12.08.2012: Der hinterhältige rassistische Brandanschlag von Neonazis auf Migranten im April 2011 bei dem nur in allerletzter Sekunde mehrere türkisch- und italienischstämmige Mitbürger dem Feuertod entkamen (die UZ berichtete darüber), geht in die zweite Runde. Im März dieses Jahres verurteilte das Stuttgarter Landgericht zwei der Naziangreifer zu geringen Haftstrafen von 2 Jahren und 5 Monaten. Der damals Vorsitzende Richter Holzhausen beim Stuttgarter Landgericht sagte bei der Urteilsverkündung: Das Gericht sei an seine Grenzen gestoßen, weil Angeklagte wie Zeugen die am Brandanschlag und der Hetzjagd beteiligt waren „gemauert, verschleiert und gelogen (haben), dass sich die Balken bogen.“ Hinzu seien „Pannen bei den polizeilichen Ermittlungen“ gekommen. Ob dies „Pannen“, Fehler, Versäumnisse, Versagen von Einzelpersonen und staatlichen Behörden sind oder ob System dahinter stecke, wie bei den NSU Morden, war nicht Gegenstand der Verhandlung.
Der Richter verwies darauf, dass die zuständige Polizei präventiver hätte arbeiten müssen, denn Ort und Zeitpunkt des neofaschistischen Verbrechens seien bekannt gewesen. Die Rechten müssen wissen dass sie unter Kontrolle stehen. Das Bündnis Rems-Murr nazifrei, dem neben anderen der DGB, die DKP, die VVN angehören stellt dazu fest: „Dieser Vorfall kam nicht aus heiterem Himmel. Seit Jahren gibt es eine gewalttätige Entwicklung im Bereich der faschistischen Szene und eine Duldung von Neonaziveranstaltungen im Rems-Murr-Kreis.“ So wurde das Stattfinden von zwei Landesparteitagen der NPD und ein Bundeskongress der JN in Korb, einer Nachbargemeinde von Winterbach, vom damaligen Innenminister Resch (CDU), dem zuständigen Landrat, der Polizei und dem Bürgermeister von Korb völlig geheim gehalten und damit der notwendige demokratische Protest verhindert. „Die Untätigkeit der Polizei vor dem rechten Gewaltausbruch in Winterbach“ so das Bündnis weiter „ist Teil einer weit reichenden Verharmlosung rechter Aktivitäten, … die beinahe den Tod mehrerer Menschen zur Folge gehabt hätten.“
Nun steht der Prozess gegen 12 weiter Beteiligte an. In 31 angesetzten Prozesstagen sollen die Hintergründe und der Ablauf der menschenverachtenden Hetzjagd juristisch erörtert werden. Es bleibt zu hoffen, dass nicht wieder der mehrfache faschistische Mordversuch im Gewirr von Täterlügen und Verhalten der Polizei ein weiteres Mal unaufgeklärt bleibt. Notwendig ist, dass dieses brutale Vorgehen ohne Wenn und Aber aufgeklärt wird. Notwendig ist, dass die Täter die entsprechende Strafe für Brandstiftung und versuchten Mord erhalten.
Ganz gleich aber was dabei herauskommt, entscheidend ist, dass sich AntifaschistInnen gemeinsam und aus den unterschiedlichsten Beweggründen den Faschisten überall in den Weg stellen. Den Stiefelfaschisten, ebenso wie ihren Hintermännern und Ideologen. Entscheidend ist, die Aufklärung über faschistische Ursachen und deren Verbrechen. „Die Abwehr der braunen Umtriebe liegt letztendlich in unserer Hand“, schlussfolgert das Bündnis Rems-Murr nazifrei. Um dies zu verdeutlichen und die Opfer der faschistischen Gewalttaten zu unterstützen ruft das Bündnis zum Auftakt des Prozesses am 29. August zu einer Kundgebung vor dem Stuttgarter Landgericht und der kritischen Prozessbegleitung auf.
Text: Dieter Keller Foto: Initiative Weiler schaut hin