05.10.2022: Am Samstag (1.10.) demonstrierte in Lingen (Niedersachsen) die Anti-Atom Bewegung gegen die weitere Nutzung der Atomenergie. Die Demonstration stand unter dem Motto "gegen Laufzeitverlängerung und Uranfabriken – für Erneuerbare". Aufgerufen dazu hatten 20 Anti-Atomkraft- und Umweltverbände, unter ihnen die regionalen Initiativen Atomkraftgegner im Emsland AgiEL und der Elternverein Restrisiko. Die circa 300 Teilnehmer:innen wollten so vor der niedersächsischen Landtagswahl ein starkes und buntes Zeichen setzen.
Bei der Auftaktkundgebung am Lingener Bahnhof gab es Redebeiträge von der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW, von "ausgestrahlt" und von regionalen Initiativen. Die Demonstration ging anschließend durch die Innenstadt bis zum Marktplatz. Zum Abschluss redeten noch Vertreter:innen von Friday for Future, dem Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen und anderen Gruppen.
Im Aufruf zu dieser Demonstration heißt es: "Zur Sicherung unserer Stromversorgung gibt es Alternativen zur Atomkraft – Wind- und Solarenergie, Geothermie, ein besseres Lastmanagement und eine Steigerung der Energieeffizienz". Verbundenen wurde dies mit der Forderung nach einem klaren Bekenntnis der Bundes- und Landesregierungen zum Atomausstieg.
Von den Redner:innen wurde betont, dass die letzten AKWs spätestens am 31.12.2022 endgültig vom Netz gehen müssen. So wurde auch die Befürchtung geäußert, dass die Absage an den Ausstieg Tür und Tor öffnet für weitere, absurde Forderungen der Energiewende-Blockierer nach längeren Laufzeiten und weiteren Ausbau der Atomkraft. So könnte dann auch das AKW Emsland wieder ganz schnell ins Spiel kommen. Doch AKWs lassen sich nicht kurzfristig in Betrieb nehmen und können laut Untersuchung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz nur einen begrenzten Beitrag zur Stabilisierung leisten. Trotzdem sollen zwei der drei noch im Betrieb befindlichen AKWs (Isar2 und Neckarwestheim) im Streckbetrieb weiter betrieben werden. Sie sollen als Notreserve im ersten Quartal 2023 noch weiter Strom produzieren. Sicherheitsaspekte werden in der Debatte um Laufzeitverlängerung völlig außer Acht gelassen.
Lingen ist ein Zentrum der internationalen Atomindustrie. Hier werden auch seit mehr als 40 Jahren Brennelemente für die nukleare Stromerzeugung in Europa hergestellt. Die Brennelementefabrik gehört dem französischen Unternehmen Framatome. Sie beliefert Atomkraftwerke in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Spanien, der Schweiz, den Niederlanden sowie Schweden und Finnland. Dafür bezieht ANF/Framatome Uran aus Russland.
Die Transporte des unbehandelten Urans in Form von Uranoxid-Pellets wurden vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung BASE im letzten Jahr genehmigt. Es gibt kein Uran-Embargo auf EU-Ebene, wurde von den Atomkraftgegnern kritisiert. Laut dem Geschäftsführer der Lingener Brennelementefabrik wird auch in Zukunft Material aus Russland geliefert.
Aus Sicht der Anti-Atom-Gruppen aus Deutschland, den Niederlanden und Russland sind die Transporte nicht transparent, die Transporte könnten nicht nachvollzogen werden.
Die Lingener Brennelementefabrik ist vom Atomausstieg, genauso wie die Urananreicherungsanlage in Gronau, nicht betroffen und hat eine unbefristete Betriebsgenehmigung.
Die Organisatoren und Teilnehmer:innen der Demonstration forderten
- den sofortigen Stopp aller Urangeschäfte mit Russland
- das Ende der Brennelemente-Produktion in Lingen
- das Ende der Urananreicherung in Gronau und im niederländischen Almelo
- keine Laufzeitverlängerung und AKW Neubauten
- ein Ende der gefährlichen Atomtransporte zwischen den Atomanlagen
So gibt es für sie auch im Kampf gegen die Klimakatastrophe nur einen Weg, den rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien. Wirtschaftliche Interessen der Atomlobby dürfen niemals Vorrang haben vor dem Schutz der Menschen vor atomaren Gefahren.
txt und fotos: Ralf Czogalla