Internationales

Sudan Khartum 2021 11 1315.11.2021: Die Demonstrationen gegen die Streitkräfte, die am 25. Oktober mit einem Staatsstreich die Übergangsregierung abgesetzt haben, halten unvermindert an. Am Samstag gingen im Sudan wieder Hunderttausende auf die Straße. Das Militär feuerte in die Mengen: fünf Tote und viele Verletzte.

 

Im ganzen Sudan demonstrierten am Samstag (13.11.) wieder Hunderttausende auf der Straße, um den langen Protest fortzusetzen, der unmittelbar nach dem Militärputsch vom 25. Oktober begann, mit dem das Militär die vor zwei Jahren gebildete gemischte Übergangsregierung (Zivilisten und Militärs) stürzte. Die Proteste fanden zwei Tage nach der Ankündigung von Militärchef Abdel Fattah al-Burhan statt, einen neuen Regierungsrat zu bilden, der nahezu nur aus Mitgliedern der Streitkräfte besteht. Ausgeschlossen sind die Forces of Freedom and Change (FFC), zu denen auch das Gewerkschaftsbündnis SPA gehört.

Als sich die Demonstrierenden am frühen Nachmittag rund um die Hauptstadt Khartum zu versammeln begannen, versuchten die Sicherheitskräfte schnell, sie zu zerstreuen, indem sie Tränengas und scharfe Schüsse abfeuerten. Sie trieben die Protestierenden in Seitenstraßen, um sie daran zu hindern, zentrale Treffpunkte zu erreichen. Straßen und Brücken zwischen den beiden Städten Khartum und Omdurman auf der anderen Nilseite waren gesperrt. Die Demonstrant*innen zogen sich zurück, verbarrikadierten Straßen und versammelten sich neu.

 

 

Das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte, das der Protestbewegung nahesteht, erklärte, die Demonstrant*innen seien in mehreren Gebieten der Hauptstadt Khartum "exzessiver Repression unter Einsatz aller Arten von Gewalt, einschließlich scharfer Kugeln, ausgesetzt".

Sudan Muzamil 2021 11 13  

Bis zum späten Nachmittag wurden bei der harten Unterdrückung der Proteste fünf Menschen getötet und Dutzende verletzt, überwiegend mit schweren Verletzungen in Brust- und Bauchbereich. Nach Angaben des sudanesischen Ärztekomitees wurden vier Menschen durch Kugeln und einer durch einen Tränengaskanister getötet, die von den Streitkräften zwischen der Hauptstadt Khartum und ihrer Partnerstadt Omdurman abgefeuert wurden. Der Zugang zu Krankenhäusern sei schwierig gewesen, berichten das Ärztekomitee, und die Sicherheitskräfte hätten das Krankenhaus Al Arbaeen in Omdurman gestürmt, medizinisches Personal geschlagen und verletzte Demonstranten festgenommen.

Aus Bahri wurde berichtet, dass das Militär aus geringer Entfernung mit Tränengas und scharfer Munition direkt in die Demonstrationen schoss. Die Demonstrant*innen zogen sich daraufhin in die Wohnviertel zurück. Bahri bildet mit den Städten Khartum und Omdurman eine Dreistadt am Zusammenfluss von Weißem Nil und Blauem Nil.

Sudan Bahri 2021 11 13 1

Auch in Wad Madani, südöstlich von Khartum, wo sich eine große Menschenmenge unter der Losung "Nieder mit der Militärherrschaft" versammelte, wurden die Demonstrierenden mit Tränengas bekämpft. Ebenso in anderen Städten wie Al Gadarif und Kosti.

Sudan Dongola 2021 11 13 Sudan Karima 2021 11 13

 

Die Sudanesische Kommunistische Partei SCP berichtet, dass Menschen in Zivil mit Schusswaffen (Kalaschnikow) wahllos auf wehrlose Zivilist*innen schossen und Scharfschützen auf den Dächern von Gebäuden an zentralen Straßen positioniert waren.

Augenzeugen schätzten die Zahl der Demonstrant*innen in der Umgebung von Khartum auf mehrere zehntausend, in anderen Städten waren es landesweit Hunderttausende. Sie trugen Bilder vom abgesetzten Regierungschef Hamdok, der inzwischen zum Symbol des Widerstands gegen die Militärherrschaft geworden ist, und skandierten Losungen gegen den Putschgeneral Burhan und seinen Stellvertreter Mohamed Hamdan Dagalo, den Kommandeur der paramilitärischen Schnellen Eingreiftruppen.

Seit dem Staatsstreich sind die mobilen Internetdienste im Sudan trotz einer gerichtlichen Anordnung zu ihrer Wiederherstellung weitgehend abgeschaltet, und auch der Telefonempfang ist gestört, was die Bemühungen der Protestbewegung erschwert. Trotz dieser Schwierigkeiten bei der Kommunikation und Koordinierung der Proteste wurde das Ziel erreicht, dass Hunderttausende ihre Ablehnung des Staatsstreichs zum Ausdruck bringen. Die Proteste werden von den lokale Widerstandskomitees organisiert, die es in jeder Stadt und jedem Stadtteil gibt. Diese haben in den letzten Tagen Flugblätter verteilt und organisieren die täglichen kleinere Proteste in der Nachbarschaft.

Der Sudan ist weiterhin im Schwebezustand. Neue Demonstrationen und ein überregionaler Generalstreik sind bereits angekündigt.


mehr zum Thema

Sudan vom Beginn der Proteste über den Sturz von al Bashir bis zur Bildung der Übergangsregierung auf kommunisten.de