Analysen

"Kann der chinesische Staatskapitalismus mehr wirtschaftlichen Wohlstand produzieren, als die westlichen Marktwirtschaften?"

Xi Juncker Macron Merkel17.04.2019: Die kapitalistischen Metropolen reagieren auf den Aufschwung Chinas mit Misstrauen und Feindseligkeit ++ USA: VR China ist ein strategischer Rivale, der bekämpft werden muss ++ EU-Kommission: "EU-China – Strategische Perspektiven": China ist "wirtschaftlicher Konkurrent in Bezug auf technologische Führung und ein Systemrivale, der alternative Governance-Modelle propagiert" ++ Eine Analyse von Fred Schmid (isw):

Es ist gerade mal anderthalb Jahrhunderte her, als britische Kriegsschiffe chinesische Hafenstädte in Trümmern schossen, um die Öffnung des "Reichs der Mitte" zu erzwingen – für die Einfuhr von Opium! Der tiefere Grund für die beiden "Opium-Kriege" (1840 und 1856) gegen China war: Die Handelsbilanz der Engländer gegenüber China war hoffnungslos defizitär. Das United Kingdom, die damals größte See- und Handelsmacht, gierte nach chinesischen Spitzenprodukten, wie Porzellan, Seide und Tee, konnte aber selbst nicht viel bieten, was die Chinesen begehrten. Mit dem Sieg über das Kaiserreich und der erzwungenen handelspolitischen Öffnung, konnte der Verkauf von Opium aus der britischen Kolonie Indien nach China forciert werden. Der Opiumhandel blühte auf, die britische Handelsbilanz wurde aktiv, jeder zwanzigste Chinese passiv, nämlich rauschgiftsüchtig. Für China begann das "Jahrhundert der Schande", es wurde in der Folgezeit zum Spielball der europäischen Mächte wie Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Portugal, Russland – aber auch der USA und zuletzt Japans.

Heute, 120 Jahre nach dem letzten Krieg europäischer und amerikanischer Mächte gegen China - Niederschlagung des "Boxeraufstands" 1900 - steht der Westen ökonomisch und finanziell wieder im Defizit gegenüber dem Konkurrenten in Fernost. In gigantischem Ausmaß. 2018 betrug das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber China 621 Milliarden Dollar, bei den EU-Staaten waren es 185 Milliarden Euro Miese – etwa 215 Milliarden Dollar, zusammen also 836 Milliarden Dollar. Jeder der 1,4 Milliarden Chinesen exportierte quasi für 600 Dollar mehr Waren in den hochindustrialisierten Westen, als er von dort bezog.

Und erneut reagieren die kapitalistischen Metropolen auf die Handelsungleichgewichte mit Misstrauen, Feindseligkeit und martialischen Mitteln:

  • Die USA leiteten vor eineinhalb Jahren ihre aggressive Chinapolitik ein. "Ende 2017 veröffentlichte die Trump-Regierung eine neue nationale Sicherheitsstrategie. Kernaussage: Die VR China ist ein strategischer Rivale, der bekämpft werden muss. Es gebe jetzt einen Wettbewerb zwischen freien´und repressiven Visionen der Weltordnung`- also eine neue Systemkonkurrenz".
    (Wolfgang Müller, US-Wirtschaftskrieg, deutsche Ambivalenzen und der Fall Huawei, in: Sozialismus 3/2019). Die US-Waffen in diesem Kampf sind Wirtschaftskrieg, Boykott und Bann gegen chinesische Firmen und die ökonomische Allzweckwaffe "Sanktionen"; siehe isw-report 115, hier: F. Schmid, "Trumps Wirtschaftskrieg gegen China", S. 22ff).

In der Auseinandersetzung mit den USA versucht China im Rahmen der bilateralen Handelsgespräche, die inzwischen in die neunte Runde gingen, das Schlimmste, einen totalen Handelskrieg und politischen Kalten Krieg zu verhindern. Es wird zu Zugeständnissen gezwungen werden. Ein etwaiger Waffenstillstand dürfte labil bleiben.

  • Seit die USA ihre China-Beziehungen zu einem "Wettbewerb der Systeme" erklärten, schlägt auch die EU und insbesondere die Führungsmächte Deutschland und Frankreich eine härtere Gangart gegenüber China ein. Europa versucht mit politischem Druck es zu einer weiteren Öffnung seines Wirtschaftssystems zu zwingen und mit Hürden und Mauern gegen chinesische Direktinvestitionen und "sicherheitspolitisch" begründeter Ausgrenzung von Investoren, den weiteren Aufstieg des Landes auszubremsen (siehe F. Schmid, Boykott gegen Huawei: Kalter Krieg um Frequenzen und Netze). Auch die EU-Kommission entdeckt in China inzwischen mehr den ökonomischen Herausforderer und Konkurrenten sowie den "systemischen Rivalen" als den Partner. In Nibelungentreue zu den USA versucht sich das EU-Establishment als Möchtegern-Drachenzähmer.

China will dagegen mit einer Charme-Offensive und ökonomischen Verlockungen gegenüber einzelnen EU-Ländern einem Zwei-Fronten-Krieg entkommen. Für die EU wiederum ist China der zweitwichtigste Handelspartner – für Deutschland sogar der wichtigste – den man nicht ganz verprellen will, vor allem im Hinblick auf die weiteren Perspektiven des chinesischen Binnenmarkts.

Jetzt im März und April überschlugen sich die Ereignisse und Aktivitäten im Rahmen der sino-europäischen Hängepartie:

Der chinesische Staatspräsident Xi Jinpeng besuchte Anfang März die Länder Italien, Monaco und Frankreich;

  • gegen alle diplomatischen Gepflogenheiten lud der französische Präsident Macron, Kanzlerin Merkel und den Präsidenten der EU-Kommission Juncker zu den Gesprächen;
  • am 12.3.19 veröffentlichte die EU-Kommission ihre "Gemeinsame Mitteilung" an das Europäische Parlament und den Europäischen Rat ( Zehn-Punkte-EU-Papier): "EU-China – Strategische Perspektiven";
  • dann EU-Gipfeltreffen der Regierungschefs 21. - 23. März mit Schwerpunkt "China" auf der Grundlage des EU-Papiers;
  • am 9. April: 21. EU–China-Gipfel (EU-Kommissionschef Juncker, EU-Ratspräsident Tusk und chinesischer Ministerpräsident Li Keqiang);
  • 11. April in Dubrovnik: Jahrestreffen 16+1-Format (China-MOEL= mittel-osteuropäische Länder);
  • Ende April zweiter Seidenstraßen-Gipfel in Peking unter Teilnahme von 14 EU-Ländern.

Im Kern geht es bei den EU-China-Auseinandersetzungen um zwei Punkte:

  1. unter welchen Bedingungen darf China mit Infrastrukturprojekten und bilateralen Abkommen in der EU Fuß fassen? Es geht hier insbesondere um das chinesische Globalisierungsprojekt "Neue Seidenstraße".

  2. Wie kann die EU die weitere Öffnung Chinas erzwingen und umgekehrt gegen die zunehmende chinesische Herausforderung bestehen? Wichtiger Baustein ist hierbei die Schaffung einer einheitlichen europäischen Industriepolitik.

Seidenstraße – Chinas Weg nach Europa

VRC Six economic corridors

Als bei Xis Europabesuch der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conti eine gemeinsame Absichtserklärung zur Zusammenarbeit im Rahmen der "Neuen Seidenstraße" (Belt and Road Initiative) unterzeichnete, brach in EU-Kerneuropa die schiere Panik aus. Von "Chinas Angriff auf Europa", vom "Chinas Griff nach Europa", vom "Chinesischen Brückenkopf im Herzen Europas" war da die Rede; die Gefahr drohte wieder mal aus dem Osten, diesmal als "Gelbe Gefahr".

Als "Trojanische Pferde" wurden jene 13 EU-Staaten gebrandmarkt, die sich der Seidenstraßen-Initiative bislang angeschlossen hatten. Mit Italien als Nummer 14 kommt nun ein EU-Kernland dazu, zudem Gründungsmitglied der EU, drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone und G7-Mitglied ist.

Brüssel, Berlin und Paris drängen darauf, dass über die Beteiligung an außenwirtschaftlichen Projekten wie die Seidenstraße nur die EU entscheiden könne und warnten vor der chinesischen "Schuldenfalle", auch im Zusammenhang mit dem 16+1-Format, in dem sich China jährlich mit 16 ost- und südosteuropäischen Ländern (darunter 11 EU-Länder) zur Kooperation in Struktur- und ökonomischen Fragen trifft.

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16+1-Gipfel: Roter Teppich für China in Dubrovnik  

 

Die Warnung ist zynisch, wenn man bedenkt, dass es gerade die Konzerne und Banken der EU-Hauptländer waren, die schwächere EU-Staaten in die Schuldknechtschaft trieben und die "Troika" (EU-Kommission, EZB und IWF) diese dann mit dem Schuldendienst strangulierte und zum Ausverkauf ihres Staatseigentums trieb. "Wir waren es, die die Griechen gedrängt haben, Staatsbesitz zu privatisieren, darunter den Hafen von Piräus", erinnerte der deutsche Staatsminister (Wirtschaftsministerium) Roth ehrlicherweise. Die Italiener befänden sich in einer ähnlichen Situation, auch sie bräuchten dringend Investitionen. China will jetzt, entsprechend der Vereinbarung im Rahmen von Xis Staatsbesuch die Häfen von Genua und Triest modernisieren und ausbauen; sie könnten ebenfalls zu Umschlageplätzen der Seidenstraße werden.

Der Hafen von Piräus, den die Chinesen vor vier Jahren übernahmen und zum Endpunkt und Drehkreuz der maritimen Seidenstraße ausbauten, soll in diesem Jahr Valencia als größten Container-Umschlagplatz im Mittelmeer ablösen. Seit 2008 hat sich der Warenumschlag in Piräus mehr als verzehnfacht, geplant ist eine weitere Verdoppelung auf zehn Millionen Containereinheiten (TEU); 2018 waren es 4,91 Mio. TEU, eine Steigerung von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die COSCO (China Ocean Shipping Company) will mehr als vier Milliarden Dollar in den Hafen von Piräus investieren (HB, 29.3.19).

Während Deutschland in Sachen Seidenstraße die anderen EU-Länder bevormunden und Enthaltsamkeit verordnen will, profitiert es selbst prächtig von der Seidenstraße zu Land. Die Ruhrgebietsstadt Duisburg mit dem größten Binnenhafen Europas ist Endstation der "Karawane der Stahlkamele", wie die Bahn-Seidenstraße in China auch genannt wird; es ist zugleich Drehpunkt für die Weiterverteilung der Fracht der 25 Züge wöchentlich mit jeweils 60 Containern pro Zug.

Die Idee zu einer Neuen Seidenstraße stammt übrigens aus den USA, von Zbigniew Brzezinski und der damaligen Außenministerin Hillary Clinton. In einer Rede 2011 in Indien sagte Clinton: "Lassen Sie uns zusammenarbeiten, um eine neue Seidenstraße zu schaffen. Ein ganzes Netzwerk von Wirtschafts- und Verkehrsverbindungen. Eine Vision für das 21. Jahrhundert."

Xi Jinping erzählte seine Vision 2013 in Kasachstan: Im Unterschied zum Westen lässt er diese seither Schritt für Schritt Wirklichkeit werden. Über 80 Länder haben sich inzwischen Chinas Initiative angeschlossen. Die Karte der Weltwirtschaft wird neu gezeichnet. Es entsteht ein eurasischer Wirtschaftsraum, der in wenigen Jahren über ein größeres ökonomisches Potenzial verfügen wird als der transatlantische Wirtschaftsblock.

