Meinungen

bettina juergensen gst 856727.03.2014: Am Internationalen Frauentag wurden wieder in der ganzen Welt Aktionen durchgeführt. Von Frauen unterschiedlicher Kulturen, unterschiedlicher sozialer Schichten, Frauen verschiedener politischer Zielrichtungen. Proletarierinnen und Nichtproletarierinnen. Es sind nicht mehr nur linke Parteien und Organisationen, Gewerkschaften oder Sozialdemokratie, die diesen Tag nutzen, sich besonders an die Frauen zu wenden. Auch die bürgerlichen Medien singen an diesem Tag das "Hohe Lied" auf die Frau. Dabei gelingt es ihnen nicht, die besondere Lage der Frau in dieser Gesellschaft aufzuzeigen, sie wollen dies gar nicht, bleiben bei ihren Statistiken "wer putzt oder bügelt mehr oder besser" hängen. Sie zeigen uns die Jungunternehmerinnen, die ihre "Karriere" machen. Wir aktiven Frauen erwarten nicht anders von diesen Medien.

Dass sie diesen Tag jedoch nicht einfach - wie noch vor Jahren - an sich vorüberziehen lassen können, ist erstens als ein Erfolg der Frauenbewegung sehen, zweitens als Beleg dafür, dass nach 1989/90 nicht alle Errungenschaften des Sozialismus zunichte gemacht werden konnten, hatte dort doch die Rolle der Frau und der Internationale Frauentag einen anderen Stellenwert.

Erwartungen haben Frauen aber zu Recht an linke und noch mehr an kommunistische Medienarbeit. Klar sollten wir uns darüber sein, dass mit den Beiträgen in unseren Medien  die Bündnisarbeit oft beginnt - oder endet.

Ein "News.dkp-Portal" wird seinem Namen nicht gerecht, wenn es nur alte Gedanken wiederkäut ohne dabei den Zusammenhang zum Jetzt, zu den News, zu suchen. Mit wohlmeinenden Grüßen zum Frauentag, die eventuell der (eigenen) Ehre gerecht werden, aber nicht den aktuellen Forderungen, stellt sich die Frage: "Muss das wirklich sein?"

Wenn dann noch als "Nachtrag", so die redaktionelle Anmerkung, ein Nachdruck aus dem März-Rotfuchs erscheint (Bürgerlicher Feminismus und proletarische Frauenbewegung), stimmt frau begeistert zu: dieser "Nachtrag" sollte wirklich das Ende dieser Serie sein!

Wer soll mit so einem Internetportal erreicht, angesprochen werden? Frauen, die evtl. auch nur in einigen wenigen Punkten mit uns gemeinsam für Veränderungen kämpfen, sicher nicht. Denn, wo so deutlich wenig Wert darauf gelegt wird, die aktuellen Probleme von Frauen und Mädchen kennen zu lernen und darzustellen, muss etwas anderes bezwecken als Information oder gar den Aufruf zu Bewegung für die eigene (Frauen)sache.

Richtig ist, es gibt immer mehrere Möglichkeiten an ein Problem oder an eine Fragestellung heranzugehen. er sich jedoch als Kommunist nicht die Erfahrungen, Arbeit und Fachkompetenz seiner GenossInnen zunutze macht, diese schlicht ignoriert, tut weder sich, noch der kommunistischen oder einer emanzipatorischen und /oder feministischen Bewegung einen Gefallen.

Mit diesem ignoranten Verhalten wird versucht fast 25 Jahre Geschichte der kommunistischen und anderen Bewegungen einfach zu negieren. Als hätte es eine Kommunistische Partei bis 1989/90 gegeben und dann erst wieder ab März 2013. Dabei wissen wir alle, dass dem nicht so ist. Und wir wissen, dass gerade seit den 1990er Jahren gravierende Veränderungen auch in der kommunistischen Bewegung, nicht nur in der BRD, stattgefunden haben. Diese Veränderungen wirken sich auch auf Bündnispolitik und Bewegungen aus.

KommunistInnen ziehen die Geschichte zu Rate, um die jeweilige Situation, in der sie leben und kämpfen, zu analysieren und Forderungen zu aktuellen Fragen zu entwickeln. Geschichte meint nicht, sich nur die ferne Vergangenheit vor 100 oder 50 Jahren anzulesen, oder die von 1968 - 1989, sondern auch die der gerade zurückgelegten Wegstrecke. Noch dazu wenn, s.o., so einschneidende Veränderungen erfolgten.

