Aus Bewegungen und Parteien

Demos 2018 09 1517.09.2018: Dieses Wochenende war ein Wochenende der Bewegung. In allen Teilen der Republik gingen Menschen auf die Straße: Gegen Mietwucher, für bezahlbaren Wohnraum und gegen soziale Ausgrenzung, für den Schutz der Lebensgrundlagen, gegen die Abholzung des Hambacher Waldes und für den sofortigen Ausstieg aus der Kohle, gegen Rassismus und rechte Hetze.

 

ausspekuliert Logo#ausspekuliert. Unter diesem Motto sind am Samstag Tausende Münchner*innen auf die Straße gegangen. Knapp 100 Organisationen, Parteien, Mietergemeinschaften und Initiativen haben sich zusammengeschlossen und die Demonstration organisiert. Die Polizei sprach am Abend von 10.000 Teilnehmer*innen an der Abschlusskundgebung, die Veranstalter von 11.000 und der "größten Mieterdemo, die München je gesehen hat". Die Münchner*innen gingen aber nicht nur gegen die Wohnungsnot auf die Straße, sondern auch für eine buntes Miteinander.

Im Demo-Aufruf (https://www.ausspekuliert.de/) ist dem Motto #ausspekuliert als Untertitel hinzugefügt: "für bezahlbaren Wohnraum und gegen soziale Ausgrenzung". Denn beides hängt untrennbar zusammen. Es ging am Samstag nicht nur um explodierende Mieten und Wohnungsspekulation, sondern um nicht weniger als um die Frage, wie die Stadt in Zukunft aussehen soll. "Wir wollen die Stadt in ihrer Vielfalt und Buntheit erhalten", sagte einer der Initiatoren. Und dazu gehöre eben, dass Pflegekräfte, Müllmänner und die vielen anderen Menschen mit kleineren Einkommen nicht verdrängt werden. Aber Wohnen ist längst nicht mehr nur ein Problem für Menschen mit niedrigem Einkommen, sondern auch für die mit mittlerem. Und so hieß es zum Beispiel auf handgemalten Plakaten "3.000 Euro Miete, ihr habt doch eine Meise".

"Die Bürger der Stadt schließen sich zusammen und werden aktiv. Aktiv gegen die zügellose Gier der Investoren, gegen Gesetze, die Steilvorlagen für Entmietung sind und dadurch Mieter zu Spekulationsobjekten machen. Aktiv gegen verantwortungslose Politikerinnen und Politiker, die auf allen Ebenen tatenlos zuzuschauen scheinen – Für eine bunte Stadt, eine lebenswerte Heimat."
Auszug aus dem Aufruf #ausspekuliert
     

 

Symbolisch sollte die Demonstration ein "Auszug der Münchner*innen" sein - mit Umzugskartons, Koffern und Leiterwagen sollte gezeigt werden, wie die Stadt künftig aussehen wird, "falls Spekulation weiter ungebremst Einzug hält und sämtliche Normalverdiener verdrängt werden" -, aber die Botschaft lautet: "Wir bleiben hier!" oder wie es auf einem anderen Plakat stand "Immobilienhaien die Zähne ziehen – wir bleiben!"

ausspekuliert Song

"Wir bleiben hier",
so heißt auch der Song zur Demo: https://youtu.be/RJPWL8_xRGY

 

ausspekuliert 2018 09 15 2Vier Wochen vor der Landtagswahl versuchten auch die Parteien zu punkten. CSU und FDP waren allerdings nicht dabei, auch wenn Ilse Aigner, Bayerns Ministerin für Wohnen, twitterte, dass sie die Sorgen der Demonstranten "sehr ernst" nehme. Der Zorn auf die CSU ist jedoch groß. Denn im Jahr 2013 verkaufte die Bayerische Landesbank ihre Wohnungsbaugesellschaft GBW und damit rund 32.000 Wohnungen an ein privates Konsortium. Zuständig war Markus Söder als damaliger Finanzminister. Seine Behauptung, dass es EU-Vorgaben wären, die den Verkauf zwingend notwendig gemacht hätten, stellte sich im Nachhinein als falsch heraus. Jetzt versucht die CSU zu besänftigen, in dem sie eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft gegründet hat, die 10.000 Mietwohnungen bauen soll.

ausspekuliert LINKE

Die SPD hat es auch nicht leicht. Auch wenn Oberbürgermeister Reiter zu der Demo aufgerufen hat und München z.B. bei der Förderung von Genossenschaften weit vorne liegt. Vor Kurzem hat der Stadtrat eine Mietpreisbremse für die stadteigenen Wohnungen beschlossen. Die Erhaltungssatzung, die dem Milieuschutz dienen soll, wurde verschärft, die Schlupflöcher für Investoren sind enger geworden. All das kommt freilich Jahre zu spät. Es reicht auch längst nicht aus. Und die entscheidenden Weichen für eine vernünftige Wohnungspolitik werden in Berlin gestellt. Und dort ist die SPD mit in der Verantwortung.

"Und die AfD? Die ist nicht hier, weil wir hätten sie abgeschoben. Weil #wirsindmehr", meldete ein Demonstrationsteilnehmer auf Facebook.

ausspekuliert 2018 09 15 1

Die Demonstration war nur der Auftakt. Der Kampf für bezahlbaren Wohnraum, gute öffentliche Räume, kreative Stadtentwicklung und trotzdem gesunde Stadtfinanzen in München geht weiter.

 

 

Gemeinsam gegen Rechts

Koeln zeigt Haltung 2018 09 16In Köln forderten rund 12.000 Menschen eine menschliche Flüchtlingspolitik als Zeichen gegen Rechts und Rassismus. Mehr als 120 Initiativen, Organisationen, Parteien, Wohlfahrtsverbände und die beiden Kirchen hatten zu der Kundgebung "Köln zeigt Haltung!" aufgerufen. Auch in Dortmund und Gelsenkirchen haben Tausende gegen rechte Hetze demonstriert.

Logo unteilbar Demo#unteilbar
Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung!
13. Oktober in Berlin
 

 

Hambacher Wald muss bleiben - Kohleausstieg jetzt!

Hambacher Wald 2018 09 16 4Mehrere Tausend Demonstrant*innen demonstrierten am Sonntag an der Grenze zum Hambacher Forst für den Erhalt des Waldes westlich von Köln und einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die Polizei sprach von mehr als 4.000 Teilnehmern, die Organisatoren von 5.000 bis 9.000.

 

 

   Sabine Leidig twitterte heute morgen aus dem Hambacher Wald:

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   und am Nachmittag

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Am Donnerstag (13.09.2018) haben 3.500 Polizisten mit Kettensägen, Bulldozern und Wasserwerfer begonnen, den Wald von Aktivist*innen, die seit Jahren jeden einzelnen Baum aufopferungsvoll verteidigen, zu räumen.  Inzwischen wurden 28 von rund 50 Baumhäusern geräumt, 19 davon wurden abgerissen. Die Baumhäuser der Aktivist*innen gelten als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung. In dem Waldstück stehen jahrhundertealte Buchen und Eichen.

Hambacher Wald 2018 09 16 2

Der Energiekonzern RWE will weite Teile des Hambacher Forsts abholzen, um weiter Braunkohle abbauen und benachbarte Braunkohlekraftwerke weiterbetreiben zu können.

Die Landesregierung von NRW hat kürzlich grünes Licht für die Räumung des Waldes gegeben und sich zum Gehilfen von RWE gemacht. Sie hat Forderung nach einem Moratorium bis die Kohlekommission im Dezember 2018 ihre Arbeit beendet hat und es bis dahin keine Ausweitung bestehender Braunkohle-Tagebaue und keinen Neubau von Kohlekraftwerken geben solle, ignoriert. Die Begründung für die Räumung und den Abriss der Baumhäuser ist an den Haaren herbeigezogen: Brandschutz.

zum Thema
(Nicht) Alle sprechen vom Wetter

Geradezu zynisch klingt da die Äußerung aus dem zuständigen Bauministerium, es gehe um den Gesundheitsschutz der Baumbesetzer. Nicht darum, dem Energiekonzern RWE den Wald freizumachen, damit der gerodet werden kann, um an die darunter liegende Braunkohle zu gelangen; die teuerste und schmutzigste Art der Energieerzeugung. Von der jeder weiß, dass sie ein Auslaufmodell ist.

Erst reden, dann roden

"Alle Beteiligten wissen, dass der Energiekonzern RWE eine gültige, durchsetzbare Abbaugenehmigung hat, trotzdem stellt sich die Frage, ob angesichts des unvermeidbaren Energiewandels eine Abholzung des Hambacher Forstes noch vertretbar ist?"
Michael Mertens, Vorsitzender Gewerkschaft der Polizei (GdP) NRW begründet die Forderung seiner Gewerkschaft bis zu einer Entscheidung über die Zukunft des Braunkohleabbaus auf die Rodung des Hambacher Forstes zu verzichten.
https://www.gdp.de/

    

 

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Die Polizei meldet, sie hätte in einigen Fällen "körperliche Gewalt, Schlagstock und auch Reizgas einsetzen müssen, um das unkontrollierte Vordringen in den Gefahrenbereich des Forstes zu verhindern". In Wirklichkeit ging die Polizei mit unglaublicher Brutalität gegen die Klima- und Naturschützer im Hambacher Forst vor - im Unterschied zu Chemnitz, wo Nazis mit rechten Parolen und Hitlergruß, teils unter Polizeischutz, durch die Straßen ziehen durften. (Foto oben aus dem Video: https://www.facebook.com/MDRAKTUELL/videos/1876949042386422/https://www.facebook.com/MDRAKTUELL/videos/1876949042386422/)

Am heutigen Montag gehen der Großeinsatz der Polizei und die Räumung weiter.