arabischen Herrschern und kurdischen Unterdrückten gezogen werden. Auf kurdischer Seite befanden sich tausende Kollaborateure des Regimes, während ebenso tausende Zivilisten - besonders im ländlichen Raum - Opfer der Anfal-Kampagne wurden.

Was heißt das also?

Gehen wir davon aus, dass eine Minderheit gegen eine Mehrheit um Autonomie, Selbstverwaltung oder Unabhängigkeit kämpfen will, so muss diese sich in ihren Herangehensweisen natürlich an diese Mehrheit anpassen. Im türkischen Fall haben wir eine Bevölkerungsmehrheit, die sich vom Nationalethos bis hin zur Verfassung auf ihre Homogenität und ihre Überlegenheit geeinigt hat, während wir im irakischen Fall mitnichten eine solche Festlegung eines ethnischen Gewaltmonopols, in Staatsform gegossen, haben. Der Irak war und ist nicht mit dem einfachen Cleavage von Shia und Sunna zu erklären. Der Irak kannte nur ein Gewaltmonopol, und das war Saddam Hussein, eine Person. Nicht einmal die Baath-Partei und ihre Ideologie kann als Architekt irakischer Staatlichkeit gesehen werden, denn diese gab es nie. Als Hauptfeind der kurdischen Autonomiebestrebungen war Saddam ein viel entfernterer, ein viel unklarerer Feind, als die Ein-Staat-Eine-Nation Entität, die in der Türkei über allem stand.

Saddam war zuweilen ein Mann, mit dem sich verhandeln ließ, was die Staaten der nördlichen Hemisphäre nur zu gut wissen. Daran passten sich die Kurden aus dem Irak an. Die gesamte Geschichte der kurdischen Parteien des Iraks lässt sich als ein Katz und Maus Spiel um kurzzeitige Allianzen, Vereinbarungen und Rivalitäten. Es geht darum, welcher Herrscher im Hier und Jetzt den größten Nutzen bringen kann und nach außen die beste Realpolitik machen kann.

Tatsächlich kann man sich darüber streiten, inwiefern das, was die Autonome Region Kurdistan seit 1991 macht Realpolitik ist und inwiefern sie sich nach außen beweisen und manifestieren konnten. Doch zum Verständnis dessen, was hier speziell Kurdinnen und Kurden aus dem Irak unter Staatlichkeit verstehen, ist das zentral. Wer nie ein institutionelles Machtmonopol erlebt hat, der hat nie Staatlichkeit erlebt. Die Konsequenz der PKK, als Feind der türkischen Staatlichkeit, ist die allgemeine Ablehnung des Staatskonzepts an sich [2, 90f]. Dieser theoretische Schritt ist aber so nicht in die südkurdische Mentalität zu übertragen. Diese Schlussfolgerung ist mit den Vorbedingungen der südkurdischen Widerstandsgeschichte nicht vereinbar. Staatlichkeit bedeutet in Südkurdistan: Macht, Wohlstand, Stolz, Wiedergutmachung und zuweilen sogar Rache.

Es ist wichtig dieses Gefühl zu verstehen und nachzuvollziehen. Die Kurden sind ein Volk, dem seine Existenz aberkannt wurde. Ein Volk, das im Zuge der letzten 100 Jahre seine ethnische, kulturelle und politische Existenz durchgehend behaupten und rechtfertigen musste. Die Verteidigungshaltung, die deswegen dem politischen Denken vieler Menschen inhärent ist, beeinflusst auch das, was man sich von Staatlichkeit erhofft. Hier sei auch nicht zu vergessen, dass die Kurden ein Volk der IDP's ist (Displaced People - Binnenflüchtlinge). Ob es nach dem gescheiterten Aufstand von 1973 war, während dem Golfkrieg, während den Anfal-Operationen, während dem Bruderkrieg oder während den Angriffen der türkischen Armee in den 90er Jahren: Das kurdische Volk gehörte zu den wenigen, die in den letzten 100 Jahren des massiven Aufkommens republikanischer und nationalstaatlicher Demokratien, eine solche politische Sesshaftigkeit niemals erleben konnten.

Das weiß Masoud Barzani, Präsident der Autonomen Region Kurdistan und die höchste Figur der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), sehr gut. Er weiß, dass Kurdistan keine Frage der Staatlichkeit ist, sondern eine Frage des Gefühls ist. Was fühlt ein Kurde, wenn er an Kurdistan denkt?

