Aus Bewegungen und Parteien

alt2.1.2010:  Auch wenn das eigentliche Ziel des Gaza-Freiheits-Marsches - die fast totale Blockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen - noch nicht erreicht wurde, so ist es jedoch trotz der starken Repression der ägyptischen Regierung den in Kairo protestierenden Teilnehmern gelungen, durch verschiedene Aktionen eine breite Aufmerksamkeit in Ägypten und in der Welt zu erzeugen. Eine der besonders eindrücklichen Aktionen war die Auslage der palästinensischen Nationalflagge auf einer der großen Pyramiden. Über andere in Kairo  berichten die drei Teilnehmer aus München folgendes:

Vorgestern Absprache zwischen allen teilnehmenden Nationen des Gaza Freiheits-Marsches: Wir schlendern um 10 Uhr alle unauffällig in Kleingruppen um das Ägyptische Museum.

Eine internationale Frauengruppe, Codepink/Frauen (starke US-Frauenpower) durch Ländervertreterinnen unterstützt, beginnt scheinbar spontan mit Trommeln die offene Demo. Aus allen Richtungen strömten - wir hatten ja inzwischen gelernt, uns durch dicksten 8-spurigen Verkehr zu schlängeln - 'Touristen' herbei, die sich flugs in gut erkennbare Demonstranten entkleideten, viele Banner zeigten. Trotz massivster Polizeipräsenz, die nirgends ein Stehenbleiben tolerieren wollte, kam eine eindrucksvolle Demo mit etwa 700 Leuten zusammen. In kürzester Zeit hat die Polizei alle eingekesselt, mit mehreren Reihen Polizisten und dann bald mit zusätzlich Gittern. Da wir mitten auf der Hauptstrasse liefen, wollten sie uns zur Seite räumen, was sie selbst mit grosser Brutalität erledigten, als wir nicht freiwillig gingen. Dann wurde ein Kessel an der Seite errichtet, in den wir alle hineinverfrachtet wurden und die ersten Stunden auch festgehalten waren.

Wir haben eifrig Slogans gerufen, grosse Transparente aufgespannt und Drucke in vielen Sprachen hochgehalten, dann grosse Kundgebung mit Megafon. Nachmittags durften wir dann doch einzeln heraus; mir wurde versprochen, dass eine Rückkehr möglich ist. Viele bereiteten sich auf eine oder mehrere Nächte dort vor. Bilder konnte ich viele machen, mir wurde auch der Apparat nicht abgenommen, wie vorhergesagt; ich hoffe, dass ich sie Euch später schicken kann.

Nach dem Silvestergruss an die ägyptische Regierung (wegen ihrer feigen Umsetzung der israelischen und US-Wünsche) gestern ein Neujahrsgruss an die israelische Regierung: Punkt 13 Uhr verwandelten sich erneut 'Touristen', die sich um den Zoo herumgetrieben hatten - flashmob. Unmittelbar gegenüber der israelischen Botschaft ein langes Stück des Gehsteigs voller Menschen, Sprechchöre "stop Gaza genocide, zionist - fashist - ce vous le terroriste , free Gaza - free Palestine ...", grosse Transparente, viele viele kleine Plakate, Megaphon. Polizei war absulut überrumpelt, telefonierte hektisch, Goldbetresste aus 'Privat-Pkw', auch Uniformierte und andere Einheiten sind hier natürlich wieder schnell da, aber haben Mühe, uns von der Straße zu bringen.

Wunderschön, dass unsere 85-jährige Hedy Epstein wieder unter uns war, wie auch weitere jüdische Teilnehmer, die durch Gebetsschal, Kippa, orthodoxen Hut und auch hebräisch geschriebene Plakate gut erkennbar waren.

Die einkesselnden Polizeireihen wurden mehrmals verstärkt, verdoppelt und verdreifacht, auch mit Gittern. Bei strahlendem Sonenschein (selten im Kairoer Smog) gute Mischung an Ernsthaftigkeit, engagiertem Singen, Trommeln und Pfeifen. Die Kundgebung hatten wir von vornherein auf bis 15 Uhr beschränkt. Die Polizei ließ uns daher mit Erleichterung an den Schmalseiten des Kessels gerne abziehen, Richtung Innenstadt, jedoch nur in kleinen Gruppen, dosiert. Ein guter Abschluss, den wir nicht mit einem neuen Demoversuch hätten verstärken können.

Unsere Hauptforderung bleibt weiter: FREE GAZA ! We want to go to Gaza !
Mal sehen - ab 3. Januar soll etwas gehen.

Wohl um innenpolitische Spannungen entgegenzuwirken, unterbreitete Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak am Donnerstag (31.12.) den Teilnehmern des Gaza-Freiheits-Marsches das Angebot, 100 von ihnen nach Gaza reisen zu lassen. In Absprache mit den Koordinatoren des Gaza-Freiheits-Marsches in Gaza entschlossen sich die Aktivisten aber, dieses Angebot abzulehnen.

Eine Teilnehmerin erklärte: "Unser Ziel ist ein politisches, nämlich die Blockade des Gazastreifens aufzubrechen, nicht einigen wenigen Teilnehmern eine private Reise nach Gaza zu ermöglichen. Wenn 100 willkürlich ausgewählte Teilnehmer nach Gaza dürfen ist nicht einzusehen, warum die anderen 1300 Teilnehmer weiter in Kairo festsitzen müssen. Augenscheinlich wollte sich Mubarak mit diesem Scheinangebot eine Entspannung der innenpolitischen Lage und ein Nachlassen der Proteste erkaufen. Darauf lassen wir uns nicht ein."

Am gestrigen Abend haben sich alle Teilnehmer des GazaFreedomMarch noch einmal auf dem Tahir-Square in Kairo getroffen, um gemeinsam auf die letzten Tage zurück zu blicken. Auf Initiative der südafrikanischen Delegation wurde dabei die 'Erklärung von Kairo' durch den Gaza Freedom March beschlossen, welche von allen Delegationen unterstützt wird. Sie wurde am Abschlusstreffen von einem südafrikanischen Teilnehmer vorgelesen. Nach dem Abschlusstreffen wurde die gute Möglichkeit zum Austausch von Kontakten genutzt, denn einige Teilnehmer müssen heute bereits aus Kairo abreisen.

Text: hth