Linke / Wahlen in Europa

EU Wahlkampf2019 Kiel24.05.2019: DIE LINKE.Schleswig-Holstein startete am 25. April in Kiel in die heiße Wahlkampfphase für die Wahl des Europäischen Parlaments. Bettina Jürgensen, Vorstandsmitglied der marxistischen linken, war dazu eingeladen und hielt eine Rede:

 

Ich wurde gebeten auf dieser Tour von DIE LINKE zur EU-Wahl etwas zu sagen und soll doch bitte auch die marxistische linke vorstellen. Das mache gern, obwohl ich zunächst überrascht war weshalb ich, von außen, etwas sagen soll.

Ich werte und nehme dies als Chance, die Zusammenarbeit linker Organisationen und Personen zu entwickeln.

Gerade habe ich gelesen, dass es in Italien eine gemeinsame linke Liste "La Sinistra" (Die Linke) zur Wahl des EU-Parlaments gibt.

Rifondazione Comunista, Sinistra Italiana, Partito del Sud, Convergenza Socialista, l’Altra Europa con Tsipras und Transform Italia einigten sich auf ein gemeinsames Programm, eine Liste und ein Symbol für das Bündnis.

"Wir sind diejenigen, die der Meinung sind, dass in einer Welt, in der die Ungleichheit immer größer wird, ein Teil des Reichtums an diejenigen umverteilt werden muss, die nichts mehr haben, an diejenigen, die der Meinung sind, dass das Thema der ökologischen Transformation der Wirtschaft in den Mittelpunkt gestellt werden sollte und dass die Arbeit neu verteilt werden sollte, wodurch die Arbeitszeit bei gleichem Lohn reduziert wird. Wir müssen die Fragen des konkreten Lebens der Bürger wieder in den Mittelpunkt stellen."

Und Maurizio Acerbo, Nationalsekretär von Rifondazione Comunista, stellte fest:
"Im Europäischen Parlament ist unsere Fraktion die rot-grüne Fraktion, die die Kräfte der Linken, Feministinnen und Ökolog*innen zusammenbringt, die für den Wandel in allen Ländern kämpfen, von Unidos Podemos bis Bloco de Esquerda, von France Insoumise bis DIE LINKE".

Besonders daran finde ich, dass Luciana Castellina, legendäre italienische Kommunistin und Gründerin der Zeitung Il Manifesto, nicht in Italien kandidiert, sondern in Griechenland auf der Liste von SYRIZA, während der griechische Journalist Argiris Panagopoulos, wiederum auf der italienischen Liste steht.
Dies zeigt meiner Meinung nach, dass es möglich ist, sich Zusammenarbeit linker Kräfte über Landesgrenzen hinweg entwickeln kann. Möglicherweise wird hier aus einer – vermeintlichen – Schwäche eine Stärke der linken Kräfte.

Viele reden von der notwendigen Zusammenarbeit linker, sozialistischer, kommunistischer Kräfte und schaffen es oft nicht einmal bei Wahlen im kommunalen Bereich, sich für zusammenzusetzen, eine Liste und ein Wahlprogramm aufzustellen.

Deshalb sollte "La Sinistra" in Italien ebenso hoch geschätzt werden, wie die linken Bündnisse mit Podemos oder Izquierda Unida in Spanien und – das wird oft vergessen – SYRIZA in Griechenland. Denn auch SYRIZA ist eine Partei, die sich aus vielen Organisationen gebildet hat.

Ich bin nicht Mitglied in DIE LINKE. Ich war 46 Jahre Mitglied der DKP, bin dort vor 1 ½ Jahren ausgetreten und seitdem nicht mehr Mitglied einer Partei.

Das oft genutzte Wort "Parteilos" trifft auf mich jedoch nicht zu. Kommunist*in sein hat nichts mit dem Eintritt oder Austritt aus einer Organisation zu tun hat.

Es hat mit dem Ziel zu tun, mit dem Ziel der Veränderung zu einer Gesellschaft ohne Ausbeutung, ohne Krieg, ohne Rassismus! Eine Welt in der der Mensch zählt und nicht der Profit!

Und es hat mit damit zu tun, organisiert, gemeinsam zu kämpfen – dafür gibt es auch außerhalb von Parteien viele Möglichkeiten.

Ich beziehe Position, nehme Partei, und kämpfe parteiisch für Veränderungen.

Die ersten Schritte sind eine sozial gerechte, friedliche, ökologische, feministische und antirassistische Gesellschaft zu erkämpfen. Dazu müssen wir die Menschen erreichen, die gemeinsam dafür aktiv werden.

Ich war 2014 Mitgründerin des Vereins marxistische linke. Wir wollen über Partei- und Organisationsgrenzen hinweg zur politischen Willensbildung und einem stärkeren Einfluss marxistischen Denkens beitragen.

Mit demokratischen und alternativen Linken in Deutschland und auf internationaler Ebene wollen wir politisches Handeln entwickeln, auch über linke Kräfte hinaus Menschen im Widerstand gegen die neoliberale Politik bündeln.

