22.08.2012: Eurofighter mit deutscher Technik für Indien und Südkorea, Leopard-Panzer für Saudi-Arabien und Katar, Patrouillenschiffe für Angola, atomwaffenfähige U-Boote für Israel – soweit eine (unvollständige Liste) von Staaten, die Abnehmer deutscher Rüstungsgüter sind bzw. in Kürze werden sollen. Bundeskanzlerin Merkel will demnächst eine Liste mit Nicht-NATO-Staaten aufstellen, mit denen Rüstungsgeschäfte erlaubt wären, da diese zur Stabilität ihrer Region beitragen. Dazu sollen unter anderem die sechs Staaten des Golfkooperationsrates, darunter Saudi-Arabien und Katar zählen. Damit will sich Deutschland auch in Sachen Rüstungsexport endlich aller Fesseln entledigen.
Nachdem das deutsche Rüstungskapital maßgeblich daran beteiligt war, zwei Weltkriege vom Zaun zu brechen, wurde bis zur Annexion der DDR das Rüstungsgeschäft in der Bundesrepublik eher im Verborgenen betrieben. Noch ein im Jahr 2000 entworfener Leitfaden der Bundesregierung untersagt ausdrücklich Waffenlieferungen in Spannungsgebiete. Dieser Grundsatz wurde in den zurückliegenden Jahren schon immer ungenierter unterlaufen – jetzt soll damit aber auch offiziell Schluss sein.
Über die Rüstungsexporte entscheidet der Bundessicherheitsrat, ein geheim tagendes Gremium - unter dem Vorsitz der Kanzlerin. Der Deutsche Bundestag erhält nicht einmal nach Erteilung einer Genehmigung Auskunft über den Vorgang.
Mittlerweile ist Deutschland hinter den USA und Russland der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt. Nach Berechnungen des Stockholmer Instituts für Friedensforschung (Sipri) stiegen die deutschen Ausfuhren im Zeitraum zwischen 2007 und 2011 im Vergleich zu den vorangegangenen fünf Jahren um 37 Prozent (FAZ 20.7.12). Die größten deutschen Waffenschmieden sind Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann, Thyssen-Krupp und Diehl.
Grund genug für die Kieler Friedensbewegung zum Antikriegstag vor Ort sich mit der auch in den Gewerkschaften kontrovers diskutierten Frage des Rüstungsexports zu beschäftigen. Auch in Kiel wird Rüstung in ca. 30 Betrieben produziert und exportiert. "Exportschlager" der in Kiel produzierten Rüstungsgüter sind die auf der HDW (ThyssenKrupp Marine Systems) gebauten U-Boote, die in 17 Länder geliefert werden, u.a. nach Chile, Pakistan, Indien und Israel. Dabei enthüllte der "Spiegel" unlängst, dass die an Israel ausgelieferten U-Boote Teil des dortigen Atomwaffenprogramms sind, die Israel instand setzen, bis weit in den Indischen Ozean hinein zu operieren (also u.a. befähigen, Raketen aus unmittelbarer Nähe auf den Iran abzufeuern).
Auf der vom Kieler Friedensforum geplanten Diskussionsveranstaltung am 30. August werden Ernst-August Kiel (Betriebsratsvorsitzender HDW), Norman Paech (Völkerrechtler) und Peter Strutynski (Friedensratschlag) und hoffentlich viele Kieler Friedensbewegte, Gewerkschafter und HDW-KollegInnen diskutieren, welche Alternativen es zu Rüstungsproduktion und -export gibt.
In der Ankündigung zu dieser Veranstaltung heißt es u.a.: "Kiel hat allen Grund sich für Frieden und Abrüstung einzusetzen: Von den Kieler Matrosen ging 1918 das Signal aus für die Beendigung des 1.Weltkrieges – Für die Bürger des "Reichskriegshafens" endete der 2. Weltkrieg in einer katastrophalen Zerstörung der Stadt – Nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrung trat Kiel dem internationalen Friedens-Städtebündnis "Mayors for Peace" (Bürgermeister für den Frieden) bei. Wenn dies nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben soll, müssten sich die Landeshauptstadt und die Kieler Bürgerinnen und Bürger dafür einsetzen, dass von Kiel Signale für Frieden und Abrüstung, nicht aber Rüstungsgüter ausgehen!" (s. Anhang)
Text: gst Foto: H.H. Rohwer (Protest während der diesjährigen Kieler Woche)
Rüstungsexport stoppen – auch in Kiel!
Diskussions- und Informationsveranstaltung anläßlich des Antikriegstages (1. September)
Donnerstag, 30. August, 19 Uhr, Pumpe (Galerie), Haßstraße
mit
Ernst-August Kiel, Betriebsratsvorsitzender HDW
Prof. Norman Paech, Völkerrechtler, Hamburg
Dr. Peter Strutynski, Kasseler Friedenstschlag
Veranstalter Kieler Friedensforum:
Gesprächskreis für christliche Friedensarbeit, Ärzte
gegen Atomkrieg (IPPNW), Frauen für den Frieden,
Hiroshima-Arbeitsgemeinschaft, Friedensinitiative
Dietrichsdorf, Friedensinitiative Kiel-Hassee