07.07.2015: Rund 800 Menschen nahmen am 4. Juli in Hannover an einer Demonstration zum Gedenken an Halim Dener teil. Vor 21 Jahren wurde der damals 16-jährige kurdische Flüchtling von einem Polizisten durch einen Schuss in den Rücken getötet. Halim Dener war alleine aus der Türkei geflüchtet, hoffend, dass er in Deutschland sicher vor Folter und Repressalien ist. Doch hier herrschte eine hysterische und medial aufgeheizte Stimmung gegen alle Kurd*innen, Angst vor Terror durch die PPK wurde geschürt. In den hannoverschen Polizeidienststellen gab es Aushänge, auf denen die Polizist*innen dazu aufgefordert wurden, Personenkontrollen von kurdischen Menschen nur mit gezogener Waffe vorzunehmen. Der jugendliche Halim Dener starb, weil er in der Innenstadt am Steintor Plakate mit der verbotenen PKK-Fahne aufklebte. Er starb, weil er hier politisch aktiv war und sich für die Menschen und ihre Rechte in seiner Heimat einsetzt. Der Mord wurde nie aufgeklärt.
Und heute?
„Treppe oder Fahrstuhl?“ Herschelstraße – eine Polizeidienststelle zwischen Steintor und Hauptbahnhof ist berüchtigt für gewalttätiges Vorgehen der Polizei gegen Migrant*innen, Drogenabhängige, Obdachlose und andere nicht ins spießig-hannöversche Stadtbild passende. Menschen, die kaum eine Chance haben, in unserem Rechtsstaat Gerechtigkeit zu erfahren, denen kein/e Richter*in glauben würde, dass sie auf der Wache von Polizist*innen im Fahrstuhl verprügelt wurden oder die Treppe runter getreten wurden. Zeugen? Gibt es nicht. Aufgeflogen sind ähnliche Praktiken in der Dienststelle der Bundespolizei am Hauptbahnhof Hannover, nur wenige Meter von der Herschelstraße entfernt. An Misshandlungen und Demütigungen von Flüchtlingen beteiligte Beamte haben sich an den NDR gewandt. Nun ist öffentlich, was vielen schon lange bekannt war: „Verdächtige“ Dunkelhäutige haben ein hohes Risiko, wenn sie im Hauptbahnhof von der Polizei aufgegriffen werden, geschlagen und misshandelt zu werden und anschließend in einem Außenbezirk „ausgesetzt“ zu werden. Die Kolleg*innen und die Vorgesetzten decken das sadistische und rassistsiche Verhalten ihrer Kollegen, machen höchstens genervt von den Schreien der Opfer ihre Bürotüren zu.
Die Gedenk-Demo zog an diesen beiden Orten vorbei. Ein großes Aufgebot an „Freunden und Helfern“ bewachte die Häuser, die für viele Sinnbild rassistischer Gewalt durch Polizisten sind. Bei 37 Grad konnte diese, in dicken Kampfanzügen vermummt, den Reden der Zwischenkundgebung zuhören.
Am Steintor wurde ein Grußwort von Halim Deners Bruder verlesen, der sich dankbar zeigte, dass die Erinnerung an die Tat vor 21 Jahren weiterhin aufrecht erhalten wird, vor allem, da dies kein Einzelfall war und ist. Ein Redner der Roten Hilfe forderte u.a., dass die Stadt Hannover den Mord an dem 16-Jährigen als Teil der Geschichte der Stadt wahrnehmen solle. Er bekräftigte damit den Wunsch der Veranstalter*innen und Demo-Teilnehmer*innen, am Steintor eine Gedenktafel zu errichten.
Text/Fotos: Inge Scharna