Der Kommentar

05.01.2016: Zum Thema Köln und massenweise Sexualdelikte ein kleines Medienkompetenztraining oder: Wie man nicht berichten sollte (Dass tatsächlich stattgefundene Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eben solche sind und entsprechend verfolgt werden sollten, ist hoffentlich klar). Von Stefan Butz, freier Jornalist, Bad Kreuznach.

 


Was in der Silvesternacht in Köln tatsächlich geschah, darüber gibt es bisher nur vage Hinweise. Im Fokus der Berichterstattung standen bisher vor allem die sexuelle Übergriffe im Fokus. Dass diese im Zusammenhang mit Diebstählen gesehen werden müssten, darauf weist netz-gegen-nazis.de in einem Beitrag hin. "Inzwischen geht die Polizei von rund hundert Tatverdächtigen aus, die aus krimineller Diebstahl-Motivation handelten und gezielt und strategisch vorgingen", heißt es. Das gezielte Ablenken und Belästigen der Frauen solle demnach vordergründig dazu gedient haben, von der eigentlich Tat - dem Diebstahl von Wertgegenständen - abzulenken. In vielen Medien werden die Vorfälle genutzt, um rassistische Ressentiments zu schüren.


Wie man nicht berichten sollte, das macht die WAZ vor.

Die Polizei spricht laut WAZ von nordafrikanisch oder arabisch aussehenden Menschen zwischen 15 und 35 Jahren. Es könnten selbstverständlich auch Griechen, Italiener, Spanier, Roma, Albaner, Rumänen, Türken, Mexikaner, Puerto Ricaner etc. gewesen sein. Oder Deutsche, die es ja Gerüchten zufolge auch nicht nur in der Modellausführung käseweiß geben soll.

Diese Menschen haben eine große Gruppe gebildet, deren Anwesenheit allem Anschein nach erst dann auffiel, als Teile dieser Gruppe in Untergruppen begannen, Straftaten zu begehen. Klingt unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass die Anwesenheit einer Handvolll schwarz gekleideter Menschen von der Polizei auch schon mal als Anwesenheit eines schwarzen Blocks beschrieben wird. Dann fallen Gruppen auf, bei Gruppen anderer Größenordnung (andere Publikationen nennen übrigens z.B. 400 als Zahl) mit ja laut WAZ zwei einenden Merkmalen (Aussehen, Jugend) nicht?

Aus der Großgruppe haben sich Untergruppen gebildet, die gemeinsam Straftaten begingen. Ist bekannt, wie viele Untergruppen dies waren? Aus wie vielen Menschen die jeweiligen Untergruppen oder die Untergruppen geschätzt jeweils bestanden? Zu lesen steht im WAZ-Text davon nichts.

Die Polizei ist vor Ort, merkt aber laut WAZ nichts von sexuellen Übergriffen und einer Vergewaltigung im öffentlichen Raum? Wow. Selbst nicht bei der Zivilpolizistin, der „in die Hose gefasst“ wurde, oder wie? Herrschaften, da ist aber die Kölner Polizei ganz schön mit Blindheit geschlagen.

Dann wird’s endlich mal konkret im WAZ-Artikel: 60 Anzeigen gab es bis heute. Darunter auch eine unbekannte Anzahl von Diebstählen.Klingt nach viel, dürfte aber in der Silvesternacht rund um den Hauptbahnhof nicht so viel sein. Neben dem Bahnhofsvorplatz gehört meist auch die Domplatte zum Areal „rund um den Hauptbahnhof“ Des Kölners liebster „Hier zeige ich mich jetzt“-Ort. Das Areal dürfte in der Silvesternacht voller Menschen gewesen sein.

Aus diesen 60 Anzeigen, zu einem unbekannten Teil auch wegen Diebstählen, schließt die Polizei, dass es weitere Opfer gibt. In der WAZ liest sich das so, als ob es um Sexualdelikte ginge, nicht etwa um weitere Diebstähle. Wieso die GdP von einer „neuen Dimension der Gewalt“ spricht, bleibt ebenfalls unklar. Diebstähle in großen Menschenmengen scheint sie ja nun nicht zu meinen.

Huch: Die in Gruppen vorgehenden Täter waren anscheinend betrunken (oder in Polizeisprech: stark alkoholisiert). Das erschwert zumindest ein korrdiniertes Vorgehen - ob einzeln oder in der Gruppe. Denn wenn ein Mensch betrunken ist, kann er zwar sehr aggressiv und leider auch sexuell übergriffig oder schlimmeres werden, ist aber auch leicht in der Öffentlichkeit als betrunkener Störer auszumachen. Aber der Polizei fiel das ja (siehe oben) nicht auf …

Und dann kommt der berühmte rechtsfreie Raum. Bisher war das ja immer das Internet, nun ist’s auf einmal Köln - laut OB Reker. Gegenmaßnahme: Mehr Videoüberwachung. Klingt gut, nicht? Aber stopp: Die Kölner Polizei war laut WAZ mit viel Personal vor Ort, bemerkte aber nichts. Da soll der Kollege, der bald ein paar Bildschirme mehr zu überwachen hat, mehr bemerken? Erstaunliche Wandlung.

NRW-Innenminister Jäger weiß allem Anschein nach mehr als die Polizei: Für in ist klar, das es Nordafrikaner waren. Vielleicht kann er ja die arabischen Dialekte, die in Nordafrika gesprochen werden, von denen aus Syrien, dem Irak oder Saudi-Arabien unterscheiden. Vielleicht hat in auch die WAZ verkürzt wiedergegeben. Mer waaß es net, mer munkelt nur.

Die Forderung, dass die Polizei „konsequent ermittelt“ ist heiße Luft. Was soll sie denn sonst machen? Inkonsequent ermitteln? Besonder schön: Die Beamten sollen „zur Abschreckung Präsenz zeigen“. Äh, die haben doch Präsenz gezeigt. Hat aber keinen abgeschreckt.

Und hups - im Schlussabsatz wird klar: Überwachungskameras gibt es längst rund um den Hauptbahnhof. Hätte mich auch gewundert …

Und dann der Knaller: Am Sonntag (!Silvester war die Nacht von Donnerstag auf Freitag) hat die Polizei fünf (!) Männer festgenommen (kein Hinweis auf Nordafrika, Arabien oder sonst irgendein Herkunftsland oder eine Herkunftsregion), die Frauen bedrängt und Reisende bestohlen haben sollen. Fünf. Keine 500.

Die Fakten laut WAZ: Es gibt über 60 Anzeigen aus der Silvesternacht wegen Diebstählen und Sexualdelikten. Die Sexualdelikte waren laut Polizei massiv. Auch eine Vergewaltigung nehmen die Beamten auf. Dies geschah bei einer Silvesterfeier auf einem der zu dieser Zeit wohl belebtesten Areale Kölns. Fünf Menschen wurden wegen eben dieser Vorwürfe zwei Tage später, am Sonntag, festgenommen. Alles andere: Spekulation, Hörensagen, Vermutungen.

Journalismus geht anders.

Sollten sich die Vermutungen der WAZ als wahr heraus stellen (warum sie ihre Quellen dann nicht deutlich machte, wird dann auf ewig ihr Geheimnis bleiben) und wirklich 1.000 Nordafrikaner gemeinschaftlich Sexualdelikte an Frauen begangen haben, lautet die Konsequenz übrigens: Ab vor Gericht mit ihnen. Sonst nix.

Stefan Butz, freier Jornalist, Bad Kreuznach


 

siehe auch auf Netzt gegen Nazis:

Silvesternacht in Köln: Organisiertes Verbrechen, nicht enthemmte Flüchtlinge

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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