Meinungen

Athen_Febr_2012_KKE_2949190407.06.2012: Die DKP hat der griechischen Kommunistischen Partei zu ihrem Wahlerfolg bei den letzten Wahlen gratuliert. In dem Schreiben heißt es: "Das Ergebnis für die Kommunistische Partei in Griechenland zeigt die tiefe Verankerung der Kommunistinnen und Kommunisten insbesondere in der Arbeiterklasse des Landes. Seit vielen Jahren kämpft die KKE gemeinsam mit den ihr verbundenen Organisationen für eine Stärkung der kommunistischen Bewegung und mit ihnen für die Interessen der Arbeiterklasse. Gerade in den Zeiten der weltweiten Krise mit den Maßnahmen der Europäischen Union, die sich gegen die Bevölkerungen Europas richten, ist der gemeinsame Widerstand notwendig. KKE und PAME leisteten gemeinsam mit anderen Kräften Widerstand gegen das Diktat der Konzerne und ihrer politischen Vertretung in Brüssel. Diese Signale des Kampfes werden auch international wahrgenommen. Wir wünschen weiterhin Kraft und erfolgreiche Kämpfe.“

Die DKP hat eine Stellungnahme von kommunistischen Parteien der Benelux-Länder mit dem Titel "Solidarität mit dem griechischen Volk" (1) nicht unterschrieben. Ich finde das richtig, weil hier mit der Unterschrift eine uneingeschränkte und unkritische Zustimmung zur Politik der KKE eingefordert wird. Zu einer Politik, die in ihren wesentlichen Aussagen zur Aktionseinheit und zur Bündnispolitik zumindest in einem Spannungsverhältnis zur Programmatik der DKP steht. Die Entschließung ist weder auf der Seite von Solidnet zu finden, noch auf den Seiten der unterzeichnenden KPs. Veröffentlicht wurde sie auf der Seite RedGlobe.

Die KKE will sich an einem linken Regierungsbündnis nicht beteiligen. Auch ihre Ankündigung, eine linke Regierung zu bekämpfen, ist eine politische Entscheidung, für die eine Partei selbst verantwortlich ist. Problematisch wird es aber, wenn die KKE generell linke Regierungen im Rahmen eines kapitalistischen Staates ablehnt und dies auch noch zur Doktrin aller kommunistischen Parteien erheben will. So hat die KKE auf der Internationalen Konferenz in Brüssel erklärt:

"Wir müssen vor allem eine Front aufbauen gegen so genannten 'Linke Regierungen', gegen die Illusionen, dass es eine Regierung geben kann innerhalb des Kapitalismus und der Strategie der EU, die innerhalb des Systems eine Politik im Interesse der Menschen entwickeln kann. Das ist ein Mythos, der durch historische Erfahrung widerlegt worden ist und die Kommunisten haben die Verpflichtung, zusätzlich zu ihrer Nicht-Teilnahme an einer solchen Regierung, sie in entscheidender Weise zu bekämpfen."(2)

Ähnlich hat sich im letzten Jahr die Generalsekräterin der KKE, Aleka Papariga; vor dem kommunistischen Jugendverband KNE geäußert: (3) "Die Generalsekretärin des ZK der KKE verwies auf die Dead-End-Vorschläge, eingereicht von den opportunistischen Kräfte in Griechenland, die von 'progressiven und linken Regierungen' sprechen, und die sich vorstellen, dass sie die Reduzierung der Schulden verhandeln und die Vereinbarung beeinflussen können, ohne Monopolbesitz und das kapitalistische System abzuschaffen. Und sie fragte: "Können die Befürworter einer solchen Regierung uns sagen, in welchem Land es eine solche politische Alternative gegeben hat und ob es letztendlich geschafft worden ist, zu überleben und es keinen Rückschlag gegeben hat."

Aleka Papariga erwähnte die historischen Beispiele der Regierungen "der Nelken-Revolution in Portugal", des heroischen Idealisten Allende in Chile, der sandinistischen Regierung Nicaraguas und stellt fest, dass diese Regierungen entstanden sind "in einer Zeit, als das internationale Kräfteverhältnis viel besser war, verglichen mit der heutige Situation."

In in der Erklärung der KKE "Zwischen den Kämpfen" (4) heißt es: "Wie die Geschichte gezeigt hat, haben die Reformen, der Kampf für eine Verbesserung des kapitalistischen Systems, für die Entschärfung der extremen volksfeindlichen Maßnahmen, d.h. dort wo die opportunistischen-sozialdemokratischen Kräfte ansetzen, niemals und nirgendwo zu einem Umsturz des Kapitalismus geführt. Im Gegenteil. Oft haben sie zur Erstarkung des Kapitalismus geführt durch das Entstehen von Illusionen, dass der Kapitalismus humanisiert werden könne."

