Deutschland

ziegenhals_gedenkstaette21.04.2012: Worum geht es? Um einen Gedenkstein gegenüber dem Gelände des im Jahr 2010 abgerissenen Sporthauses, einer ehemaligen Gaststätte in Ziegenhals bei Königs Wusterhausen. Dort befand sich lange eine Gedenkstätte. Die Partei „Die Linke“ hatte bereits vor Monaten in der Stadtverordnetenversammlung von Königs Wusterhausen den – auch mit anderen (so der DKP) lange zuvor diskutierten und abgestimmten – Vorschlag eingebracht, gegenüber der abgerissenen Gedenkstätte zumindest einen Gedenkstein zu errichten, der an die Tagung der KPD an diesem Ort Anfang Februar 1933 unter der Leitung Ernst Thälmanns und den Beginn des organisierten antifaschistischen Widerstandes gegen die faschistische Herrschaft in Deutschland erinnern soll. Damit sollte jedoch der Anspruch, die Gedenkstätte eines Tages wiederzuerrichten, nicht aufgegeben werden.

Zunächst konnte im Stadtparlament tatsächlich eine knappe Mehrheit - gegen Stimmen aus der SPD-Fraktion und gegen CDU sowie FDP - erreicht werden. Die Stadt stellte aufgrund des Parlamentsbeschlusses 10 000 Euro bereit. Doch mittlerweile hatten sich auch in KW die Mehrheitsverhältnisse geändert. SPD, CDU und FDP waren nun plötzlich geschlossen für einen Gedenkstein. Allerdings mit einer anderen Inschrift. Die sollte lauten: „In Erinnerung an den Widerstand gegen Diktatur und Gewaltherrschaft“.

Gegen Diktatur und Gewaltherrschaft?

Am 30. Januar ernannte Reichspräsident Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Am 7. Februar 1933 tagten in der Gaststätte in Ziegenhals führende Vertreter der KPD. An dem Treffen nahmen etwas mehr als 40 Genossinnen und Genossen teil, darunter Mitglieder des ZK der KPD, Bezirkssekretäre und andere Funktionäre der Partei. Die Sitzung in der Gaststätte, die einem Sozialdemokraten gehörte, wurde durch eigene, aber wohl – wie historische Quellen belegen – auch durch sozialdemokratische Genossen abgesichert.

Ernst Thälmann leitete die Beratung, analysierte die eingetretene Situation und warnte vor jeglichen legalistischen Illusionen. Er orientierte auf dem Massenkampf gegen den Faschismus an der Macht und auf die Einheit der Arbeiter. Dieser Orientierung folgte die Partei in den folgenden Wochen – und bereitete sich zugleich auf den illegalen Kampf vor. Noch aber gab es Hoffnungen durch den gemeinsamen Kampf der Arbeiterklasse und ihrer Organisationen die faschistische Diktatur verhindern zu können. Und noch konnte sich niemand vorstellen, zu welchen Verbrechen der deutsche Faschismus im Interesse und mit Unterstützung des Großkapitals tatsächlich fähig war.

Im Jahr 1953 wurde in der DDR beschlossen in Ziegenhals eine Gedenkstätte zu eröffnen.

Nach dem Ende der DDR 1990 kümmerte sich vor allem der „Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals e. V.“ intensiv um Pflege und Erhalt der Gedenkstätte und organisierte Veranstaltungen.

Im Jahr 2002 wurde das Gründstück von der Treuhandliegenschaft TLG Immobilien versteigert. Für eine relativ geringe Summe wurde es ausgerechnet einem ehemaligen Ministerialrat der Brandenburger Regierung zugesprochen, der es als Bauland nutzen wollte.

Dagegen protestierte der Freundeskreis sowie Freunden und Sympathisanten aus dem In- und Ausland. Es gelang den Abriss lange zu verhindern. Doch selbst eine Verfassungsbeschwerde blieb letztlich erfolglos. Nicht verhindert werden konnte, dass es für die Gedenkstätte im Land Brandenburg ein „denkmalschutzrechtliches Erlaubnisverfahren zum Abrissantrag des Eigentümers“ gab. Man hielt dort die Gedenkstätte u. a. deshalb für nicht erhaltenswürdig, weil das ursprüngliche Gebäude bereits zu DDR Zeiten abgerissen und neu errichtet worden war und weil es dort um eine „Stilisierung Thälmanns zu einer der wichtigsten Identifikationsfiguren der DDR-Staatsdoktrin“ gegangen sei (so die damalige Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburgs in der Antwort auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Klocksin, Fraktion der SPD, vom April 2005). Der Abriss erfolgte im Mai 2010.

Ende 2011 erklärten SPD-, CDU- und FDP-Fraktionen in Königs Wusterhausen, für den bereits beschlossenen Gedenkstein gegenüber dem früheren Sporthaus eine andere Inschrift einzufordern - mit entsprechendem Inhalt (siehe oben). Dagegen war jeder Protest berechtigt, jedoch nicht ausreichend.

Die Partei „Die Linke“ in Königs Wusterhausen war sich im März 2012 sicher, parlamentarisch gegen die konzertierte Aktion der anderen Parteien im Stadtparlament nichts mehr erreichen zu können und setzt deshalb auf außerparlamentarische Bewegung und die Solidarität von Antifaschistinnen und Antifaschisten. Der Gedenkstein zur Erinnerung an die KPD-Tagung und an den Beginn des organisierten antifaschistischen Kampfes gegen die faschistische Herrschaft soll in Eigenregie errichtet werden, das benötigte Grundstück gekauft werden. Dazu sind gemeinsames Handeln und Spenden nötig.

Der Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals e. V. sah dies anders und hält – laut Verlautbarungen auf der Internetseite des Freundeskreises - ein solches Vorgehen für ein Zurückweichen vor dem Ansinnen von SPD, CDU und FDP im Stadtparlament.

Ist es das? Oder wird hier nicht die Angelegenheit in die eigenen „Hände“ genommen ohne die Auseinandersetzung mit Antikommunismus und Geschichtsrevisionismus aufzugeben? Gemeinsam mit anderen Antifaschistinnen und Antifaschisten, gemeinsam mit der DKP und anderen Linken sollte es gelingen einen Gedenkstein zu errichten, der dem Ort und dem antifaschistischen Erbe würdig ist und ein Zeichen gegen die Geschichtsfälscher setzt. Unterstützung kommt auch von Genossinnen und Genossen der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens.

Mittlerweile hat die Stadtverordnetenversammlung von Königs Wusterhausen getagt, der Antrag zur Inschrift „In Erinnerung an den Widerstand gegen Diktatur und Gewaltherrschaft“ wurde nicht behandelt. Er war zuvor von der Tagesordnung genommen worden. Die Fraktionen von SPD, CDU und FDP gingen stattdessen auf den Vorschlag der Partei "Die Linke" ein, die jetzt einen entsprechenden Antrag für die Stadtverordnetenversammlung vorbereitet (ND vom 18. April 2012, S. 12).

Schon jetzt gibt es große Bereitschaft für den Gedenkstein zu spenden, obgleich ein entsprechendes Konto noch nicht eingerichtet wurde. Wir werden weiter berichten.

Text: Nina Hager

(UZ vom 6. April 2012, ergänzt und überarbeitet aufgrund neuer Informationen)