13.09.2010: Es war eine gezielte Provokation. Kurz nach dem Schwabenstreich, als die Kundgebung mit über 10.000 Teilnehmern begann, nahm der Bagger die Abrissarbeiten am Nordflügel des Stuttgarter Bahnhofs wieder auf. Einige Demonstranten versuchten daraufhin die Absperrgitter zu übersteigen. Sie wurden von der Polizei in Gewahrsam genommen. Diese Provokation liegt ganz auf der Linie von Ministerpräsident Mappus, der mit dem von Roland Koch übernommenen neuen Pressesprecher versucht, über eine „law and order“ – Kampagne Wählerstimmen zu gewinnen.
Am selben Tag veröffentlichte die Junge Welt einen Artikel, in dem sie für die Demonstrationen nur Hohn und Spott übrig hat. „Wer in diesen Tagen die Schwabenmetropole besucht, trifft aufgebrachte Rentner, Rechtsanwälte, Studenten, Lehrer und Architekten.“ Ein Hauch von Revolution wehe durch die Stadt. Da wird die Königstrasse zur schicken Einkaufsmeile und die ,die am Freitag im Schlossgarten demonstrierten, sind Revoluzzer, die am Ende ihre Transparente einrollen, den Müll umweltgerecht entsorgen und geordnet den Heimweg antreten. Gemessen am Müllaufkommen müsste Stuttgart dann nach jedem Wasen-Tag kurz vor der Revolution stehen.
Und nach den medienwirksamen Auftritten in den letzten Wochen kommt Pfarrer Bräuchle als Befürworter von Stuttgart 21 nun auch in der Jungen Welt zu Wort. Leider gibt es keinen Hinweis, dass der Pfarrer von 1994 bis 2004 für die CDU im Stuttgarter Gemeinderat gesessen hat und damals für das Projekt Stuttgart 21 gestimmt hat. Seine Behauptung, alles sei sauber besprochen worden und es habe Bürgerversammlungen zu diesem Thema gegeben, hätte die JW kritisch hinterfragen können. Denn das video, das es von dieser Bürgerbeteiligung gibt, zeigt deutlich, dass es nur um den Bebauungsplan ging. Das war ja gerade der Trick, dass behauptet wurde, die Tieferlegung sei ein Bahnprojekt, über das die Bürger nicht zu entscheiden haben. So nimmt auch das geologische Gutachten der Stadt Stuttgart nur zum Baugrund für den neuen Stadtteil Stellung und klammert ausdrücklich die Fragen des Tunnels und des Tiefbahnhofs aus.
Zur Behauptung, Stuttgart 21 schaffe 10.000 neue Arbeitsplätze, stellen die Beschäftigten der Stuttgarter Firma Behr folgende Frage: „ Es wird behauptet, S21 schaffe 10.000 Arbeitsplätze durch angeblich neue Büros und Gewerbebetriebe. Das ist aber nicht die Wahrheit. Wir erleben nämlich, dass in Stuttgart Büros und Fabrikgebäude leer stehen und überall Arbeitsplätze vernichtet werden.
Warum soll sich auf einem neuen Gewerbegebiet Industrie und Gewerbe ansiedeln, wenn das Gewerbegebiet in Stuttgart-Feuerbach zur industriellen Ruine wird. Ein Beispiel dafür ist Behr in Feuerbach. Hier gibt es gerade noch 220 Arbeitsplätze in der Produktion und diese sollen jetzt auch noch vernichtet werden. Das Werk 8 soll bis zum 30.9.2010 geschlossen werden."
Text/Fotos: mami
Der Bauzaun als Kunstobjekt