Wirtschaft

Italien Rider Streik 2021 03 26 201.04.2021: 24-stündiger Streik der Fahrradkuriere der Essenslieferdienste in ganz Italien gegen Scheinselbstständigkeit, Diktat der Algorithmen und Prekarität ++ Erfolg bei JUST EAT: 4.000 Kuriere werden in Beschäftigungsverhältnis und Tarifvertrag übernommen ++ jetzt auch die anderen Lieferdienste zwingen, die Rechte der Beschäftigten zu respektieren ++ Rifondazione Comunista: Kämpfe zusammenführen und Generalstreik gegen Prekarität und Niedriglöhne ++ Börsengang von Deliveroo wird zum Flop

 

Fast zeitgleich mit dem Streik der Amazon-Arbeiter*innen am 22. März [*] traten nur wenige Tage später, am 26. März, die Fahrradkuriere der Essenslieferdienste in ganz Italien in den Streik. Der Streik wurde von der nationalen Versammlung der Arbeiter*innen des Netzwerks "RiderXiDiritti" ausgerufen und von den italienischen Gewerkschaften für das Transportwesen - Filt Cgil, Fit Cisl und Uiltrasporti - sowie der Basisgewerkschaft USB unterstützt.

Ungefähr 60.000 "selbstständige" Kuriere bringen für die Essenslieferdienste wie JUST EAT, Glovo, Deliveroo oder UberEats täglich mit Fahrrad oder Motorroller Lebensmittel an die Haustüren italienischer Haushalte. In der ersten Welle der Corona-Pandemie als unentbehrliche Arbeitskräfte herausgestellt, arbeiten sie in Akkordarbeit mit gelegentlichen Kooperationsverträgen aber meist als "Selbstständige", angetrieben durch digitale Systeme von "Score" und "Ranking". Sie haben trotz der Pandemie nie aufgehört zu arbeiten und haben nichts zurückbekommen. Für diese Arbeiter*innen gibt es keine Regeln oder Schutzmaßnahmen, es gibt keinen nationalen Tarifvertrag, der Einschränkungen, Einsätze und Entlohnung festlegt.

Die Arbeit erfolgt im Akkord, basierend auf der Anzahl der getätigten Lieferungen und es ist der Algorithmus, der die Anzahl der Lieferungen bestimmt und nicht nur die Verfügbarkeit der Arbeiter*in. Zwei Fahrer*innen der gleichen Plattform am gleichen Abend können zwar in den gleichen Zeitfenstern Verfügbarkeit angegeben haben, aber eine sehr unterschiedliche Anzahl von Zustellungen zugewiesen bekommen und daher eine unterschiedliche Vergütung erhalten.Italien Rider

Die Fahrer*innen setzen sich auf den Straßen erheblichen Risiken aus, nicht zuletzt Aggressionen und Verkehrsunfällen, weil sie schnell liefern müssen, um die vom Algorithmus vorgegebenen Leistungsparameter zu erfüllen, in der Hoffnung, mehr Aufträge zu erhalten. Es gibt keinen bezahlten Krankenstand, keinen Urlaub, keine garantierte Mindeststundenzahl, keinen garantierten Mindestlohn, keine Gewerkschaftsrechte.

Die Fahrer*innen sind in hohem Maße erpressbar, noch dazu wenn es sich um Migrant*innen handelt, die einen großen Anteil bei den Fahrer*innen stellen. Für diese ist ein schlechter Vertrag immer besser als gar kein Vertrag, weil dieser wichtig für die Aufenthaltserlaubnis ist.

 

   

 

Stabilität, Löhne und Rechte!

Italien Rider Streik 2021 03 26 1Diese Arbeiter*innen sind es leid, ihr Leben im Straßenverkehr zu riskieren, und das ohne angemessene Bezahlung und ohne jeglichen Schutz. Ihr Solgan: "Stabilität, Löhne und Rechte!"

RiderXiDiritti und die Gewerkschaften fordern die Anwendung des nationalen Tarifvertrags für den Güterverkehr, der die Anzahl von Arbeitsstunden, ein dreizehntes und vierzehntes Monatsgehalt, Feiertage und Urlaub, Bezahlung bei Krankheit und Verletzung garantiert. Die Kuriere fordern, nicht mehr als "autonome Selbstständige", sondern als abhängig beschäftigte "Arbeiter*innen" angestellt zu werden, mit allem, was dies bedeutet - einschließlich der Möglichkeit der Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung.

