Europa

alexis tsipras facebook22.02.2015: In seiner Fernsehansprache nach der Entscheidung der Eurogruppe vom 20 Februar 2015 erklärte Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras :

Griechenland erzielte gestern (20. Februar 2015) in Europa einen signifikanten Verhandlungserfolg. In einer harten und schwierigen, vielleicht zum ersten Mal wirklichen Verhandlung setzen wird Ziele, waren vereint, zeigten Entschlossenheit, aber auch Flexibilität und erreichten zum Schluss unser grundsätzliches Ziel.

 

Ich danke von Herzen all Jenen, der überwältigenden Mehrheit der Griechinnen und Griechen, die der griechischen Regierung zur Seite standen. Dies war der maßgeblichste Beitrag, unsere stärkste Verhandlungswaffe. Mit dieser maßgeblichen Unterstützung gewannen wir gestern eine Schlacht, jedoch noch nicht den Krieg. Die Schwierigkeiten, die wirklichen Schwierigkeiten, nicht nur jene, die sich auf die Verhandlung und die Beziehung zu den Partnern beziehen, liegen noch vor uns.

Vor ungefähr zwanzig Tagen übernahmen wir ein Land am Rand des Abgrunds, mit leeren Kassen und einem Mangel an Liquidität. Und gleichzeitig gefangen in einem absichtlich erstickenden Zeitplan, weil gewisse Kreise das Szenarium des anti-memorandischen Intermezzos planten und sich dabei nicht um die Auswirkungen dieser Pläne auf die bereits strapazierte Wirtschaft und das durch Memoranden geplünderte Vaterland kümmernd.*

Gestern annullierten wir Ihre Pläne. Wir wehrten den Plan der blinden, konservativen Kräfte innerhalb und außerhalb des Landes ab, Griechenland am 28. Februar zum Ersticken zu bringen. Wir hielten Griechenland würdevoll und aufrecht. Und wir bewiesen, dass Europa eine Ebene der Verhandlung und einvernehmlichen tragbaren Kompromisse und nicht eine Ebene der Eliminierung, Unterwerfung und blinden Bestrafung darstellt. Und in diesem Sinn ist vielleicht der gestrige Tag für Europa bedeutender als für Griechenland selbst.

Die gestrige gemeinsame Bekanntmachung der Eurogruppe stellt eine Grundsatz-Rahmenvereinbarung dar, die den Zeitraum zwischen dem Memorandum und unserem eigenen Konjunkturplan überbrückt. Es ist eine Vereinbarung, die in der Praxis die Zusagen der vorherigen Regierung über Kürzungen bei Löhnen und Renten, Entlassungen öffentlicher Bediensteter, Erhöhungen der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln, Medikamenten und touristischen Infrastrukturen annulliert. Sie annulliert in der Praxis die Austerität und die Mechanismen, die diese uns aufzwingen, wie es die utopischen und rezessiven Primärüberschüsse sind. Sie schafft einen institutionellen Rahmen für die Umsetzung der notwendigen, progressiven Reformen, die sich auf die Bekämpfung der Korruption und der Steuerhinterziehung, die Umstrukturierung des Staates, aber auch die Dämpfung der humanitären Krise beziehen, was eine allererste Aufgabe darstellt.

Innerhalb weniger Tage haben wir viel erreicht. Wir haben jedoch noch einen langen und schwierigen Weg vor uns. Das griechische Volk weiß es. Es hat im übrigen eine Regierung, die ihm immer die Wahrheit sagen wird. Weil unsere einzige Macht seine Unterstützung und sein Vertrauen sind. Gestern machten wir also einen entschlossenen Schritt und ließen die Austerität, die Memoranden und die Troika hinter uns. Ein entschlossener Schritt zur Kursänderung innerhalb der Eurozone.

Die Verhandlung endete jedoch gestern nicht. Die Verhandlung tritt jetzt in ein neues, essentielleres Stadium bis zur finalen Vereinbarung über den Übergang von der Politik der Memoranden der Zerstörung zu  einer Politik des Aufschwungs, der Beschäftigung und des gesellschaftlichen Zusammenhalts, in einen stetigen und schwierigen Kampf.

In dieser substantiellen Verhandlung mit Horizont des kommenden Juni wird die griechische Regierung mit noch größerer Entschlossenheit voranschreiten. Unser Leitfaden ist immer die Rehabilitation unser nationalen und Volkssouveränität. Und mit unserem einzigem Mitstreiter, Beistand, aber auch strengem Kritiker: das griechische Volk. Mitstreiter, aber auch aktiver Teilhaber in den großen Bemühungen um eine politische Wende und die gesellschaftliche Rettung. Unser gemeinsamer Kampf geht weiter.

