Der Kommentar

16.02.2011: Der Aktionstag am 24. Februar wird Höhepunkt der aktuellen Gewerkschaftskampagne für gleiche Bezahlung von Leiharbeitskräften und Stammbelegschaften werden. Betriebliche und öffentliche Aktionen sollen Druck auf Regierung und Bundestag entwickeln, damit die Gleichbehandlung und ein Mindestlohn für die gesamte Branche in das neue Entsendegesetz aufgenommen werden. Anlass der Novellierung ist die sog. Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai. Sie lässt die Profiteure des modernen Sklavenhandels um ihre Pfründe fürchten, wenn sich ausländische Konkurrenz noch billiger auf dem Markt etablierte.

Viele Beschränkungen der bis 1972 verbotenen Leiharbeit wurden mit den Hartz-Gesetzen aufgehoben. Das Lohnniveau für hunderttausende Beschäftigte sank um die Hälfte. Es konnte nach den Bedürfnissen der Konzerne geheuert und gefeuert werden. Als Teil der Agenda 2010 setzten sie auch die EU-Agenda von Lissabon um, mit der das Europa der Konzerne "der wettbewerbsfähigste, dynamischste ... Wirtschaftsraum der Welt" werden sollte. Hunderttausende verloren dann in der Krise ihre Arbeit. Der jetzt propagierte Aufschwung ist ein Aufschwung prekärer Arbeitsverhältnisse.

Wie Hartz IV wurde auch die Leiharbeit lange von zu vielen Gewerkschaftern, Betriebsräten und Stammbelegschaften nur als Problem der Betroffenen gesehen. Man empfand die schlechtere Bezahlung zwar als ungerecht, wie derzeit 87 Prozent der Bevölkerung, sah aber zu selten Anlass zu eigenem Handeln. Das änderte sich, als Belegschaften und Betriebsräte immer erpressbarer wurden in Richtung Lohnkürzung und Arbeitszeitverlängerung. Viele Konzerne gründeten eigene Verleihfirmen, bauten reguläre Arbeitsplätze ab und sicherten sich so zusätzlichen Profit. Streiks in Einzelhandelskonzernen z. B. störten den Betriebsablauf kaum noch, weil dann eben Leiharbeitskräfte an den Kassen saßen.

Um die Lage der Arbeitenden zu verbessern und selbst wieder durchsetzungsfähiger zu werden, rief die IG Metall im Anschluss an die Herbstaktivitäten zum Aktionstag 24. Februar auf. Der DGB, ver.di und weitere Gewerkschaften zogen nach. Was fehlt, ist mehr Koordination und gemeinsame Planung. Diese Schwäche wurde im Herbst in der praktischen Zusammenarbeit vor Ort zumeist in der Aktion überwunden.Warum nicht jetzt schon bei der Planung?

Grundsätzlich muss Leiharbeit verboten werden. Jetzt kommt es darauf an, möglichst viele Kräfte der Gewerkschaften, der sozialen Bewegungen und der politischen Linken zu bündeln, um gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchzusetzen. Ein ökonomischer Hauptanreiz für die Leiharbeit entfiele, ein großer Schritt zur Verbesserung der Lage von einer Million direkt und noch viel mehr indirekt betroffenen Arbeitskräften wäre getan.

Volker Metzroth, Mitglied des Sekretariats des Parteivorstandes der DKP, verantwortlich für Betrieb und Gewerkschaft (Vorabdruck aus der UZ vom 18.02.2011)