Vom profitablen Absatzmarkt und Billig-Lieferanten zum "direkten Wettbewerber"

Das Handelsblatt (26.2.19) brachte es auf den Punkt: "Die Zeiten, als China für die Europäer vor allem ein profitabler Absatzmarkt und Lieferant von Billigware war, sind vorbei. Inzwischen ist die Volksrepublik sowohl ökonomisch als auch politisch zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten aufgestiegen"; ergänzend in Anlehnung an das Zehn-Punkte-Papier: "Zum strategischen Wettbewerber im Ringen um Technologieführerschaft" (FAZ, 21.3.19). Das rief jetzt Deutschland und Frankreich auf den Plan, die darauf drängten, bei der Tagung des Europäischen Rates eine gemeinsame (Abwehr-) Strategie gegenüber China zu definieren.

Kernpunkt der Forderung an China ist die so genannte Reziprozität. Sie meint die wechselseitige (gegenseitige) Gleichbehandlung in Handelsfragen. Salopp: "Wie Du mir, so ich Dir". So fordert die EU "Peking zu 'reziprokem' Marktverhalten (gegenseitige Marktöffnung – F.S.) und dazu auf, sein Modell eines staatlich gelenkten Kapitalismus mitsamt der damit verbundenen Industriepolitik aufzugeben, da dies den Wettbewerb verzerre und unfair sei, macht sich andererseits das Kritisierte aber zunehmend selbst zu eigen", schreibt Stefan Baron, langjähriger Chefredakteur der Wirtschaftswoche und Autor des Buches "Die Chinesen – Psychogramm einer Weltmacht", das als "Wirtschaftsbuch des Jahres 2018" ausgezeichnet wurde. Überzeugen könne diese Forderung nach Reziprozität nicht, meint Baron, sie sei nur im Wettbewerb zwischen Gleichen wirklich fair. Zwischen China und den westlichen Industriestaaten bestehe jedoch "noch längst keine Waffengleichheit".

China ist zwar, gemessen nach Kaufkraftparität inzwischen die größte Wirtschaftsmacht, es ist aber "immer noch ein Entwicklungsland, vor dem noch ein weiter Weg liegt, bis es umfassend modernisiert ist", schreibt der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang in einem Gastkommentar für das Handelsblatt (8.4.19) am Tag vor dem EU-China-Gipfel. Li Keqiang: "Fakt ist auch, dass die Entwicklung in China in Stadt und Land sowie den unterschiedlichen Regionen sehr unausgewogen verläuft. Im vorigen Jahr betrug das Pro-Kopf-BIP in China nur ein Viertel des Wertes der EU, und für nahezu 600 Millionen Bauern in China lag das durchschnittlich verfügbare Jahreseinkommen bei weniger als 2000 Euro" (ebenda).

isw report115

 

 


Globaler Wirtschaftskrieg – Der Aufstieg Chinas. Zerbricht der Westen?, Dezember 2018
hier bestellen

  

 

Im BIP pro Kopf zeigt sich die vergleichsweise geringe gesamtwirtschaftliche Produktivität Chinas. Die chinesische Volkswirtschaft rangierte dabei 2017 auf Rang 82, nach Costa Rica, der Dominikanischen Republik und dem Irak. Bulgarien, das ärmste Land der EU belegte Platz 64 mit einem um 30% höheren BIP pro Kopf als China. Es ist schon so, wie Deng Xiaoping einmal formulierte: "Alles wird viel, wenn man es mit einer Milliarde multipliziert und alles wird wenig, wenn man es durch eine Milliarde dividiert". Der Faktor ist inzwischen 1,4-Milliarden bei der Bevölkerung.

Dennoch öffnet China seinen Markt nach Maßgabe seiner Entwicklung und seiner Kräfte. Während China seine Handelstore sukzessive weiter aufmacht – z.B. mit dem Investitionsgesetz 2018 (z.B. Abschaffung des Joint-Venture-Zwangs) -, erhöht das EU-Hauptland Deutschland seine Türschwellen mit Investitionskontrollen und Übernahmeverboten bei "sicherheitsrelevanten" Bereichen und Konzernen und mit Strafzöllen: "Schon heute hat die EU in 93 Sektoren Strafzölle auf Einfuhren aus China verhängt – weit mehr als bei jedem anderen Land" (HB, 22.3.19).

