Im Interview

Kerem Monitor02.12.2016: Kerem Schamberger nutzt facebook, um über die Situation in Kurdistan und der Türkei aufzuklären. Der Konzern reagiert mit Zensur. Wiederholt wurde sein Profil gesperrt, jetzt für 30 Tage. Florian Wilde sprach mit Kerem Schamberger.

 

Frage: Auf Ihrem Facebook-Profil (https://www.facebook.com/kerem.schamberger?fref=ts) informierten Sie in den vergangenen Monaten zur Situation in Kurdistan und der Türkei. Minutiös haben Sie dort die Unterdrückung der linken und kurdischen Opposition in der Türkei dokumentiert sowie türkische und kurdische Beiträge ins Deutsche übersetzt. Nun wurde Ihr Account in der vorigen Woche gesperrt, und am Dienstag wurde Ihr Zweitprofil gelöscht. Warum?

Kerem: Anscheinend stehe ich auf der Abschussliste von AKP-Trolls und weiteren türkischen Nationalisten und Faschisten. Sie scheinen das Facebook-Profil hundertfach gemeldet zu haben. Irgendwann hat dann mal wieder ein entsprechender Algorithmus gegriffen, und ich wurde gesperrt. Es ist mir schon klar, dass diesen Leuten die Informationen nicht passen, zeigen sie doch die Kriegs- und andere Verbrechen der von ihnen unterstützten AKP sowie jene der Grauen Wölfe und der MHP, die mittlerweile nur noch ein Anhängsel der Erdogan-Diktatur sind.

Frage: Es ist nicht das erste Mal, dass Sie von Sperren auf Facebook betroffen sind?

Kerem: Diese Sperrungen erfolgten nun schon zum vierten Mal. Diese Woche wurde aber auch mein Ersatzprofil von Facebook komplett gelöscht, es besteht keinerlei Zugriff mehr. Mindestens seit 2012 steht Facebook in Kontakt mit der türkischen Regierung und greift bei Kritik durch. Das wurde durch ein Leak eines ehemaligen Mitarbeiters bekannt. Diese Komplizenschaft in Zeiten, in denen die Türkei als faschistoide Diktatur zu bezeichnen ist, ist skandalös. Wie lange es sich Facebook noch wird leisten können, ständig mit einer solchen Regierung in Verbindung gebracht zu werden, ist fraglich.

Frage: Waren Ihre Postings gemäß deutschen Gesetzen illegal?

Kerem: Nein. Wenn dem so wäre, dann hätte ich ja entsprechende Anzeigen von deutschen Staatsanwälten erhalten. Die meisten meiner Postings haben journalistischen Charakter, auch wenn ich mich selbst nicht als Journalist, sondern als politischer Aktivist bezeichne. Aber Facebook scheint schon mit dem Zeigen des Konterfeis des PKK-Gründers, verbunden mit der Parole »Freiheit für Abdullah Öcalan«, Probleme zu haben. Das ist noch nicht mal in Bayern, das sehr repressiv gegen die kurdische Freiheitsbewegung vorgeht, verboten.

Frage: Welche Bedeutung hat Facebook als Plattform für Ihre aufklärerische Arbeit?

Kerem: Eigentlich sollte man sich auf kommerzielle soziale Medien niemals wirklich verlassen. Es sind in Privateigentum befindliche Konzerne, die sich ebenso wie die Energiemonopole oder die Banken nicht demokratisch kontrollieren lassen. Noch dazu scheffeln sie mit dem kostenlosen Inhalt, den wir dort einstellen, eine Menge Kohle durch personalisierte Werbung und den Verkauf von Nutzerdaten. Allerdings erreicht man über Facebook Zehntausende von Menschen, die man sonst nicht erreicht. Es ist also eine Kosten-Nutzen-Abwägung. Solange sich nicht viele Menschen von Facebook als dominierendem Kommunikations- und Informationskanal abwenden, müssen wir es nutzen, um die Wahrheit über die Geschehnisse in der Türkei zu verbreiten.

Frage: Sie sind nicht nur von Zensur durch den Facebook-Konzern betroffen, sondern auch mit einem Berufsverbot an der Universität München konfrontiert (siehe hier). Gibt es in dieser Sache neue Entwicklungen?

Kerem: Vor einigen Tagen hat mir die LMU nun ein Schreiben zukommen lassen, in dem sie einige der Erkenntnisse des Verfassungsschutzes auflistet und mir die Möglichkeit gibt, mich zu äußern. Ich will nicht zu viel dazu sagen, da ich mich noch mit meiner Anwältin besprechen muss, aber vielleicht dies: Die Informationen, die der Verfassungsschutz in fast vier Monaten über mich gesammelt hat, könnte man durch einen Blick auf meinen Blog oder mein Facebook-Profil innerhalb von 30 Minuten zusammensammeln. Ich werde dies alles zu gegebener Zeit veröffentlichen, damit sich jeder ein Bild von der Arbeit des Verfassungsschutzes machen kann, für den der bayerische Steuerzahler immerhin 20 Millionen Euro im Jahr blechen muss.
(Anmerkung zum aktuellen Stand: https://isw-muenchen.de/2016/11/de-facto-berufsverbot-der-aktuelle-stand/)


Kerem Schamberger ist Kommunikationswissenschaftler, Mitarbeiter des Instituts für sozialökologische Wirtschaftsforschung (ISW), Sprecher der DKP München und Mitglied der marxistischen linken. Er informiert über die Entwicklung in der Türkei auf seinem Blog http://www.kerem-schamberger.de
Eine wöchentliche Zusammenfassung erscheint auf der Themenseite www.rosalux.de/nahost-tuerkei der Rosa Luxemburg Stiftung.

 

Interview: Florian Wilde
Quelle: http://wildetexte.blogsport.de/2016/11/24/interview-zu-facebook-zensur/
foto: Monitor

Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

mit Rihm Miriam Hamdan von "Palästina spricht"

Wir unterhalten uns über den israelischen Vernichtungskrieg, die Rolle Deutschlands (am 8. und 9. April findet beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörung über die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord statt), die Situation in Gaza und dem Westjordanland und den "Tag danach".

Onlineveranstaltung der marxistischen linken
Donnerstag, 18. April, 19 Uhr

https://us02web.zoom.us/j/82064720080
Meeting-ID: 820 6472 0080


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Logo Ratschlag marxistische Politik

Ratschlag marxistische Politik:

Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf

Samstag, 20. April 2024, 11:00 Uhr bis 16:30 Uhr
in Frankfurt am Main

Es referieren:
Nicole Mayer-Ahuja, Professorin für Soziologie, Uni Göttingen
Frank Deppe, emer. Professor für Politikwissenschaft, Marburg

Zu diesem Ratschlag laden ein:
Bettina Jürgensen, Frank Deppe, Heinz Bierbaum, Heinz Stehr, Ingar Solty

Anmeldung aufgrund begrenzter Raumkapazität bis spätestens 13.04.24 erforderlich unter:
marxlink-muc@t-online.de


 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

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Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
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Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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