Der Kommentar

Paris_120113_kerem14.01.2013: Sie waren Kurdinnen, sie waren Frauen, sie waren Sozialistinnen, sie waren Alevitinnen. Und sie waren für ihre Rechte aktiv. Jede einzige Eigenschaft ein Grund in die Zielscheibe des türkischen Staates zu rücken. Sakine Cansiz „Sara“, Fidan Dogan „Rojbin“, Leyla Söylemez „Ronahi“ wurden vor einer Woche durch jeweils drei bis vier Kopfschüsse hingerichtet. Von wem, ist noch nicht geklärt, aber dass der türkische Staat seine Finger im Spiel hat, ist mehr als wahrscheinlich. Die 90er Jahre, in denen mehr als  15.000 Menschen in der Türkei „verschwanden“ oder ermordet aufgefunden wurden, sind nicht vergessen. Eine Beteiligung der Strukturen des Staates im Staat, des sogenannten „Tiefen Staates“ wurden in den darauffolgenden Jahren nach und nach aufgedeckt, die Täter sind zum großen Teil bis heute nicht verurteilt. Wer jetzt versucht die Schuld auf unkontrollierbare Netzwerke innerhalb des türkischen Staates zu schieben, verkennt eines: Auch der „Tiefe Staat“ ist im Endeffekt der Staat und deshalb ist die AKP-Regierung hier in die Verantwortung zu nehmen.

Eine erste, eine würdige Antwort auf den Tod der drei Rosen in Paris wurde bereits drei Tage später gegeben. 100.000 Menschen demonstrierten friedlich im Andenken an die drei Frauen in Paris. Und es waren nicht nur Kurden sondern auch Palästinenser, Tamilen, Südafrikaner, Franzosen, Türken und viele andere Menschen unterschiedlichster Herkunft und Religion. Denn dieses Attentat hat nicht nur die kurdischen Bewegung getroffen, sondern die fortschrittlichen Menschen und die kämpfenden Frauen auf der ganzen Welt.

Gülten Kisanak, die Co-Vorsitzende der kurdischen linken Partei für Frieden und Demokratie, BDP,  benannte den Anschlag auf der Abschlusskundgebung als das was er war: Ein Versuch die frisch aufgenommenen Friedensgespräche zwischen der kurdischen Freiheitsbewegung und dem türkischen Staat zu sabotieren.

Zu sehr verdienen, vor allem auch deutsche Rüstungskonzerne an den Waffenkäufen der Türkei und zu wenig sind die USA an einem gerechten Frieden im Nahen Osten und einer Lösung der kurdischen Frage interessiert. Dass die Vereinigten Staaten auch die jetzt ermordete PKK-Mitbegründerin Sakine Cansiz im Fadenkreuz hatten, machen durch Wikileaks veröffentlichte Geheim-Dokumente des damaligen US-Botschafters in der Türkei Ross Wilson aus dem Jahr 2007 deutlich. In einem Schreiben bezeichnet er sie als wichtiges Ziel in Europa gegen das „Schritte unternommen werden müssen“. Eine Beteiligung der US-Geheimdienste an den Morden ist somit auch nicht ausgeschlossen.

Das beste Gedenken an die drei gefallenen Frauen wäre es, die erst in Ansätzen begonnenen Friedensgespräche auf gleicher Augenhöhe fortzuführen. Dafür aber muss Frankreich und auch die Türkei alles in Bewegung setzen um die Wahrheit der Morde ans Licht zu bringen

Text: Kerem Schamberger  Foto: DKP nimmt an der Gedenkdemonstration in Paris teil