Tatsächlich ist mit diesem Begriff viel Schmerz verbunden, was Barzani in einem Artikel für die Washington Post besonders betont. Er lässt die Unterdrückungsgeschichte der Kurdinnen und Kurden Revue passieren, spricht über die Anfal Kampagne, die ewigen Streitereien mit Bagdad, die vielen Erniedrigungen und schmerzhaften Momente, die mit in die eigene Definition des Irak miteinfließen [3]. Er baut eine Brücke zum heutigen Widerstand der Peshmerga gegen den IS und betont auch die Bedeutung der Staatlichkeit, um militärische Hilfe, wie etwa gegen den IS zu bekommen und zeichnet ein Bild von einer erfolgreichen und modernen Autonomen Region Kurdistan, die sich vom Failed State Irak abspalten muss, um voran zu kommen. Die kritischen Stimmen, die aus Teheran oder Bagdad erschallen, stärken nur das Gefühl ein Referendum abhalten zu wollen. So hat sich beim Rufen vor allem die schiitische Fraktion hervorgetan. Ammar al Hakim, Chef des Obersten Islamischen Rats, die lange die Mehrheit im irakischen Parlament bildeten, bezeichnete das Referendum als verfassungsfeindlich und Khamenei ging in seiner Erklärung sogar so weit, dass er einen Bezug zwischen dem Referendum und der Außenpolitik Israels herstellte [4][5].

Aber was will eigentlich Barzani? Was soll das Referendum bringen? Kritische Stimmen hinterfragen die Unabhängigkeitsbestrebungen, die hinter der Wahl stecken und fragen sich, wie zum Beispiel Hogar Hadi Hassan, ein Student der internationalen Beziehungen an der Amerikanischen Universität in Slemanî, wieso dieses Referendum eigentlich nicht vom Parlament getragen wird. Hätte man wirklich die Absicht unabhängig zu werden, so würde doch das Parlament das Referendum mit einem Gesetz verbinden, das besagen würde, dass eine Mehrheit an Ja Stimmen für die Unabhängigkeit auch de jure Unabhängigkeit bedeuten würde cite [6].

Zudem habe es 2005 bereits ein Referendum gegeben, in dem knapp 99% der Befragten für die Unabhängigkeit vom Irak stimmten. Wieso das ganze Prozedere also nochmal wiederholen?

Hassan vermutet hier eine "Teile und Herrsche"-Taktik Barzanis. Diese Politik bestehe aus der Absicht, dass das Referendum, seine Initiierung und sogar vielmehr seine Inszenierung von einer Partei und nicht von der Legislative getragen wird. So solle eine Spaltung provoziert werden: Die, die dagegen sind, das sind die Feinde der kurdischen Nation. Wer dafür ist, das ist auch der, der mit der KDP d'accord ist. Eben benannte Gefühle und die scheinbare Heilung tiefer und alter Wunden gehen mit der Euphorie vieler für das Referendum einher und erhöhen die Emotionalität, die rund um so eine Spaltung aufkommen würde.

Die Gegenseite äußert umso vehementer ihre Kritik. Der größte Kritiker ist hier Gorran, eine Oppositionspartei Südkurdistans. Seit sie 2009 in das kurdische Parlament gewählt wurden, prangerten sie Missstände wie Korruption und Intransparenz an und sind der lauteste Gegner Barzanis. Während die Patriotische Union Kurdistans (PUK) schon lange ihren widerständigen Charakter aufgegeben hat, hat Gorran diese Lücke gefüllt und vertritt seit Jahren die städtische Mittel- und Oberschicht des östlichen Teils der südkurdischen Autonomie.

Die Argumentation Gorrans ist die, dass sie prinzipiell für ein Referendum und für die Unabhängigkeit sind, aber nicht auf die von Barzani vorgeschlagene Art und Weise. Wenn elementare Bürgerrechte, politische Institutionen und vor allem das Parlament außer Kraft gesetzt werden, so ist dieses Referendum nichts weiter als ein politisches Instrument in der Hand der KDP und keinenfalls ein Garant für die kurdische Souveränität [7], so Gorran.