   

21. EU-China-Gipfel: Minimalkonsens

Beim 21. EU-China-Gipfel (EU-Kommissionschef Juncker, EU-Ratspräsident Tusk und chinesischer Premierminister Li) am 9. April sollte die robustere Gangart der EU gegenüber der Volksrepublik erstmals praktiziert werden. Gefordert wurden weitere Marktöffnung und der Abbau von Investitionsbeschränkungen. Was Donald Tusk nach 50-stündigen Verhandlungen als "echten Durchbruch" propagierte, ist im wesentlichen aber nur ein Minimalkonsens. Einzig konkret ist das beiderseitige Bekenntnis, die seit sechs Jahren laufenden Verhandlungen über ein Investitionsabkommen bis 2020 abzuschließen. Der Rest sind Absichtserklärungen, u.a. im Zuge der Reform der WTO neue Regeln für Industriesubventionen auszuarbeiten. Bis zum EU-China-Gipfel 2020, der erstmals unter Beteiligung aller 27 EU-Staaten (Staats- und Regierungschefs) stattfindet, soll es konkrete Fortschritte bei den Wettbewerbsbedingungen geben.

Die chinesische Delegation um Li Keqiang reiste nach dem Gipfel weiter, um sich zwei Tage später in Dubrovnik im Rahmen des 16+1-Formats in Dubrovnik zu treffen.

Die geforderte Einstimmigkeit der EU-Staaten, hatten die EU-Bestimmer Macron, Merkel und Juncker mit ihrem Vorab-Treffen mit Xi bei dessen Europabesuch selbst in Frage gestellt und damit die kleineren EU-Länder verstimmt. Prompt verabredeten die nordischen EU-Staaten mit der Visegrad-Gruppe (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei) ihre China-Politik künftig enger abzustimmen (FAZ, 10.4.19).

siehe auf kommunisten.de
Xis Europa-Besuch und kleinkarierte Reaktionen

   

 

Den EU-Mächtigen reicht eine Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnungen einzelner EU-Staaten, wie Deutschland und Frankreich, gegenüber China nicht mehr. Juncker, Macron, Merkel & Co drängen auf ein geschlossenes Auftreten aller EU-Staaten gegenüber der Wirtschaftsmacht in Fernost. Die "Zeit der europäischen Naivität ist vorbei" (Macron), Europa müsse "mit einer Stimme sprechen". Den Ton dazu wollen die EU-Dominanzmächte Deutschland und Frankreich angeben.

  • Zu diesem Zweck erließ die Europäische Kommission am 12. März 2019 das erwähnte Zehn-Punkte-Strategie-Papier "EU-China – Strategische Perspektiven" auf das die EU-Regierungschefs beim Gipfel (21.-23. März) vergattert wurden. Darin stellt die EU unter anderem fest: "China kann nicht länger als Entwicklungsland betrachtet werden, sondern ist zu einem wichtigen globalen Akteur und einer führenden technologischen Macht geworden" (Gemeinsame Mitteilung..., S. 2). Als EU-Ziel wird dabei ausgegeben, sich um "ausgewogenere und auf Gegenseitigkeit beruhende Bedingungen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu bemühen" (S.3).

  • Ein weiteres Ziel: Die EU müsse sich an die "veränderten wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen und ihre eigene Innenpolitik und Industriebasis stärken" (S. 3).
    Gemeint ist dabei vor allem die "Europäische Industriepolitik 2020", die von der nächsten Europäischen Kommission, die im Herbst die Geschäfte übernimmt, ausgearbeitet werden soll. Als Blaupause dafür dürfte Altmaiers "Nationale Industriestrategie 2030" für Deutschland dienen.