Ein solcher Vertrag würde die Möglichkeit bieten, dass diese neue Generation von Arbeiter*innen unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten und leben könnte. Zudem ist die gewerkschaftliche Organisierung der Logistik, von den Verpacker*innen bis zu den Fahrer*innen, eine der Schlüsselfragen für die Entwicklung gewerkschaftlicher Gegenmacht im "digitalen Plattform-Kapitalismus".

Sieg der Fahrer*innen bei JUST EAT

Es ist schwer zu ermitteln, wie viele Fahrer*innen sich am Streik beteiligten oder wie hoch der wirtschaftliche Schaden für die Unternehmen war. Auf jeden Fall hat der Streik die Notwendigkeit auf den Tisch gebracht, diese Arbeiter*innen zu schützen und sie mit einem Tarif- und Arbeitsvertrag zu sichern.

Der Streik ist ein Signal an das Europäische Parlament, das vor einem Jahr begann, über die "Regulierung der Plattformarbeit durch den Erlass einer Richtlinie" zu beraten, "die einen angemessenen sozialen Schutz und eine faire Behandlung für alle digitalen Plattformarbeiter garantiert".

Italien Rider Streik 2021 03 26 3Doch das großartigste und direkte Ergebnis des Streiks und des fünfjährigen Kampfes der selbstorganisierten Fahrradlieferant*innen mit den Gewerkschaften ist, dass die ungefähr 4.000 Fahrer*innen, die für JUST EAT arbeiten, als Angestellte übernommen werden. Es ist ein wichtiger Sieg, denn er beendet die Scheinselbstständigkeit, die benutzt wird, um inakzeptable Formen der Ausbeutung zu verbergen, setzt der Akkordarbeit ein Ende und erkennt einen Mindeststundenlohn von 9,60 Euro an, zusätzlich zu Urlaub, Ferien, Elternurlaub, Abfindungen, Bezahlung bei Krankheit und Unfällen.

Jetzt Kämpfe zusammenführen für Beendigung der Prekarität und von Niedriglöhnen

Rifondazione Comunista, die die Kämpfe der Arbeiter*innen in diesem Sektor schon immer unterstützt, erklärt dazu:

"Der erzielte Erfolg stellt eine starke Ermutigung dar, den Kampf fortzusetzen. Jetzt müssen auch die anderen Lieferdienste wie Glovo, Uber Eats und Deliveroo gezwungen werden, die Rechte der Beschäftigten zu respektieren.

Die Mobilisierungen der letzten Tage, von Amazon, über die Fahrer*innen, zu den Arbeiter*innen in der Unterhaltungsindustrie und allen Sektoren der Logistik (Anm.: in Italien befanden sich zum Zeitpunkt der Erklärung am 30. März die Beschäftigten der Transportbetriebe in einem 48-stündigen Streik) sind ein großartiges Signal, das besagt, dass es an der Zeit ist, die Spaltungen zu überwinden, einschließlich derjenigen der Gewerkschaften, und die Kämpfe in einer großen einheitlichen Bewegung für Löhne und Rechte zu vereinigen und alle Formen von Prekarität und Ausbeutung zu bekämpfen.Italien Fahne PRC

Es ist jedoch unerlässlich, dass die Politik ihren Teil dazu beiträgt. Wir müssen dem Weg Spaniens folgen, wo auf Initiative der Ministerin von Unidas Podemos, unserer kommunistischen Genossin Yolanda Diaz, ein Gesetz kurz vor der Verabschiedung steht, das festlegt, dass Fahrer*innen als beschäftigte Arbeiter*innen angestellt werden müssen. Denn wir dürfen uns nicht von der Rhetorik der Algorithmen und digitalen Plattformen täuschen lassen: Eine Person, die auf der Straße unterwegs ist, um mit einer App Lieferungen zu machen, ist kein Unternehmer, sondern ein Angestellter, dem alle Schutzrechte zugestanden werden müssen. Auch in Italien muss so ein Gesetz verabschiedet werden".

