13.07.2021: In Auschwitz hatte sie die Nummer 41948. Dass Esther Bejarano das KZ überlebte, hatte sie auch dem Umstand zu verdanken, dass sie im Mädchenorchester von Auschwitz spielte. Sie widmete ihr Leben dem Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Jetzt ist sie im Alter von 96 Jahren verstorben.
Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer*innen FIR (FÉDÉRATION INTERNATIONALE DES RÉSISTANTS) schreibt in ihrem Nachruf:
Am 10. Juli 2021 erreichte uns die traurige Nachricht, dass Esther Bejarano, Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz und seit Jahrzehnten in der antifaschistischen Bewegung in Hamburg tätig, Ehrenvorsitzende der deutschen VVN-BdA im Alter von 96 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit verstorben ist. Wir sind betroffen und traurig.
Die VVN-BdA beschreibt in ihrem Nachruf [https://vvn-bda.de/wir-werden-sie-nie-vergessen-ehrenpraesidentin-esther-bejarano-gestorben/] Esther Bejarano als eine Frau von großer Entschiedenheit und geradezu unglaublichem Elan, die viele von uns noch bis vor kurzem auf der großen Bühne erleben durften. Zuletzt saß sie am 8. Mai auf unserer kleinen Bühne im Hamburger Gängeviertel und erzählte von ihrer Befreiung am 3. Mai 1945 durch Soldaten der Roten Armee und der US-Armee, die kurz nacheinander in der kleinen Stadt Lübsz eintrafen. Dort hatte Esther mit einigen Freundinnen aus dem KZ Ravensbrück Unterschlupf gefunden, nachdem sie gemeinsam dem Todesmarsch entflohen waren.
Unvergessen ist ihre Petition zum 8. Mai, die von über 150.000 Menschen unterstützt wurde. „Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit.“
Der FIR-Kongress in Reggio Emilia ernannte sie zum Mitglied des Ehrenpräsidiums mit folgender Begründung: „Wir würdigen Deine jahrzehntelange aktive Arbeit in den Reihen der VVN-BdA, als unermüdliche Zeitzeugin und als antifaschistische Künstlerin. Gerade Deine intensive Arbeit mit den jungen Generationen und Dein Einmischen in die politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart sind beispielhaft für uns alle.“
Nun ist die unermüdliche „Zeitzeugin“ gegen Vergessen des historischen Faschismus und Verharmlosen des Neofaschismus, Mahnerin und Kämpferin für Menschenrechte, Frieden und eine solidarische Gesellschaft von uns gegangen.
Die FIR spricht den Kindern von Esther Bejarano, ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern in der VVN-BdA, im deutschen und Internationalen Auschwitz-Komitee und allen mit ihr verbundenen Antifaschisten ihr tiefempfundenes Beileid aus.
Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär FIR
Die Lagergemeinschaft Dachau in der Bundesrepublik Deutschland trauert:
Die Nachricht der Familie Bejarano und des Auschwitzkomitees in der Bundesrepublik Deutschland vom Tod Esther Bejaranos hat uns tief getroffen.
Für die Lagergemeinschaft Dachau war Esther Bejaranos aktives Leben für eine bessere, gerechte Welt, ohne Antisemitismus, ohne Rassismus, ohne Krieg immer so klar, dass sie uns und viele andere Menschen damit stärkte. Ihr entschiedenes Auftreten, ihr Gesang bei vielen Veranstaltungen berührte alle.
Bis in ihre letzten Lebenstage kämpfte Esther gegen Faschismus und Krieg. Sie bleibt uns mit ihrem Leben ein großes Beispiel.
Ernst Grube, Präsident der Lagergemeinschaft Dachau in der Bundesrepublik Deutschland
Dr. Jürgen Müller-Hohagen, Vize-Präsident der Lagergemeinschaft Dachau in der Bundesrepublik Deutschland
Ein Leben gegen Antisemitismus In memoriam Esther Bejarano, Auschwitz-Überlebende
Der Bayerische Rundfunk wiederholt anlässlich ihres Todes ein Gespräch mit Esther Bejarano aus dem Jahr 2016
https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/eins-zu-eins-der-talk/esther-bejarano-eins-zu-eins-der-talk-100.html