Der Kommentar

volker metzroth PT20 229406.06.2013: Hätte es noch eines Exempels dafür bedurft, dass Kapital mit entsprechendem Profit kühn wird, es wäre jetzt bei Burger King statuiert worden. Genauer gesagt in 91 Filialen mit 3 100 Beschäftigten, die der Multi an den Franchise-Nehmer Yi-Ko Holding verkauft hat. Dahinter stehen ein Ergün Yildiz aus Stade und ein Alexander Kobolov, der in Russland ein Netz von Burger-King-Filialen besitzt. Laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) stehen jetzt „alle Signale auf Sturm. Der neue geschäftsführende Gesellschafter Ergün Yildiz versucht offensichtlich, die Betriebsratsstrukturen zu zerschlagen“.

 

Laut NGG und Medien sollen u. a. alle Betriebsvereinbarungen einseitig gekündigt, die Dienstpläne nicht mehr von Betriebsräten kontrolliert und die Arbeitszeit für Betriebsratssitzungen nicht mehr bezahlt werden. Man könnte meinen, dass hier zwei durchgeknallte Kapitalisten türkische oder postsozialistische russische Verhältnisse in Deutschland einführen wollen. Legal, illegal, scheißegal, Hauptsache Profit.

Aber das griffe viel zu kurz, ist doch die Systemgastronomie großteils eine der Domänen prekärer Arbeit und Missachtung der Beschäftigtenrechte. Hartz IV ist eines der Mittel, das Menschen zwingt, dort zu arbeiten. Mit einigem Erfolg wehren sich aber immer mehr Beschäftigte mit der Gewerkschaft NGG, „gründen“ z. B. Betriebsräte. Vielfach gegen Zuckerbrot und Peitsche, Bestechungsversuche und Mobbing bis hin zur Schließung ganzer Filialen. Die NGG kündigt hier jetzt juristische Schritte an, an der Rechtswidrigkeit des o. g. Vorgehens zweifelt niemand ernsthaft. Aber solche Verfahren können Jahre dauern, Jahre, in denen einzelne AktivistInnen Druck und Mobbing ausgesetzt sein können, dem nicht jede(r) gewachsen sein mag.

Wo kleine Belegschaften nur begrenzt Gegendruck aufbauen können, wo aber die öffentliche Meinung Kaufentscheidungen mitprägt, da ist öffentliche Solidarität eine Hilfe. Die Liste der 91 Filialen liegt vor. Proteste nutzen aber vor jeder Burger- King-Bude. Schließlich kann ein Franchise-Geber, der ansonsten alles zu 100 Prozent vorschreibt, vom Warenangebot über die Ausstattung bis zur Arbeitskleidung, nicht so tun, als könne er keinen Einfluss auf die Einhaltung von Gesetzen nehmen. Auch wenn viele die Antwort kennen, ist gerade in Wahlkampfzeiten zu fragen, warum z. B. einem Hartz-IV-Opfer, das mehrfach beim Schwarzfahren erwischt wird, Knast droht, Kapitalisten aber ohne ernstlich Konsequenzen zu befürchten das Betriebsverfassungsgesetz und andere missachten können. Und noch ’ne Frage ist zu stellen: Warum sollen sich arbeitende Menschen mit einem System abfinden, in dem Kapitalisten glauben, mit einem Federstrich beseitigen zu dürfen, was an sozialem Fortschritt und Rechten von Belegschaften und Gewerkschaften mühsam erkämpft wurde?

Gastkolumne von Volker Metzroth (UZ vom 07.06.2013)

Anhang: Liste der von Yi-Ko übernommenen Burger-King-Restaurants (Quelle: NGG)