Hallo Rasch, Journalist bei NRT, nennt dieses Referendum, das aus seiner Sicht keine demokratischen Minimalstandards erfüllen würde, "Unabhängigkeit auf leerem Magen" und fasste in seinem Kommentar für NRT online schlüssig die Gedanken vieler Gegner des Referendums zusammen. Tatsächlich sei die politische Situation der Kurden im Irak davon geprägt, dass sie nach 2003 in einer Phase des Aufschwungs und der Hoffnung feststellen mussten, dass die eigentliche Bedrohung nun nicht mehr aus Bagdad sondern aus Hewler (Erbil) käme. Ihre Freiheit ist tatsächlich erstmals aus dem Inneren bedroht. Zudem habe diese Autonome Region Kurdistan viel Souveränität verspielt, indem sie dutzende türkische Militärstützpunkte auf eigenem Terrain duldete und Öl-Export-Verträge am Parlament vorbei beschloss. Die Autonomie sei sogar so weit gegangen, dass sie den Hass zwischen Arabern und Kurden weiter schürte, um von eben diesen inneren Beschränkungen und Missständen abzulenken [8].

Zwar sind diese Einwände auf unterschiedliche Weise berechtigt und auch ein großer Teil der Bevölkerung teilt diesen Unmut und diese Enttäuschung, doch die Regentschaft unter Barzani scheint trotzdem kein Ende nehmen zu wollen. Hat man nun festgestellt das die Autonomie gescheitert ist und das der Ist-Zustand der Kurden im Irak so nicht weiter tragbar ist, hat man Flüchtlings-, Finanz- und Wirtschaftskrise nun wiederholt aufgezeigt und angeprangert, so bleibt dennoch die Familie Barzani bis heute die mächtigste Familie, der mächtigste Stamm, die mächtigste Partei in Südkurdistan.

Aus dieser Perspektive versucht Dana Nawzar Jaf, Forscher und Absolvent der American University in As-Sulaimaniyya, Erklärungen dafür zu finden, wieso das Referendum und allgemein die Art und Weise, wie der Barzani-Klan seit je her Politik betreibt, so erfolgreich ist.

Er bezeichnet die KDP als eine "Partei ohne Ideologie", als eine pragmatische Partei, die keine Gelegenheit ausläßt um ihre Hegemonie auszubauen. Die KDP im Zusammenhang mit dem Referendum als eine kurdisch-nationalistische Partei zu sehen, sei falsch. Im Endeffekt hätte jede Policy die eigene Machterweiterung zum Ziel und nicht das übergeordnete Leitbild eines freien Kurdistans. Barzani setze beispielsweise auch auf die umstrittenen Gebiete nach Artikel 140, wie Sinjar, Kirkuk und Xaneqin, obwohl diese nicht einmal zu 100% kurdisch seien und auch unklar sei, ob diese alle für das Referendum stimmen, so Dana.

Er bringt eine sehr interessante Beobachtung an, die sich in den Analysen der letzten Wochen immer wiederholt: Die Dialektik zwischen der Außen- und der Innendarstellung des Referendums durch die KDP. Hier bezieht er sich vor allem auf die Statements von Hoshyar Zebari, der erst letztes Jahr öffentlichkeitswirksam durch ein Misstrauensvotum seines Postens als Finanzminister des Iraks enthoben wurde, seit langer Zeit jedoch äußere Angelegenheiten der KDP regelt. Jaf nennt die Taktik Zebaris und der KDP "authoritarianism at home, chauvinism abroad", also "Autoritarismus daheim, Chauvinismus im Ausland". Nach außen betone man immer wieder, dass das Referendum nicht bindend sei, man die Souveränität des Irak respektiere, den Kampf gegen den Terror nur gemeinsam effizient führen könne und man vorschnelle Entscheidungen ohnehin nicht befürworte. In der Heimat jedoch, da wird das bereits benannte Gefühl, die Emotionalität rund um das Thema der befreiten Heimat und sogar die Fremdenfeindlichkeit angestachelt, um so die Unterstützung für das Referendum und im Endeffekt für die Barzani Regierung zu bekommen [9].

Jaf prognostiziert eine geringe Wahlbeteiligung und sogar eine große Zahl an Nein-Stimmen und verweist hier auf die Deprivation der Jugendlichen in Südkurdistan. Hier wiederholt er das bereits genannte Muster: Staatlichkeit werde mit diesem Referendum nicht angestrebt, vielmehr habe man Politiker, die sich wie Warlords benehmen und nur aus machtpolitischem Kalkül handelten.

Was bleibt nun nach diesem kritischen Einblick in die Hintergründe des Referendums?