Deshalb wäre es besser - für KommunistInnen und auch für die Bewegungen -, die inhaltlichen Arbeiten der kommunistischen Partei in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten nicht einfach ad acta legen zu wollen. Besser wäre es - für KommunistInnen und auch für die Bewegungen - mindestens nachzulesen, wenn man denn schon nicht fragen will, welche Einschätzungen und Schlussfolgerungen von der Mehrheit zu bestimmten Fragen der Entwicklung erarbeitet wurden.

Um beim Beispiel zu bleiben, zu den Frauenfragen und -Bewegungen hätten sich alle Grußwortschreiber auf einem Newsportal vorher über neue Fragen zur Lage der Frau in unserer Gesellschaft informieren können - es gab Tagungen, Beratungen und Referate in den letzten Jahren, die es lohnt heute zu nutzen. Dem folgend wäre es dann konsequent, am 8. März nicht auszugrenzen, sondern Gemeinsamkeiten zu finden, einen Weg zu gehen, der bündnispolitisch wirksam werden kann.

Leider wird das Gegenteil getan: aktuelle Themen, wie sie eine Woche nach dem 8. März auf der Konferenz "Care-Revolution" diskutiert werden, z.B. prekäre Arbeit, Recht auf Wohnen, Krise und soziale Fragen, werden nicht einmal erwähnt.

Die große bundesweite Demonstration am 8. März in Berlin mit 3000 Menschen, die in vielen Städten gemeinsamen Aktionen unterschiedlicher Frauengruppen, das alles kommt nicht vor.

Das hält Frauen nicht auf, sie gehen auch im 21. Jahrhundert für ihre Rechte auf die Straße. Täglich kämpfen sie weltweit für ihre Zukunft und die der folgenden Generationen. Sie kämpfen u.a. für das Recht auf Bildung, Gleichberechtigung im Beruf und Gesellschaft, Recht auf Gesundheit, gegen Hunger, Krieg, sexuelle Gewalt, gegen Rassismus. Frauen sind aktiv in Bewegungen zum Schutz der Natur, stellen ökologische Forderungen zum Erhalt des Lebens. Frauen kämpfen gegen das Abschieben der Krisenlasten, insbesondere auf die Rücken der Frauen. Frauen leisten neben ihrer Berufstätigkeit, häufig in prekären Jobs, weiterhin den Hauptteil der Reproduktionsarbeit. Dabei haben sich deren zeitliche und inhaltliche Anforderungen drastisch verändert haben.  Viele Frauen sind körperlich und psychisch am Ende. Und die Sorgearbeit nimmt zu, u.a. durch die fortschreitende Alterung der Gesellschaft.

Die aktuellen Demos sollten als Anfang eines Neubeginns von frauen- und feministischer Bewegung gesehen werden, darauf bauen jedenfalls die Aktivistinnen.
In den Grüßen vom News.dkp-Portal wird jedoch mit Blick auf die Krisenfragen betont:
"(...) Alles das trifft Frauen mit besonderer Härte, aber es betrifft alle, Jugendliche, Frauen und Männer. Wir müssen gemeinsam gegen Militarismus kämpfen. Wir müssen gemeinsam erkennen, dass hinter diesen Schweinereien das Kapital, die Monopole und Banken stehen. Wir müssen ihnen den Kampf für unsere Interessen entgegensetzen.
Deswegen sagen wir, dass der 8. März in unserem Land ein Tag des Kampfes um 30 Stunden Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich sein muss.
Deswegen sagen wir, dass der 8. März ein Tag der internationalen Solidarität, gegen imperialistische Ausbeutungs- und Kriegspolitik sein muss.
Und deswegen geht unser Gruß an die Frauen auf der ganzen Erde, die in diesen Kämpfen stehen."

Ja - wir müssen gemeinsam kämpfen. Und doch werden hier die Frauenfragen verkürzt und "von alters her" wahrgenommen. Da steht dann die Frage: "Und was ist mit all den Frauen, die nicht in den angesprochenen, sondern in anderen Kämpfen stehen?"

Statt zumindest zu versuchen auch diese Frauen zu erreichen, sie für gewerkschaftliche oder andere außerparlamentarische Aktivitäten zu gewinnen und Gemeinsamkeiten zu finden, werden Warn- und Hinweisschilder aufgestellt: "Werdet erst mal Proletarierinnen, dann werdet ihr auch gegrüßt - zum Frauentag!"