Wir brauchen eine große Phase des Kampfes gegen die neoliberale Politik, die diese Regierung mit der vorherigen verbindet, um die Abschaffung der Gesetze durchzusetzen, die den Arbeiter*innen ihre vertragliche Macht und ihre Rechte genommen haben. Es bedarf eines Generalstreits zur Beendigung von Prekarität und Niedriglöhnen und einer linken, alternativen Bewegung, die sich die Rechte der Arbeitenden auf die Fahnen geschrieben hat." 

Börsengang von Deliveroo wird zum Flop

Die Wirkungen des Kampfes der italienischen Fahrradlieferanten gehen über Italien hinaus. Gestern (31.3.) wurde das "Initial Public Offering" (erstmaliges öffentliches Angebot von Aktien an der Börse vor dem Börsengang) an der Londoner Börse für Deliveroo zur Katastrophe. Die Aktie verlor im Laufe des Tages bis zu 30% und schloss mit einem Einbruch von 26,3% auf 2,87 Pfund. .

Zeitgleich mit der Platzierung des Lebensmittellieferanten an der Londoner Börse, veröffentlichte die britische Gewerkschaft der Fahrer*innen, die Independent Workers' Union of Great Britain (IWGB), zusammen mit ShareAction und The Private Equity Stakeholder Project ein Dossier, in dem Investoren vor den finanziellen und Reputationsrisiken gewarnt werden, die mit einer Investition in ein Unternehmen verbunden sind, das Arbeiter*innen überausbeutet und nicht beabsichtigt, ihnen den Status von Beschäftigten zu gewähren, wie er vom britischen Obersten Gerichtshof gefordert wird.

"In Deliveroo zu investieren bedeutet, sich mit dem ausbeuterischen Geschäftsmodell zu assoziieren", sagte Alex Marshall, Präsident des IWGB und ein ehemaliger Fahrer. "Es bedeutet, ein Unternehmen zu unterstützen, das im Parlament dafür verurteilt wird, dass es die öffentliche Gesundheit während der Pandemie gefährdet hat, und das den systemrelevanten Arbeiter*innen Beifall klatscht, um sie dann zu entlassen." Marshall warnt die Investoren: "Da Konkurrenten wie Just Eat von der Scheinselbstständigkeit abrücken, sieht sich Deliveroo einem erheblichen Reputationsrisiko ausgesetzt, wenn es nicht auf die Forderungen der Fahrer*innen eingeht."

Die größten Investmentfirmen Großbritanniens, darunter Aviva, BMO Global, Ccla, Aberdeen Standard, Hargreaves Lansdown, Rathbones und Legal & General erklärten, dass sie nicht in Deliveroo investieren werden. Sie begründen die Entscheidung mit der Behandlung der Fahrer*innen durch Deliveroo und der Veränderung des Klimas rund um die Plattformen der "Essenslieferung", die in vielen Ländern von Gerichten oder Gewerkschaften zu einer Überprüfung des arbeitsrechtlichen Status der Auslieferer gezwungen werden.

Die IWGB hat für den 7. April, den Tag der eigentliche Börsennotierung, einen landesweiten Streik der Fahrer*innen ausgerufen,

     

 

Amazon Streik 2021 03 22 4

Amazon Italien: erstmals gesamte Lieferkette bestreikt   

Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

mit Rihm Miriam Hamdan von "Palästina spricht"

Wir unterhalten uns über den israelischen Vernichtungskrieg, die Rolle Deutschlands (am 8. und 9. April findet beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörung über die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord statt), die Situation in Gaza und dem Westjordanland und den "Tag danach".

Onlineveranstaltung der marxistischen linken
Donnerstag, 18. April, 19 Uhr

https://us02web.zoom.us/j/82064720080
Meeting-ID: 820 6472 0080


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Logo Ratschlag marxistische Politik

Ratschlag marxistische Politik:

Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf

Samstag, 20. April 2024, 11:00 Uhr bis 16:30 Uhr
in Frankfurt am Main

Es referieren:
Nicole Mayer-Ahuja, Professorin für Soziologie, Uni Göttingen
Frank Deppe, emer. Professor für Politikwissenschaft, Marburg

Zu diesem Ratschlag laden ein:
Bettina Jürgensen, Frank Deppe, Heinz Bierbaum, Heinz Stehr, Ingar Solty

Anmeldung aufgrund begrenzter Raumkapazität bis spätestens 13.04.24 erforderlich unter:
marxlink-muc@t-online.de


 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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