Die DKP hat bis jetzt andere programmatische Positionen. Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit anderen linken Kräften. Als griechische Kommunisten, die in Deutschland leben und arbeiten, gefragt wurden, ob sie sich an einem Aktionstag gegen den Sozialabbau beteiligen würden, begründeten sie die Absage wie folgt:

"Eine Beteiligung von Vertretern an Bündnissen bzw. an Veranstaltungen, an denen Vertreter der Partei 'Die Linke' teilnehmen, ist nicht möglich. Ein gemeinsames Auftreten mit Vertretern dieser Partei stiftet unseres Erachtens Verwirrung über mögliche politische und ideologische Gemeinsamkeiten. Die Partei 'Die Linke' bewegt sich innerhalb der opportunistischen Logik der Verwaltung des Kapitalismus, erklärt bei jeder Gelegenheit ihre Treue an den Prinzipien der imperialistischen EU und desorientiert die arbeitenden Menschen, dass mit einigen institutionellen Systemveränderungen Gerechtigkeit und Wohlstand für die Arbeiterklasse und die armen Volksschichten durchzusetzen sind."

Mit dieser Konsequenz lehnt die KKE auch jegliche Zusammenarbeit mit der Partei SYRIZA ab. Die programmatische Grundlage dafür ist eine Feststellung der KKE auf der Internationalen Konferenz in Brüssel (2): "Die Auflösung des Haupt-Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit ist auf die Tagesordnung gesetzt worden … Wir definieren den Charakter der bevorstehenden Revolution in Griechenland als sozialistisch. Die Ära der bürgerlich-demokratischen Revolutionen ist endgültig vorbei." In dem Dokument "Der politische Vorschlag der KKE für den Ausweg aus der kapitalistischen Krise" (5) wird festgestellt; "dass es unter den Bedingungen des Monopolkapitalismus kein gesellschaftliches System zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt, dass es kein Zwischenstadium einer strategischen Option gibt."

Aus dieser Einschätzung heraus sind alle Kräfte, die nur kapitalismus-kritisch sind, die heute nicht für den "Umsturz der kapitalistischen Barbarei" sind, keine Partner, sondern Gegner. Das entspricht übrigens auch der Aussage in dem Papier der 84er (6) : "Wer wie die meisten führenden Gewerkschafter, die Spitze der SPD und große Teile der Führung der Linkspartei die Diktatur des Kapitals, den bürgerlichen Staat, akzeptiert, wird Illusionen schüren und Kämpfe lähmen."

Die KKE fordert "die Herausbildung einer einheitlichen Strategie der internationalen kommunistischen Bewegung gegen die kapitalistische Krise, gegen das kapitalistische System und für den Ausweg daraus." (5) Und sie ist selbstbewusst genug, ihre Strategie als die einzig richtige und allgemeingültige anzusehen. In der Entschliessung (1) der drei Parteien heißt es: "Die KKE kämpft für die Entwicklung des Klassenkampfes, für die Förderung des Klassenbewußtseins der Arbeiter. Sie entlarvt die verräterische Propaganda, mit der die Parteien der griechischen und der europäischen Bourgeoisie das griechische Volk dazu bringen wollen, eine unmenschliche Austeritätspolitik zu akzeptieren." Diese Formulierung ist bewusst gewählt.

Das bedeutet die Anerkennung der Politik der KKE und die Absage an die Programmatik der DKP. Das kann man nicht durch die Hintertür einer Unterzeichnung einer Entschliessung erreichen. Darüber wird der Parteitag im März 2013 zu befinden haben. Die politische Analyse der KKE hat in der DKP viele Anhänger, die jetzt schon versuchen, die Mehrheit der Delegierten für diese Politik zu organisieren. Aber die Diskussion muss öffentlich in der gesamten DKP geführt werden.

Die DKP geht von dem Grundsatz aus, dass jede kommunistische Partei ihre Politik selbstständig erarbeitet. Sie trägt hierfür die Verantwortung vor der eigenen Arbeiterklasse und Gesellschaft und zugleich vor den Werktätigen aller Länder. Für die Entwicklung einer wirksamen Zusammenarbeit der kommunistischen und linken Kräfte auf internationaler Ebene kann es nach Überzeugung der DKP kein Führungszentrum mehr geben. Die DKP tritt für eine gleichberechtigte, partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Beteiligten ein. Gemeinsame Positionen können nur in einem Diskussionsprozess erarbeitet werden, in dem die politischen Motive, die ideologischen Positionen, die historischen Erfahrungen und die organisatorische Selbstständigkeit aller Beteiligten respektiert werden.

Also eröffnen wir die Diskussion.

Michael Maercks

Quellen:
(1) Stellungnahme der Kommunistischen Parteien der Benelux-Länder
(2) Rede des Vertreters der KKE auf der Internationalen Konferenz in Brüssel
(3) Aleka Papariga vor dem kommunistischen Jugendverband KNE
(4) Zwischen zwei schwierigen Kämpfen
(5) Der politische Vorschlag der KKE für den Ausweg aus der kapitalistischen Krise
(6) Papier der 84er