Am deutlichsten spiegelt dies der Beitrag des Rotfuchs mit dem Titel "Bürgerlicher Feminismus und proletarische Frauenbewegung" wieder, von dem sich jede emanzipierte oder feministisch auch nur irgendwie angehauchte Frau abgewiesen sehen muss. Jawohl, die Rechte der Frauen werden dramatisch abgebaut. Und heute wie vor hundert Jahren geht es dem Kapital dabei um die Mehrung des Profits. Und doch geht die Argumentation im Rotfuchs nicht auf die veränderte Situation der Frauen ein. Der Rotfuchs will oder kann neue Entwicklungen anscheinend nicht sehen. Er beamt sich einfach über 100 Jahre  zurück und leugnet mit seiner Argumentation die Erfahrungen und Schlussfolgerungen der Arbeiterbewegung, die u.a. heißt breite Bündnisse für gesellschaftliche Veränderungen zu entwickeln. Zudem wird der Feminismus allein an Alice Schwarzer festgemacht, wer nicht weiß worüber er schreibt, sollte es lassen. Diese Politik der Aus- und Abgrenzung mit Alexandra Kollontai rechtfertigen zu wollen ist, gelinde gesagt, Schindluder treiben mit einer Frau, die sich dagegen nicht mehr wehren kann. Alexandra selbst würde wohl feststellen, dass wir heute 100 Jahre weiter sind.

Und sie würde raten die Erfahrungen dieser über 100 Jahre dauernden Geschichte und Kämpfe, bündnispolitisch und frauenpolitisch, nicht einfach unter den Tisch zu kehren.

Gemeinsam mit anderen Frauenrechtlerinnen wie Clara Zetkin würde Alexandra Kollontai gerade die KommunistInnen warnen, den Neuaufschwung der Frauenbewegung zu verschlafen und gar zu übersehen. Denn viele der Themen, die heute für Frauen wichtig sind, zu denen sie aktiv sind, werden über kurz oder lang auch in anderen Bewegungen zunehmend eine Rolle spielen. Sie werden in gewerkschaftlichen, betrieblichen und auch in privaten Zusammenhängen Eingang finden.

Und dabei wird dann hoffentlich auch eine Erkenntnis der Frauenbewegung in andere Strukturen Einzug finden, die da lautet: „In unserer Unterschiedlichkeit sind wir unwiderstehlich.“ Die Unterschiedlichkeit kann nämlich sehr bereichernd sein, auch wenn es darum geht die Diskussion über gesellschaftliche Veränderungen zu führen.

Eine weitere, immer noch diskutierte Frage, soll hier noch erwähnt werden. Das ist die quotierte Teilhabe der Hälfte der Menschheit.

Gisela Notz stellte "zu den Verabredungen von Union und SPD über eine Frauenquote und patriarchale Strukturen in der Bundesrepublik" im ND vom 23.11.2013 fest:
"Zwar ist die Frauenbewegung einmal angetreten, um die patriarchalen Hierarchien in Frage zu stellen, aber so lange sie sind, wie sie sind, ist es aus frauenpolitischer Sicht schwer, einen Grund gegen die verbindliche 50-Prozent-Quote auf allen Ebenen zu finden.
Mit der »Hälfte der Macht für Frauen« sind die patriarchalen Strukturen freilich nicht verschwunden. Zunehmende Prekarisierung und Armut, Zuweisung von Sorgearbeiten an Frauen, Ehegattensplitting, Lohnungleichheit, Refamilialisierung, Privatisierung und Verlagerung von vor allem Frauenarbeit auf »ehrenamtliche« Gratisarbeit, fehlende Infrastruktur für Kinder und Alte und Diskriminierung von anderen Lebensformen werden nicht automatisch der Vergangenheit angehören. Aber das hat ja auch niemand behauptet."

So geht’s uns im Kampf auch um viele andere Rechte - sie werden das Gesellschaftssystem nicht ändern, das herrschende aber bei vielen zunehmend in Frage stellen. So entwickeln sich antikapitalistische Haltungen. So kommen wir unserem Ziel ein Stück näher. Die Bündnisarbeit im Kampf um die Frauenrechte, aber auch für andere Rechte ist dabei ein wichtiger Baustein.