 

EU Kommission Logo GEMEINSAME MITTEILUNG AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT:
EU-China – Strategische Perspektiven
  

 

Schuld sind mal wieder die Chinesen: Schlagzeile der FAZ (22.3.19): China treibt die EU zu einer neuen Industriepolitik". Es geht um die staatliche Subventionierung von Konzernen und den Aufbau von "europäischen Champions", die als Global Player bestehen können. Kartellamtschef Andreas Mundt zeigte auf der Internationalen Kartellkonferenz am 14. März in Berlin für diese Industriestrategie Verständnis: "Der Staat muss darüber nachdenken, wie sich deutsche und europäische Unternehmen gegen Unternehmen aus protektionistischen Systemen behaupten können, die mit Subventionen gepäppelt werden. Es geht um die Frage, ob wir Oligopole oder gar Monopole brauchen, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen zu erhalten" (zit. nach FAZ, 14.3.19).

Kleinere EU-Staaten aber befürchten, dass Deutschland und Frankreich ihre Unternehmen mit Milliardenbeträgen subventionieren und den europäischen Wettbewerb dadurch verzerren. Ähnliche Befürchtungen haben mittelständische Unternehmen, was die Bundeskanzlerein in ihrer Regierungserklärung (21.3.2019) zu einer politischen Pirouette der besonderen Art veranlasste: "Natürlich lebt unsere industrielle Basis vom Mittelstand", sagte sie. "Aber die Wahrheit ist auch, dass mit Blick auf Plattformen, Wirtschaft und anderes, große Player notwendig sind, um Marktmacht zu erreichen und dem Mittelstand eine Entwicklungschance zu geben. Deshalb werden wir morgen auf dem europäischen Rat über strategische Fragen der Industriepolitik sprechen".

Vermachtung der Märkte zur Rettung des Mittelstands!? Darauf muss man erst mal kommen.

Stefan Baron schreibt zu dieser Thematik: "Was die frischgebackenen Verfechter von Protektionismus und Industriepolitik gerne als "Ende der Naivität" (gegenüber China – F.S.) verklären, erinnert eher an Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Galt ihnen eine von staatlichem Einfluss freie , private Wettbewerbswirtschaft und demokratische politische Verfassung bisher nicht stets als allen anderen Systemen überlegen?

China als "Systemischer Rivale"

Im Westen macht sich zunehmend die Erkenntnis breit, dass der rasante Aufstieg Chinas und der ins Hintertreffen geratende neoliberale Kapitalismus systemische Ursachen hat. Die FAZ (19.3.19) wagt die bange Feststellung: "Tatsächlich sorgt das enorme Wachstum Chinas in den vergangenen Jahren bei manchem für Zweifel an der lange Zeit als sicher geltenden Überlegenheit des marktwirtschaftlichen Modells".

In dem erwähnten Zehn-Punkte-Dokument der EU-Kommission "EU-China – Strategische Perspektiven" wird China denn auch erstmals als Konkurrent und Rivale "systemic rival") in einem Systemwettbewerb mit der EU beschrieben (S. 2): "China ist in verschiedenen Politikbereichen ein Kooperationspartner, mit dem die EU eng abgestimmte Ziele verfolgt, ein Verhandlungspartner, mit dem die EU einen Interessenausgleich finden muss, sowie zugleich ein wirtschaftlicher Konkurrent in Bezug auf technologische Führung und ein Systemrivale, der alternative Governance-Modelle propagiert (Hervorhebung – F.S.).

Nachdem sich "die Hoffnung der Europäer auf einen Wandel Chinas zur freien Marktwirtschaft zerschlagen" hat, bereitet die EU eine Strategie vor, um sich in der Systemkonkurrenz zu behaupten (HB, 26.2.19). Dabei dürfte sich die EU – von einer bislang strikt neoliberalen, kapitalistischen Marktwirtschaft, zu einem staatsmonopolistischen Typ des Kapitalismus wandeln.

Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts spricht von den Herausforderungen des "dritten Systemwettbewerbs" (FAZ, 27.7.18), die weit über die Folgen von Handels- und Kapitalströmen hinausgehen. "Letztlich geht es um die Frage, ob der chinesische Staatskapitalismus mehr wirtschaftlichen Wohlstand produzieren kann, als die westlichen Marktwirtschaften".


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Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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