Meinungen

Von Andreas Hallbauer, Mitglied der Partei DIE LINKE, erhielten wir folgenden Beitrag:

  1. Angesichts der Zuspitzung der innerkapitalistischen Widersprüche und der vorgetragenen Offensive der Herrschenden an vielen Fronten ist es an der Zeit, dass die Linkspartei Schritte für eine linke Gegenoffensive in die Wege leitet. Diese Gegenoffensive sollte auf drei Ebenen ansetzen: national, regional und global.
  2. Auf nationaler Ebene sollte die Linkspartei daran gehen, einerseits ihr eigenes Lager konsequenter als bisher zu formieren und andererseits die Auseinandersetzung insbesondere mit der SPD über die Perspektiven einer progressiven Politik zu forcieren.
  • Zur Formierung ihres eigenen oppositionellen Lagers sollte die Linkspartei eine Idee Konstantin Weckers aufgreifen und alsbald, etwa im Herbst diesen Jahres einen „bundesweiten Ratschlag der gesellschaftlichen Opposition“ initiieren, wo Vertreter von Gewerkschaften, zumindest deren progressiver Teil, von außerparlamentarischen Sozial- und Umweltbewegungen, der Friedensbewegung, von kritischer Intelligenz und vom jeweils linken Flügel der SPD und der Grünen gemeinsam über Forderungen und Aktivitäten auf wichtigen Feldern der Gesellschaftspolitik beraten um sich nach Möglichkeit abzustimmen. Ein solcher Ratschlag sollte keine Eintagsfliege sein, sondern regelmäßig, etwa einmal im Jahr und jeweils nach Bedarf statt finden.
  • Die Grünen aber vor allen Dingen die SPD sind gegenwärtig auf keinem einzigen Politikfeld für die Linkspartei kooperationsfähig. Das gilt erst Recht für eine gemeinsame Regierungsbildung. R2g ist deshalb gegenwärtig nicht mehr als eine Schimäre. Im Gegenteil rückt die SPD unter Gabriel z.Zt. weit nach rechts, was sich gegenwärtig insbesondere an ihrer Griechenlandpolitik fest macht. Um die Widersprüche in der SPD voran zu treiben und mit der Politik der SPD-Führung unzufriedenen Sozialdemokraten eine Orientierung auch für deren eigene Auseinandersetzung zu bieten, sollte die Linkspartei einen „Offenen Brief an die Mitglieder und die Führung der SPD“ richten, wo sie diese auffordert zumindest wieder auf klassische sozialdemokratische Positionen zurückzukehren, insbesondere in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, einer friedlichen Außenpolitik, einer progressiven Europapolitik, speziell gegenüber Griechenland, sowie sich in der Umweltpolitik den anstehenden Herausforderungen zu stellen, da ohne diese Kurskorrekturen eine Kooperation mit der Linkspartei, erst recht eine gemeinsame Regierung auf Bundesebene nicht möglich ist. Dieser „Offene Brief“ sollte massenhaft in einer entsprechenden Kampagne bundesweit auf Straßen und Plätzen verteilt werden. All zu lange sollte damit aber nicht gewartet werden, will die Linkspartei noch maximalen Einfluss auf die Diskussionen in der SPD nehmen, weil die SPD im Oktober einen Zukunftskongress und im Dezember einen Parteitag durchführen wird, wo sie die Grundsätze ihrer weiteren Politik diskutieren und festlegen will. Vielleicht stellt sich ja aber auch heraus, dass Alain Badiou recht hat, dass die Sozialdemokratie inzwischen nicht mehr ist als „Manager des globalen Kapitalismus“. Dann müsste in der Tat völlig neu und grundsätzlicher über das Verhältnis zur SPD nachgedacht werden.
  • Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Verschärfung der Griechenland-Krise ist es langsam an der Zeit, dass die Linke europaweit mit Aktivitäten zur Griechenland-Solidarität in die Gänge kommt ! Bisher läuft da außer papierenen Erklärungen relativ wenig - zu wenig ! Deshalb sollten sich unsere Vertreter in den Gremien der europäischen Linkspartei für folgenden Vorschlag stark machen : Die europäische Linkspartei stellt eine europaweite Kampagne für die Solidarität mit Griechenland gegen die Austeritätspolitik in Europa auf die Beine. Konkret sollte diese Kampagne folgendermaßen gestaltet werden: Die europäische Linkspartei initiiert mit Hilfe des formellen  Instrumentes einer "europäischen Bürgerinitiative" - ein Instrument, mit dem auch schon erfolgreich viele Unterschriften gegen TTIP gesammelt wurden - eine Kampagne für einen europaweiten Schuldenerlass und ein europaweites Zukunftsinvestitionsprogramm, einen "europäischen "New Deal", wie ihn etwa auch der DGB fordert, sowie Umverteilung von Reichtum, etwa eine EU-weit koordinierte Vermögensabgabe für Millionäre. Das würde Griechenland aber auch allen anderen prekären Regionen, sowie selbst den Kernländern Europas zu gute kommen. Dies wäre ein erster Schritt hin zur Realisierung der Forderung des PV der Linkspartei in seimem Beschluss vom 4.7.2015, dass die europäischen Völker direkten Einfluß auf die Poltik in Europa nehmen können müssen: „Für Europa und für die Demokratie ist es überlebenswichtig, dass zentrale Fragen wieder in den Mittelpunkt der kollektiven, demokratischen Entscheidungen gestellt werden. Nirgendwo in der Europäischen Union hat die Bevölkerung über Austeritätspolitik abstimmen können, nicht in Irland, Portugal, Spanien und bisher auch nicht in Griechenland. Wir treten dafür ein, dass die Bevölkerungen in allen europäischen Ländern das Recht haben, über diese Fragen zu entscheiden und die Voraussetzungen für europaweite Volksabstimmungen geschaffen werden.“
  • Darüber hinaus sollte  die Linkspartei zunächst intern, insbesondere natürlich auch in Diskussionen mit Vertretern von Syriza, die Entwicklung eines Planes B für Griechenland unterstützen, der so wohl bisher nicht existiert. Dabei sollten insbesondere natürlich verschiedene Konzepte zum Wiederaufbau der griechischen Ökonomie, geprüft werden, wo bisher wenig vorliegt, etwa den Ausbau regenerativer Energie (Sonne und Wind), den Aufschluss von Gasfeldern im griechischen Einflußbereich, den Ausbau des Tourismussektors, die Wiederbelebung von Landwirtschaft usw., Dabei sollten auch Überlegungen zur einseitigen Schuldenstreichung seitens Griechenlands bei Beibehaltung des Euro, aber auch Varianten des Grexits in Erwägung gezogen  werden.
  • Die Klimakrise, zusammenbrechende Staaten („failing states“) in vielen Regionen der Welt, die Zunahme von Armut, die Ausbreitung von Kriegsbrandherden weltweit machen deutlich, dass sich auch global die Widersprüche des kapitalistischen Systems zuspitzen. Getrieben von den Folgen dieser Krise landen aktuell viele Menschen als Flüchtlinge auch an den Grenzen Europas. Dies sollte die Linkspartei zum Anlass nehmen, sich für einen „Globalen Marshallplans“ einzusetzen, wie ihn etwa Al Gore schon vor einiger Zeit und aktuell jetzt wieder Naomi Klein propagieren.
  • Um einem entsprechenden Einsatz die notwendige Schlagkraft zu verleihen ist es auch notwendig die internationale Kooperation von Parteien links von der Sozialdemokratie zu forcieren und auszubauen. Ist es deshalb nicht an der Zeit zu diesem Zweck wieder den Aufbau einer neuen „Internationale“ in Angriff zu nehmen ?
  • Berlin, im Juli 2015

    Andreas Hallbauer ist Mitglied der Partei DIE LINKE in Berlin und Koordinator des Forums Wirtschafts- und Sozialpolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin.