Wirtschaft

Corona Impfdosen23.12.2020: Endlich. Ein Impfstoff ist da ++ EU-Kommission gab grünes Licht für den COVID19-Impfstoff von Biontech/Pfizer ++ Aufatmen bei Impfwilligen und den Aktionären von Biontech ++ Biontech informiert Investoren über Risken und Restrisiken

 

Zuletzt war der Druck auf die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) stark gestiegen, sich mit der Zulassung des COVID19-Impfstoffes von Biontech/Pfizer  zu beeilen. In anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien wird der Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und des US-Pharmakonzerns Pfizer bereits auf Grundlage einer Notfallzulassung genutzt.

Am Montag (21.12.) haben dann EMA und EU-Kommission dem neuartigen mRNA-Impfstoff BNT162b2 des Firmen-Duos im Schellverfahren eine sogenannte "bedingte Marktzulassung" erteilt, die auf weniger vollständigen Daten als normalerweise erforderlich beruht. Dabei gilt laut EMA, dass die Daten zeigen müssten, dass der Nutzen eines Impfstoffs die Risiken überwiegt. Im Unterschied zu einer Notfallzulassung, bei der der Hersteller "aus der administrativen und zivilrechtlichen Haftung“ ausgenommen und der Staat die Haftung für Schäden übernimmt, haftet bei der "bedingten Marktzulassung" in der Regel die Hersteller.

Die bedingte Marktzulassung gelte für ein Jahr, innerhalb dessen die Hersteller bei dieser Form der Zulassung verpflichtet seien, weitere Studien durchzuführen, um zu belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis ebenso positiv bleibt wie zum Zeitpunkt der Zulassung, heißt es von der EU. Auch Langzeitwirkungen und Angaben zu möglichen Nebenwirkungen oder allergischen Reaktionen werden weiterhin geprüft.

Mit dem neuartigen genbasierten Impfstoff sind neue Unsicherheiten verbunden, noch dazu, weil aufgrund der kurzen Testphase noch zu wenige Daten vorliegen: Verhindert er nur den Ausbruch der Krankheit oder unterbindet er bereits die Infektion? Wenn die Geimpften sich anstecken und das Virus weitergeben können, dann ist nur geschützt, wer die Spritzen erhalten hat. Die Frage, wie lange der Impfschutz andauert, kann noch nicht beantwortet werden. Auch schwere Nebenwirkungen können später noch auftreten, erklärt der Virologe an der Uni Freiburg, Hartmut Hengel, gegenüber dem SWR: "Es gibt natürlich seltene Nebenwirkungen, die schwer sein können, die so selten sind, dass man sie jetzt innerhalb dieser Gesamtmenge eben in so kurzer Zeit nicht feststellen kann. Und aus der Vergangenheit von anderen Impfstoffen wissen wird, dass solche Nebenwirkungen prinzipiell auftreten können." [1]

Biontech/Pfizer haben angekündigt, dass sie innerhalb weniger Stunden nach der Zulassung mit der Auslieferung der Impfstoffdosen begonnen haben. Das geht deshalb so rasch, weil die beiden Unternehmen schon vorgearbeitet haben und Millionen Impfstoffdosen bereits im Lager haben. Bis zu 50 Millionen Impfstoffdosen will Biontech noch bis Jahresende zur Verfügung stellen.

In Deutschland beginnen am 27. Dezember die ersten Impfungen nach einem Impfplan mit einer klaren Reihenfolge - alte Menschen und besonders verletzliche Bevölkerungsgruppen haben Vorrang, dann folgen Ärzt*innen und Pflegepersonal usw.. Bis Ende des Sommers 2021 sollen 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sein.

Für viel Menschen verbindet sich mit dem Impfstoff die Hoffnung auf Normalität und Sicherheit vor dem Virus. Doch gibt es auch eine verbreitete Skepsis gegenüber dem neuartigen Vakzin. Um dieser entgegenzuwirken startet das Bundesgesundheitsministerium am Montag (28.12.) eine groß angelegte Werbekampagne. Diese solle die Bereitschaft in der Bevölkerung erhöhen, sich impfen zu lassen und so den Weg aus der Pandemie bahnen, heißt es aus dem Ministerium.

Der Humangenetiker Wolfram Henn, Mitglied im Deutschen Ethikrat (!), geht sogar so weit, dass er alle Impfverweigerer auffordert, im Krankheitsfall auf alle Notfallmaßnahmen zu verzichten. Allen Impfskeptikern empfahl Henn, sich auf den Rat von "Menschen, die sich wirklich auskennen", zu verlassen. [2]

Aufatmen auch bei den Biontech-Aktionären

Biontech LogoMit der Zulassung des Impfstoffes haben nicht nur viele Menschen, die auf die Impfung warten, aufgeatmet, sondern auch die Aktionär*innen von Biontech

In seinem Bericht vom 10. November an die US-Börsenaufsicht SEC [3] hatte das Unternehmen noch auf die erheblichen Risiken für die Investor*innen hingewiesen. So heißt es: "Die von uns entwickelten Produktkandidaten könnten nicht oder nur mäßig wirksam sein oder unerwünschte oder unbeabsichtigte Nebenwirkungen, Toxizitäten oder andere Eigenschaften aufweisen, die eine Marktzulassung ausschließen oder die kommerzielle Nutzung verhindern oder einschränken könnten. … Wenn es zu Verzögerungen bei der Erlangung der Zulassung von Produktkandidaten kommt oder wenn wir die Zulassung nicht erhalten, werden die kommerziellen Aussichten für diese Produktkandidaten beeinträchtigt und unsere Fähigkeit, Umsatzerlöse zu erzielen, wird erheblich beeinträchtigt."

Als ein weiteres Geschäftsrisiko unter vielen anderen wird benannt, dass "Konkurrenten einen oder mehrere COVID-19-Impfstoffe entwickeln und vermarkten, bevor wir dazu in der Lage sind".

Mit der Zulassung durch die us-amerikanische FDA (Food and Drug Administration, deutsch US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel) und die europäische EMA sind diese Risiken überwunden und das Biontech/Pfizer-Produkt als erstes auf dem Markt.

Biontech warnt seine Investoren vor Restrisiken

Vollständige Entwarnung für die Aktionäre gibt es trotzdem nicht. Biontech warnt, dass unbekannte Risiken erst nach der Zulassung entdeckt werden könnten, die die "Finanzlage negativ beeinflussen" würden.

"Selbst wenn die behördliche Zulassung für einen BNT162-Impfstoffkandidaten erteilt wird, kann die spätere Entdeckung von bisher unbekannten Problemen im Zusammenhang mit BNT162 zu Einschränkungen, einschließlich der Rücknahme des Produkts vom Markt, führen und erhebliche Haftungen und Reputationsschäden nach sich ziehen. .. Wir können nicht garantieren, dass nach der Zulassung keine neu entdeckten oder entwickelten Sicherheitsprobleme auftreten werden. Bei der Verwendung eines Impfstoffs durch eine breite Patientenpopulation können von Zeit zu Zeit schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten, die in den klinischen Studien des Produkts nicht auftraten oder die zunächst nicht mit dem Impfstoff selbst in Verbindung zu stehen schienen und sich erst bei der Sammlung nachträglicher Informationen als kausal mit dem Produkt verbunden herausstellten. Solche Sicherheitsprobleme könnten dazu führen, dass wir die Vermarktung unserer zugelassenen Produkte aussetzen oder einstellen müssen, möglicherweise erhebliche Haftungen auf uns zukommen und unsere Fähigkeit, Umsatzerlöse zu erzielen, sowie unsere Finanzlage negativ beeinflussen." (S.72)

"… sind die klinischen Studien möglicherweise nicht ausreichend, um die Wirkung und die Sicherheitsfolgen der Anwendung unserer Produktkandidaten über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu bestimmen." (S.74)

"Wenn wir oder andere zu einem späteren Zeitpunkt unerwünschte Nebenwirkungen feststellen, die durch ein von uns entwickeltes Produkt verursacht werden, könnten sich daraus mehrere potenziell erhebliche negative Konsequenzen ergeben, darunter
- Aufsichtsbehörden könnten die Zulassung eines solchen Produkts aussetzen oder zurückziehen oder Lizenzen widerrufen.
- die Zulassungsbehörden können zusätzliche Warnhinweise auf dem Etikett verlangen.
- wir könnten aufgefordert werden, die Art der Verabreichung eines Produkts zu ändern oder zusätzliche klinische Studien durchzuführen.
- wir könnten verklagt und für Schäden an Patienten und deren Kindern haftbar gemacht werden; und
- unser Ruf könnte leiden." (S.89)

Biontech wird sich deshalb bemühen "Produkthaftungsansprüche zu minimieren und zu managen, die sich aus der Verwendung unserer Produktkandidaten und unserer Produkte ergeben, falls diese zugelassen werden". (S.58)

Als ein weiteres Risiko wird benannt, dass aufgrund der "Notsituation in vielen Ländern" staatliche Maßnahmen wie Zwangslizenzen oder Preiskontrollen die Profitabilität beeinträchtigen könnten.

"Aufgrund der Notsituationen in vielen Ländern besteht ein erhöhtes Risiko, dass ein COVID-19-Impfstoff in bestimmten Ländern nachteiligen staatlichen Maßnahmen unterliegt, einschließlich der Enteignung von geistigem Eigentum, Zwangslizenzen, strengen Preiskontrollen oder anderen Maßnahmen. … Darüber hinaus könnte die öffentliche Meinung bezüglich der Kommerzialisierung eines COVID-19-Impfstoffs unsere Fähigkeit, Einnahmen aus dem Verkauf von BNT162 zu erzielen, einschränken oder zunichte machen. …
Sollten wir nicht in der Lage sein, diese Risiken erfolgreich zu managen, könnte dies unserem Ansehen erheblichen Schaden zufügen, was sich negativ auf den Kurs der ADSs, die unsere Stammaktien repräsentieren, auswirken könnte. (Anm.: American Depositary Share ADS ist ein Aktienanteil einer Nicht-US-Gesellschaft, der von einer US-Depotbank gehalten wird und für US-Investoren zum Kauf verfügbar ist.)" (S. 71)

 

 

EUROPÄISCHE BÜRGERINITIATIVE

EBI Logo No Profit on Pandemic

Die Pandemie hat die Fehler im System deutlich gemacht: Eines ist das Patentrecht auf medizinische Güter.
Medikamente werden mit öffentlichen Mitteln erforscht, aber zu privatem Profit gemacht. Statt für möglichst alle Menschen den Impfstoff so günstig wie möglich zur Verfügung zu stellen, wird er dort verkauft, wo die höchsten Gewinne winken. Preise für wichtige Medikamente und Impfstoffe müssen staatlich niedrig festgesetzt werden. Profit mit Gesundheit ist zynisch. 

Unterstützen Sie die Europäischen Bürgerinitiative "No Profit on Pandemic:
https://eci.ec.europa.eu/015/public/#/screen/home

Corona Impfung Laender

 

 

Der "kommerzielle Erfolg" des COVID-Impfstoffes hänge aber auch davon ab, "dass die medizinische Fachwelt, die Patienten und die Kostenträger Immuntherapien im Allgemeinen und unsere Produkte im Besonderen als medizinisch nützlich, kosteneffizient und sicher akzeptieren. …
Sollten diese Produkte keine ausreichende Akzeptanz finden, könnten wir keine signifikanten Produktumsätze erzielen und nicht profitabel werden." (S.99)

Insgesamt widmen sich 80 Seiten - von Seite 56 bis 136 - des 157 Seiten langen Berichts den Geschäftsrisiken, die mit den "neuartigen Technologien" und der "begrenzten Erfahrung" mit den "mRNA-Produktkandidaten" verbunden sind.

Die Investoren werden umfassend über finanzielle Aussichten und Risiken des neuen Impfstoffes informiert.

Es ist nur naheliegend, dass auch die potentiellen Impfkandidat*innen annähernd so gründlich informiert werden, damit sie bewusst entscheiden können. Ob das die Aufklärungskampagne der Bundesregierung leisten wird? Oder ob der Tipp lautet, sich auf "Menschen, die sich wirklich auskennen", zu verlassen? 

 

Anmerkungen

[1] https://www.swr.de/wissen/corona-impfstoff-wie-sicher-ist-eine-notfallzulassung-100.html
[2] https://www.tagesspiegel.de/wissen/coronavirus-in-deutschland-ethikrat-mitglied-will-impfgegner-von-notmassnahmen-ausnehmen/25560996.html
[3] https://sec.report/Document/0001564590-20-053062/#bntx-ex991_6.htm


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