Wirtschaft

28.04.2010: „Die Wirtschaft muss den Menschen dienen und nicht den Spekulanten“, fordert der DGB in seinem diesjährigen Mai-Aufruf. Der Päsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Keitel, fordert hingegen vor wenigen Tagen im Interview mit der Rheinischen Post, dass die Sozialausgaben gekürzt werden müssen. „Die Politik wird der Bevölkerung sagen müssen: Bereitet euch bitte darauf vor ...“. Eine klare Kampfansage des obersten Vertreters der Kapitalverbände an die Gewerkschaften und Sozialverbände, an die Bürger in diesem Land. Die Belegschaften, die Rentner und Arbeitslosen sollen die Krise zahlen, die die Vertreter der Finanz- undWirtschaftskreise verursacht haben. Zum gleichen Zeitpunkt spricht der DGB-Vorsitzende Sommer im Interview mit der Leipziger Volkszeitung davon, dass es bei der bisherigen „Form der Krisenreaktion“ einen „neuen Beginn von sozialpartnerschaftlichem Handeln gibt“.

Es ist diese heillose Konfusion in den Köpfen einiger Gewerkschaftsvertreter, die die aktuelle Gefahr des radikalen Abbaus der noch vorhandenen erkämpften Rechte der Arbeiterbewegung vollkommen verkennt: zunehmende Entlassungen und Pleiten, steigende Preise, Reallohnverluste seit 2005 von 6,4 Prozent, sinkende Kaufkraft, Nullrunden über Nullrunden für die Rentner, ansteigende Arbeitslosigkeit, wachsende Armut vor allem unter Jugendlichen und Kindern durch Hartz IV, die Zerschlagung des Solidarprinzips im Gesundheitswesen sowie leere Kassen in den Kommunen. Demgegenüber stehen: gestiegene Vorstandsbezüge, sprudelnde Banken- und Konzerngewinne und Reiche, die immer reicher werden – um200 Milliarden Euro auf sagenhafte 4 640 Milliarden Euro ist der Geldberg der Reichen im Krisenjahr 2009 gewachsen – trotz der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Das ist die reale Situation in diesem Land. Und in dieser Situation fordert BDI-Präsident Keitel weitere Kürzungen, weitere finanzielle Belastungen für die Bürger.

Aber dabei wird es nicht bleiben. Seit längerem fordern sie von „ihrer Regierung“ den Abbau des Kündigungsschutzes, den noch stärkeren Ausbau von Leiharbeit und befristeter Beschäftigung, die Demontage der Arbeitsgesetzgebung, wie unter dem Stichwort „flexicurity“ propagiert. Seit längerem arbeiten sie an der Zerlöcherung des Flächentarifvertrags, betreiben Lohndumping, erpressen längere Arbeitszeiten, fordern die Beendigung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und noch so einiges mehr.

Das erfordertWiderstand in diesem Land, das erfordert die gewerkschaftliche und betriebliche Gegenwehr, die organisiert und von den Einzelgewerkschaften gemeinsam umgesetzt werden müsste.Wer Keitel und seine Mannen kennt, weiß, dass sie „sozialpartnerschaftliches Handeln“ einzig und allein unter taktischen Gesichtspunkten sehen. Vor dem Hintergrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise und den Plänen der Kapitalvertreter wird der Erhalt von Arbeiterrechten nur in kämpferischen Auseinandersetzungen zu erreichen sein, wird es darauf ankommen, über die Ländergrenzen hinweg „jeweils gemeinsam um das beste Resultat im Sinne der Arbeiterklasse zu kämpfen“

Denn wie es im Mai-Aufruf der DKP heißt:

„Das Ganze hat System. Das System heißt Kapitalismus. Die Kluft zwischen der Antriebskraft dieses kapitalistischen Systems, nämlich der hemmungslosen Jagd nach Profit, und all dem, was ein menschenwürdiges Leben ausmacht – sinnvolle Arbeit, menschliche Würde, Bildung, soziale Sicherheit, Umwelt, Demokratie, Solidarität – wird immer offensichtlicher. Aber Wut und Widerstand wachsen.

Noch haben das Kapital, seine Medien und seine politischen Vertreter die Macht – aber wir sind mehr. Uns gehört die Zukunft!Wenn wir gemeinsam und solidarisch handeln. Wehren wir uns gegen die Abwälzung der Krisenlasten!

Die Reichen sollen zahlen!

Beginnen wir heute mit dem Kampf um die Zukunft!"

Wolfgang Teuber (Vorabdruck aus der UZ vom 30.4.2010)

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