27.03.2013: Zum Start einer neuen Kampagne der Friedensbewegung gegen Kampfdrohnen, die am Freitag der Presse vorgestellt wurde, erklärten die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Dr. Peter Strutynski (Kassel) und Lühr Henken (Berlin):
Der Bundesausschuss Friedensratschlag unterstützt die Anti-Drohnen-Kampagne und stellt den Begehrlichkeiten des Verteidigungsministers eine Reihe von technischen und politischen Fakten gegenüber:
- Der Besitz und der Einsatz von Kampfdrohnen dienen ausschließlich der „gezielten Tötung“ von Menschen innerhalb und außerhalb von Kriegen. Die USA (in Pakistan und Jemen), Großbritannien (in Afghanistan) oder Israel (im Gazastreifen) wenden bereits diese Waffe gegen „mutmaßliche Terroristen“ an – mit einer verheerenden Bilanz, was insbesondere die dabei getöteten Zivilpersonen betrifft. Dies haben Untersuchungen über die Drohneneinsätze in Pakistan und zuletzt ein UN-Bericht über den israelischen Militäreinsatz in Gaza hinreichend belegt. Die ferngesteuerte Tötung „Verdächtiger“ ist nichts anderes als eine Aushebelung rechtsstaatlicher Verfahren: Politiker, die solche Einsätze anordnen, sind Ankläger, Ermittler, Richter und Henker in einer Person!
- Der Einsatz von Kampfdrohnen senkt die Schwelle für künftige Kriege. Der Kampfeinsatz erfolgt aus einer sicheren Entfernung (z.B. in einem US-Hauptquartier in der Wüste Nevada), die unbemannte Drohne tötet in einer Entfernung von 6000 oder 8000 Kilometern Entfernung vom Piloten. Die Angreifer tun dies ohne jedes Risiko; es genügt ein Knopfdruck bzw. ein Mausklick am Computer. Sie könnten auch von deutschem Boden aus gelenkt werden.
- In Regionen zu leben, in denen die selbsternannten Anti-Terror-Krieger „Terroristen“ vermuten, bedeutet für die Menschen eine unerträgliche psychische Belastung. Die permanente Bedrohung durch ferngesteuerte Kampfdrohnen verängstigt und terrorisiert die Bevölkerung, insbesondere Kinder. Dies hat vor kurzem eine Studie von US-Universitäten in Pakistan belegt. Wegen des weltumspannenden „Krieges gegen den Terror“ gibt es grundsätzlich kein Land, keine Region mehr, das oder die nicht in das Visier der „Anti-Terror-Krieger“ geraten könnte.
- Die Ausrüstung der Streitkräfte mit Kampfdrohnen bedeutet zugleich eine neuerliche Anheizung des Rüstungswettlaufs. Denn erstens wollen immer mehr Staaten in den Besitz dieser Killerwaffen kommen, und zweitens wird selbstverständlich an technischen Gegenmaßnahmen (Abwehrsysteme, Raketen, neue Ortungsverfahren usw.) gearbeitet.
- Nicht von der Hand zu weisen ist schließlich die Gefahr der weiteren Automatisierung des Krieges. Schon heute wird daran gearbeitet, vollautomatische Robotersysteme zu entwickeln, die autonom, d.h. letztlich unabhängig von menschlichen Entscheidungen, ihre Zielsuche und das Abfeuern ihrer tödlichen Fracht erledigen. Anders als Menschen sind Killer-Roboter nicht leidensfähig und schrecken somit vor nichts zurück. Eine derart entfesselte Kriegsmaschinerie führt zu noch schrecklicheren Kriegen; die Opfer nämlich sind immer noch Menschen.
Dem soeben der Öffentlichkeit vorgestellten Appell „Keine Kampfdrohnen!“ haben sich zuvor innerhalb weniger Tage mehr als 80 bundesweite und regionale Friedens- und Menschenrechtsorganisationen angeschlossen. Konkret fordert die Kampagne von Bundesregierung und Bundestag, „den Irrweg“ der Anschaffung und Produktion bewaffneter Drohnen sowie die diesbezügliche Forschung und Entwicklung aufzugeben und sich für ein weltweites Verbot und völkerrechtliche Ächtung dieser Waffen einzusetzen. Es ist ein Skandal, dass das Verteidigungsministerium über Kampfdrohnen verfügen will, in einer Zeit, in der die Vereinten Nationen bereits über eine völkerrechtliche Ächtung dieser Killerwaffen diskutieren. Der Appell wird z.B. vom Bundesausschuss Friedensratschlag, dem Chaos Computer Club, der DFG-VK, der Ärzteorganisation IPPNW, der Kooperation für den Frieden, dem Grundrechte-Komitee und der Juristen-Friedensorganisation IALANA, den Naturfreunden, dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein sowie der VVN-BdA unterstützt. Hinzu kommen zahlreiche Basisinitiativen von Friedens- und Antikriegsgruppen aus vielen Städte der Bundesrepublik (Berlin, Bremen, Castrop-Rauxel, Dortmund, Duisburg, Emden, Erfurt, Hannover, Kiel, Kassel, Köln, Magdeburg, München, Tübingen u.a.m.). Auf so gut wie allen Ostermärschen werden die Kampfdrohnen thematisiert.
Wenn nun aus Regierungskreisen zu vernehmen ist, dass die konkrete Entscheidung über Kampfdrohnen in das Jahr 2014 verlegt wurde, so ist dieser unverhoffte Zeitgewinn für die Friedensbewegung noch mehr Anlass, das in der Bevölkerung weit verbreitete Unbehagen über Kampfdrohnen in politisches Handeln umzusetzen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag ist überzeugt davon, dass es gelingen kann, die Pläne der Bundesregierung zu durchkreuzen. Die Friedensbewegung ist aufgerufen, sich aktiv an der bundesweiten Unterschriftensammlung gegen Kampfdrohnen zu beteiligen.
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag: Peter Strutynski (Kassel), Lühr Henken (Berlin)
Foto: yetdark
Hier geht es zum Appell „Keine Kampfdrohnen!“: www.drohnen-kampagne.de
Beachten Sie auch das Drohnen-Dossier auf der Website der AG Friedensforschung:
http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Drohnen/Welcome.html
Übersicht über Ostermärsche und -aktionen 2013