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Ramstein 603rd AOC USACE04.06.2013: Die Tötung von „Terrorverdächtigen“ in Afrika mittels Drohnen (über Satelliten gelenkte unbemannte, mit Waffen bestückte Flugzeuge) wird über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein gesteuert. Das war einer Sendung des ARD-Magazins „Panorama“ am 30. Mai zu entnehmen, die auf gemeinsamen Recherchen des ARD-Magazins mit Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“ beruhte. Laut den Angaben in dieser Sendung befindet sich die Steuerungszentrale für den Einsatz von US amerikanischen Drohnen gegen Ziele in Afrika auf der US-Air-Force-Basis in Ramstein. Die Einsatzbefehle kommen laut Auskünften des US-Militärs gegenüber den recherchierenden Journalisten von „Africom“, dem seit 2008 eingerichteten US-Oberkommando für Afrika in Stuttgart. Die Flugleitzentrale sei im Oktober 2011 unter dem Namen "Air and Space Operations Center" (AOC) auf dem US-Stützpunkt eröffnet worden, hieß es in dem Bericht.

 

Bis zu 650 Mitarbeiter überwachten von dort aus den afrikanischen Luftraum, werten Drohnen- und Satellitenbilder aus und planen Einsätze. Über eine spezielle Satelliten-Anlage in Ramstein hält ein Pilot am Boden Kontakt zu den Kampfdrohnen am Einsatzort und lenkt sie zu den Personen, die getötet werden sollen. Ohne die Anlage in Ramstein könnten die Drohnen-Angriffe nicht durchgeführt werden, hieß es in einem Papier des US-Militärs, das „Panorama“ und der „SZ“ vorlag. Es habe sich dabei um einen Bauplan gehandelt, in dem es hieß, dass eine temporäre Anlage diese Aufgabe bereits jetzt erfüllt, aber in sechs Monaten durch eine dauerhafte Installation ersetzt werden soll. Für den Einsatz verwendet werden Drohnen der Typen „Predator“ („Raubtier“), „Reaper“ („Sensenmann“) und „Global Hawk“ („Globaler Habicht“). „Panorama“ und der „SZ“ lagen auch Stellenausschreibungen für „Geheimdienst-Analysten“ in Stuttgart vor, deren Aufgabe es sein soll, Ziele, auch Individuen, für die US-Ziellisten zu „nominieren“.

Laut dem „Panorama“-Bericht sind durch Drohnenangriffe bisher mindestens neun Menschen in Somalia gezielt getötet, also offenbar nur aufgrund eines Verdachts hingerichtet worden, ohne gerichtliche Untersuchung oder Verurteilung. Insgesamt sollen im Gefolge solcher Angriffe durch „Kollateralschäden“ insgesamt bis zu 29 Menschen gestorben sein, darunter auch unbeteiligte Zivilpersonen. USA-Präsident Obama soll jeden der Einsätze persönlich abgezeichnet haben. Zugleich wurde über Äußerungen von ihm berichtet, wonach solche Einsätze in Afrika künftig strenger gehandhabt und eingeschränkt werden sollen.

Die Bundesregierung ließ auf Anfrage über Regierungssprecher Seibert verlauten, dass sie von alledem absolut nichts weiß und nichts „bestätigen“ kann. So ist das halt im Umgang unter NATO-Verbündeten und „Freunden“; man muss sich ja nicht alles erzählen. Der Gießener Völkerrechtler Thilo Marauhn meinte: "Die Tötung eines Terrorverdächtigen mithilfe einer bewaffneten Drohne außerhalb eines bewaffneten Konflikts kann - wenn die Bundesregierung davon weiß und nicht dagegen protestiert - Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt sein."

Wenn die deutsche Regierung davon bisher wirklich nichts gewusst haben sollte – hätte sie dann nicht wenigstens jetzt die Pflicht, vom NATO-Verbündeten Auskünfte zu verlangen, sie der Öffentlichkeit mitzuteilen und die schleunigste Einstellung solcher völkerrechtswidriger Praktiken auf deutschem Boden einzufordern?

Text: G. Polikeit

Foto: Eröffnung 603rd Air and Space Operations Center on Ramstein Air Base, 06.10.2011, USACE Europe District