In dem Thesenpapier zur internationalen Politik sagt die marxistische linke:
"Die neoliberale Globalisierung hat zu immer größeren Spaltungen sowohl zwischen wie auch innerhalb der Länder geführt. Aus diesen Spaltungen resultieren Chauvinismus, Gewalt und Konflikte – bis hin zu Kriegen."

Wir kämpfen für den Frieden, aber wir sagen dabei: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg.

Die Europäische Union wird uns als Friedensprojekt verkauft. Doch die Realität zeigt, dass sie genau das Gegenteil von Friedenspolitik macht. Fast 50 Milliarden Euro im nächsten Haushalt für Rüstungsproduktion, -entwicklung und -forschung, für Aufrüstung und Militarisierung sind deutlich. 6,5 Milliarden gibt es für die Infrastruktur hinzu, um noch mehr Panzertransporte Richtung Osten zu ermöglichen.

Sage und schreibe 33 Milliarden Euro sind für Frontex, für die Abschottung gegen Flüchtlinge vorgesehen. Das Geld sollte lieber zur Rettung Geflüchteter aus dem Mittelmeer eingesetzt werden.

Insgesamt fast 100 Milliarden Euro der EU für Abschottung und Krieg. Das hat mit Frieden und Friedenspolitik nichts zu tun.

Im September 2018 hat die marxistische linke einen Partnerschaftsvertrag mit der Partei der Europäischen Linken geschlossen. Wir wollen gemeinsam mit anderen linken Organisationen in Europa gegen die neoliberale Politik der EU kämpfen.

Soziale Absicherungen, eine stärkere Kontrolle der Finanzmärkte, eine solidarische Migrationspolitik und die Ablehnung der Militarisierung Europas sind einige wichtige Punkte, für die nicht getrennt, sondern über Grenzen hinweg der Kampf geführt werden muss.

Die Partei der Europäischen Linken (EL) hat Violeta Tomic von der slowenischen Linkspartei "Levica" und Nico Cue, bis 2018 Generalsekretär der wallonisch- Brüsseler Metallarbeiter des Allgemeinen Belgischen Gewerkschaftsbundes (WBM-FGTB) als Spitzenkandidat*innen für die Europawahlen gewählt und sich eine gemeinsame Wahlplattform gegeben.

In dieser wird der Widerstand gegen die Aufrüstungspolitik, gegen die Militarisierung der EU hervorgehoben.
Festgestellt wird "Die Linke muss entschlossene Widersacherin und politische Alternative zum Nationalismus und Rassismus der extremen Rechten, wie auch zur neoliberalen Politik werden."
und
"Ein sozial und ökologisch nachhaltiges, demokratisches und feministisches Europa, das auf Solidarität basiert, kann nicht mit den aktuellen Verträgen der Europäischen Union errichtet werden."

Diese Forderungen der Europäischen Linken, linker Parteien und Organisationen in den Mitgliedsländern der EU, wie auch linker Kräfte in ganz Europa, werden nur umgesetzt werden können, wenn es perspektivisch eine gesellschaftliche Basis für linke Regierungen in den einzelnen Staaten wie auch linke Mehrheiten im EU–Parlament gibt.

Gemeinsamkeiten unter linken Kräften gibt es viele.

Doch wir müssen lernen uns noch mehr zu verbinden, gemeinsam diskutieren und aktiv werden. Wir müssen lernen die Mehrheitsfrage zu stellen. Auch bei Wahlen. Dazu braucht es eine organisierte Arbeit an gemeinsamen Programmen und Projekten.

Deshalb habe ich die Einladung zur Rede hier angenommen und spreche über den Wahlkampf der Linken in Italien, die Europäische Linke und die marxistische linke!

Weil ich den gemeinsamen Kampf und das gemeinsame Antreten linker Kräfte und Parteien zu einer Wahl für immer dringender und wichtiger halte!

Und weil uns linke Kräfte nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern spätestens bei dieser Wahl interessieren sollten! Weil wir von ihnen lernen können.

EPW2019 Plakat DIE LINKE 1Nur wenn in das europäische Parlament eine starke linke Fraktion einzieht, kann das Ziel eines solidarischen, sozialen, ökologischen, emanzipatorischen und friedlichen Europas erreicht werden.

Die marxistische linke hat Mitglieder von DIE LINKE, der DKP, Bündnis90/Grüne, SPD, attac, viele Gewerkschafter*innen, Naturfreunde, junge und alte Marxist*innen organisiert. Aufgrund dieser breiten politischen Zusammensetzung machen wir als Organisation keinen Wahlaufruf für eine Partei.

Die einzelnen Mitglieder können ihre Position natürlich deutlich machen.

Mit meinem Beitrag hier möchte ich die linke Wahlalternative aus Schleswig-Holstein, Marianne Kolter, die für DIE LINKE kandidiert, unterstützen.


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