10.09.2010: Wieder waren es über 50.000, die am Freitag Abend gegen Stuttgart 21 demonstriert haben. Diesmal wurde eine Menschenkette zwischen den Landesgeschäftsstellen der CDU und der SPD gebildet, Anschließend zogen sie in 2 Demonstrationszügen zur Kundgebung in den Schlossgarten.
Vor der SPD-Zentrale wurde ein Brief mit der Forderung nach sofortigen Baustopp an den Landesvorsitzenden Niels Schmid übergeben. Seit Erhard Eppler im Stern den Appell "Die Spaltung überwinden" veröffentlicht hatte, in dem er eine Volksabstimmung forderte, hat die SPD eine durchsichtige politische Wende vollzogen: Die SPD-Führung betont weiterhin, dass sie am Projekt Stuttgart 21 festhält, will aber gleichzeitig über einen Volksentscheid die Zustimmung auch der Bevölkerung erreichen. Da in der Landesverfassung nur die Regierung selber eine Volksabstimmung initiieren kann, schlägt die SPD folgendes Konstrukt vor: Die Landesregierung bringt ein Ausstiegsgesetz in den Landtag ein. Dies wird von den Regierungsparteien und der SPD abgelehnt. Daraufhin beantragt die Regierung eine Volksabstimmung. Bis dahin fordert die SPD ein Moratorium, die Baumassnahmen sollen ruhen.
Bei der CDU blieben die Tore verschlossen. Ministerpräsident Mappus hat aber angekündigt, eine neue Kommunikationsoffensive zu starten. Seinen Pressesprecher hat er entlassen. Nun soll Dirk Metz die Sache in die Hand nehmen. Dirk Metz war bis zum Rücktritt von Roland Koch dessen Pressesprecher in Hessen. Seit 1999 hatte er diese Funktion inne. Er ist damit mitverantwortlich für die Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts gegen die damalige rot-grüne Bundesregierung. Im Wahlkampf 2008 stellte er die Kampagne gegen ausländischen Jugendliche in den Mittelpunkt. Von ihm stammt die Wahlkampflosung "Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen!"
Die Grünen haben in der letzten Woche für Irritation gesorgt, als ihre Landesvorsitzende Silke Krebs betonte, dass die Grünen im Landtagswahlkampf nicht den Stopp von Stuttgart 21 versprechen werden. Allgemein wird dies verstanden als ein Versuch, eine mögliche Koalition mit der CDU offen zu halten. Die Grünen versuchen, das Projekt Stuttgart 21 über den Bundeshaushalt zu stoppen. In einem von ihnen in Auftrag gegebenen Gutachten kommt das renommierte Ingenieurbüro Vieregg & Rößler zum Ergebnis, dass die Kosten für die Neubaustrecke Ulm-Stuttgart doppelt so hoch seien, wie bisher von der Bahn und der Politik angenommen. Der Bund hatte sich aber vertraglich verpflichtet, die Mehrkosten alleine zu tragen. Damit liegt nun der politische schwarze Peter in Berlin. Das gibt den Grünen in BaWü aber auch die Möglichkeit, nach der Wahl auf Beschlüsse in Berlin zu verweisen und sich Sachzwängen zu beugen.
Der für diesen Freitag geplante Runde Tisch ist geplatzt. Eingeladen hatten die Grünen und die CDU, das Aktionsbündnis war vorher nicht gefragt worden. Für die Grünen hatte der Fraktionsvorsitzende Kretschmann und für die Landesregierung Ministerpräsident Mappus zu einem Gespräch ohne Vorbedingungen eingeladen. Für das Aktionsbündnis war allerdings ein vorübergehender Baustopp Voraussetzung. Die Bahn wollte jedoch nur für die Zeit des Gesprächs die Abrissarbeiten ruhen lassen. Zugleich ließ sie in provokanter Weise ein Baumhaus der Parkschützer durch die Polizei räumen. Ausschlaggebend für die Absage war letztendlich die Weigerung von Bahn und Landesregierung, auch über einen Ausstieg zu reden.
Text/Foto: mami
Der Bauzaun als Kunstobjekt