Quelle: www.griechenland-blog.gr      Foto: @tsipras_eu


* In seiner Regierungserklärung führte A. Tsipras dazu aus:

“Das Unglück ist, dass die scheidende Regierung bei ihrem Abtreten Sorge trug, die Saat zu verbrennen und die Brücken zu zerstören. Sie sorgte – mit absolut ihrer eigenen Verantwortung – dafür, erdrückende Verhandlungsrahmen für die neue Regierung zu schaffen, um das Land zu nötigen, sich wieder in Abenteuer und ein tiefes Memorandum zu begeben. Und dies sage ich Ihnen in Kenntnis der Dinge, da ich aus meinen Kontakten zu den Amtsträgern der Europäischen Union erfuhr, dass die anfängliche Entscheidung unserer Partner eine sechsmonatige technische Verlängerung des Programms war und erst auf griechisches Beharren die zeitliche Grenze des 28. Februar festgelegt wurde. Somit enthüllt sich nunmehr uns allen, welches das Ziel der vorherigen “memorandischen” Regierung und Kräfte in unserem Vaterland war und bleibt. Es waren und bleiben die erdrückenden zeitlichen Grenzen, die Erpressung Griechenlands und letztendlich das Scheitern der neuen griechischen Regierung, also – und beachten Sie dies – das Scheitern Griechenland, damit sie selbst Recht erhalten.“

Quelle: www.griechenland-blog.gr


Dokumentation: Die Erklärung des Sondertreffens der Eurogruppe vom Freitag im Original

The Eurogroup reiterates its appreciation for the remarkable adjustment efforts undertaken by Greece and the Greek people over the last years. During the last few weeks, we have, together with the institutions, engaged in an intensive and constructive dialogue with the new Greek authorities and reached common ground today.

The Eurogroup notes, in the framework of the existing arrangement, the request from the Greek authorities for an extension of the Master Financial Assistance Facility Agreement (MFFA), which is underpinned by a set of commitments. The purpose of the extension is the successful completion of the review on the basis of the conditions in the current arrangement, making best use of the given flexibility which will be considered jointly with the Greek authorities and the institutions. This extension would also bridge the time for discussions on a possible follow-up arrangement between the Eurogroup, the institutions and Greece.

The Greek authorities will present a first list of reform measures, based on the current arrangement, by the end of Monday February 23. The institutions will provide a first view whether this is sufficiently comprehensive to be a valid starting point for a successful conclusion of the review. This list will be further specified and then agreed with the institutions by the end of April.

Only approval of the conclusion of the review of the extended arrangement by the institutions in turn will allow for any disbursement of the outstanding tranche of the current EFSF programme and the transfer of the 2014 SMP profits. Both are again subject to approval by the Eurogroup.

In view of the assessment of the institutions the Eurogroup agrees that the funds, so far available in the HFSF buffer, should be held by the EFSF, free of third party rights for the duration of the MFFA extension. The funds continue to be available for the duration of the MFFA extension and can only be used for bank recapitalisation and resolution costs. They will only be released on request by the ECB/SSM.

In this light, we welcome the commitment by the Greek authorities to work in close agreement with European and international institutions and partners. Against this background we recall the independence of the European Central Bank. We also agreed that the IMF would continue to play its role.

The Greek authorities have expressed their strong commitment to a broader and deeper structural reform process aimed at durably improving growth and employment prospects, ensuring stability and resilience of the financial sector and enhancing social fairness. The authorities commit to implementing long overdue reforms to tackle corruption and tax evasion, and improving the efficiency of the public sector. In this context, the Greek authorities undertake to make best use of the continued provision of technical assistance.

The Greek authorities reiterate their unequivocal commitment to honour their financial obligations to all their creditors fully and timely.

The Greek authorities have also committed to ensure the appropriate primary fiscal surpluses or financing proceeds required to guarantee debt sustainability in line with the November 2012 Eurogroup statement. The institutions will, for the 2015 primary surplus target, take the economic circumstances in 2015 into account.

In light of these commitments, we welcome that in a number of areas the Greek policy priorities can contribute to a strengthening and better implementation of the current arrangement. The Greek authorities commit to refrain from any rollback of measures and unilateral changes to the policies and structural reforms that would negatively impact fiscal targets, economic recovery or financial stability, as assessed by the institutions.

On the basis of the request, the commitments by the Greek authorities, the advice of the institutions, and today's agreement, we will launch the national procedures with a view to reaching a final decision on the extension of the current EFSF Master Financial Assistance Facility Agreement for up to four months by the EFSF Board of Directors. We also invite the institutions and the Greek authorities to resume immediately the work that would allow the successful conclusion of the review.

We remain committed to provide adequate support to Greece until it has regained full market access as long as it honours its commitments within the agreed framework.

Quelle: www.neues-deutschland.de