Deutschland

Hellersdorf npd 200813 hf 01521.08.2013: Rund 700 Gegendemonstranten, darunter Anwohner und zahlreiche, vor allem junge Berliner Antifas, blockierten am Dienstagabend in Marzahn-Hellersdorf den Aufmarsch von etwa 20 Nazis zu einer NPD-Kundgebung gegen die „Asylantenflut“. Der Zugang zum Alice-Salomon-Platz am Rathaus Helle Mitte wurde der spärlich vertretenen Rassistengruppe mit zahlreichen Sprechchören für das Grundrecht auf Asyl dauerhaft verwehrt. Vereinzelt flogen Eier und nicht definierte Gegenstände. Erst mit anderthalb Stunden Verspätung konnte NPD-Kader Maria Fank von der „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ ihren Redebeitrag beginnen, der dann komplett im Lärm der Gegendemonstranten unterging. Kein Wort drang durch.

Hellersdorf npd 200813 hf 005Wenig später, die NPD-Kundgebung ohne weitere Action war noch nicht für beendet erklärt worden, wurde über Twitter bekannt, dass der Account der örtlichen „Bürgerinitiative“ mit über 2000 Smilies komplett von Facebook verschwunden war. Somit konnten die an der Demonstration nicht direkt beteiligten Nazis über diese zentrale Kommunikationsplattform nicht mehr dazu herangezogen werden, die schwachen von Polizei umringten Reihen entlang der U-Bahn-Gleisabsperrung zu verstärken. (Eine Ersatzseite stand erst ab Mittwochmittag zur Verfügung.) An der Straßenbahn-Haltestelle U-Bahnhof Hellersdorf-Riesaer Straße wurde zudem gegen 21 Uhr 20 auch der Abzug der Nazis für einige Zeit blockiert. Die Polizei reagierte mit Personenfeststellungen wegen Sachbeschädigung u.a. auch an einem NPD-Wahlplakat sowie mit 25 Festnahmen.

In den von der NPD angemeldeten, dann aber verlegten Versammlungsort, die Flüchtlings-Notunterkunft an der Carola-Neher-Straße, sind am Dienstag weitere 40 Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan und aus Syrien eingezogen. Solidarisch ziehen dort schon seit Montag antifaschistische Mahnwachen auf. Der überdachte Stand fungiert rund um die Uhr für Unterstützer und Anwohner als Info- und Solipunkt. Nach der NPD-Kundgebung wurden namentlich bekannte Nazi-Kader durch couragierte Antifas ausdrücklich des Platzes verwiesen. In den ersten 36 Stunden kamen über 400 solidarische Menschen. Sie suchten das Gespräch mit den Freiwilligen, brachten Kaffee oder Lebensmittel. Privat, außerhalb seiner Dienstzeit, bot sogar ein Polizist Sachspenden an.

In der Nacht zum Dienstag ging die direkte Verständigung mit an der Ecke gegenüber diensttuenden Polizisten um die unmittelbare Gefahrenabwehr eines neofaschistischen Angriffs auf die Notunterkunft, bis die Entwarnung folgte. Zunächst verlautete, mehr als 75 Aktivisten aus dem Spektrum der Autonomen Anti-Antifa und des „Nationalen Widerstands“ wären von der Lückstraße 58 in Berlin-Lichtenberg aus auf den Weg ins nächtliche Hellersdorf.

Die Berliner Tagespresse macht jedoch lieber die schützende nächste Mahnwache als den Belagerungszustand der Fernseh-Ü-Wagen unmittelbar vor der Unterkunft dafür verantwortlich, dass sich sechs der angekommenen Flüchtlinge noch am Montagabend verunsichert und auf eigene Faust zurück ins Moabiter Notaufnahmelager Motardstraße durchschlugen. Erst auf dem Weg dahin setzten sie sich unmittelbaren Begegnungen mit Nazigruppen aus. Die Linkspartei dementierte inzwischen eine offiziöse Mitteilung, derzufolge ihre amtierende Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle auf Druck von Mitgliedern der rechten „Bürgerinitiative“ eine offizielle Strafanzeige gegen die Betreiber der Mahnwache erwäge. Sie dezidiert immerhin, dass sich eine breite Mehrheit unter den Anwohnern dem rechten Mob entgegenstellt.

Die Berliner Integrationsbeauftragte Monika Lüke fordert gar Bannmeilen um die deutschen „Unterkünfte für Asylbewerber“! So sollen angeblich Kundgebungen gegen traumatisierte Kriegsflüchtlinge unterbunden werden – die sogenannten „Wirtschaftsflüchtlinge“ werden ja ohnehin vom Staat abgeschoben. Pro Asyl dagegen vertritt für die Flüchtlinge und ihre grundlegenden Rechte annähernd linke Positionen. Geschäftsführer Günter Burkhardt fordert die Unterbringung der Refugees in kleinen (neu zu bauenden) Wohnungen, die Förderung von Sprachkursen sowie umgehende Arbeitserlaubnisse, einhergehend mit Unterstützung bis zur Einstellung.

Hilmar Franz