Ich will hier für mehr Verständnis plädieren und berufe mich auf Gedanken, die ich bereits früher äußerte. Ich denke gerade aus dem Ausland heraus verfällt man leicht in eine gewisse Arroganz gegenüber denjenigen, die in der Realität des Mittleren Ostens leben und die auch in dieser sozialisiert wurden. Natürlich beobachte ich im Kreise der Intellektuellen, der Researcher und der Analysten viele verschiedene und gut recherchierte Einwände zum Referendum. Es ist richtig und wichtig, dass solche Menschen immer wieder darauf verweisen, was eigentlich rechtens ist und wo das Recht nicht klar bestimmt ist. Allein auf diese Art und Weise können überhaupt institutionelle Mechanismen in den politischen Strukturen der Autonomen Region Kurdistan eingesetzt werden.

Doch einen Blick sollte man auch auf die werfen, die in den letzten Wochen jubelten, besonders die einfache Bevölkerung. Diejenigen, die für viele Parteien nicht mehr als Kanonenfutter waren und immer noch nicht die Hoffnung verlieren, dass der Traum eines Kurdistans möglich sei. Denen man nicht aus linker Sicht einfach Nationalismus, Rassismus oder Chauvinismus attestieren kann. Die vielmehr auf der Suche nach Identität, Stabilität und Würde sind. Diese Menschen bleiben in der Debatte oft hängen und ihnen wird kaum eine Möglichkeit geboten sinnvoll über das Thema Referendum und Unabhängigkeit zu diskutieren.

Tatsächlich wird viel über Demokratie geredet, doch die Art und Weise wie das Pro und das Kontra der Debatte kanalisiert werden, ist alles andere als egalitär.

Die Wünsche, die die Bevölkerung mit dem Referendum und einem Ja zur Unabhängigkeit verbindet, müssen getrennt vom Thema Staatlichkeit und auch getrennt vom Thema der Staatskritik gesehen werden. Selbst wenn Barzani Eigennutz attestiert werden kann, wenn das Referendum sogar scheitert und ein klares Nein herauskommt, in jedem denkbaren Fall bleibt diese Gefühlsblase rund um die Souveränität, die das kurdische Volk wünscht.

Der Beitrag dieses Textes sollte in erster Linie sein, dass diese Assoziationen differenziert betrachtet werden und der Selbstfindungsprozess des marginalisierten Volks der Kurden zuerst verstehend beobachtet wird, bevor schließlich auf der parteipolitischen Ebene argumentiert wird. Denn es bringt nichts eine schlechte Policy zu kritisieren, wenn man nicht die berücksichtigt, auf die eben dieses Schlechte ernsthaften Einfluss hat.

Literatur
[1] N. Fuccaro, Communalism and the state in iraq: The yazidi kurds, c.1869-1940," Middle Eastern Studies, vol. 35, no. 2, pp. 1-26, 1999.
[2] A.  Ocalan, Jenseits von Staat, Macht und Gewalt. Mezopotamien-Verlag, 2010.
[3] M. Barzani, The time has come for iraqi kurdistan to make its choice on independence," The Washington Post, 06 2017. [Online]. Available:
http://wapo.st/2sYXcHD?tid=ss mailutmterm=.ec7f49f1b53c
[4] A. Karami, The reason tehran is against referendum on iraqi kurdistan," Al-Monitor, 06 2017. [Online]. Available: http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/06/iran-oppositioniraqi-kurdistan-krg-independence-referendum.html
[5] Ammar al-hakim: We will make every e ort prevent kurdistan referendum," NRT, 07 2017. [Online]. Available: http://www.nrttv.com/EN/Details.aspx?Jimare=15427
[6] H. H. Hasan, Referendum: How and why," The Kurdistan Tribune, 06 2017. [Online]. Available: http://kurdistantribune.com/referendum-howand-
http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/06/iraq-kurdistanindependence-referendum-sulaimaniyah.html
[7] I. Malazada, Iraq's kurds question motives behind independence vote," Al-Monitor, 06 2017. [Online]. Available: http://www.nrttv.com/EN/birura-details.aspx?Jimare=6495
[8] H. Rasch, Independence on an empty stomach," NRT, 06 2017. [Online]. Available: http://www.nrttv.com/EN/birura-details.aspx?Jimare=6495
[9] D. N. Jaf, Barzani's referendum: Killing the dream with a hoax," NRT, 06 2017. [Online]. Available: http://www.nrttv.com/EN/biruradetails.
aspx?Jimare=6436

Dieser Artikel wurde von Dastan Jasim für das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit - Civaka Azad verfasst, 11. August 2017