27.11.2023: 20.000 bei Kundgebung gegen Krieg in Berlin ++ Reden von Reiner Braun, Sahra Wagenknecht, Gabriele Krone-Schmalz, Michael von der Schulenburg, Iris Hefets und Nadija Samour ++ Einschätzung von Peter Wahl
Trotz Kälte, Regen und Schnee haben am Samstag in Berlin Tausende unter dem Motto "Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten demonstriert. Die Veranstalter:innen sprechen von 20.000 Menschen; die Polizei immerhin von 10.000.
Von den Veranstalter:innen der Kundgebung heißt es:
"Die 20.000 haben ihre Stimme auch für die Mehrheit im Lande erhoben, die sich in Umfragen immer wieder für den sofortigen Stopp des Tötens, für Diplomatie und Kompromissfrieden aussprechen.
Der Erfolg des 25. November zeigt: Die Friedensbewegung wird stärker. Das ermutigt uns, mit noch mehr Engagement weiterzumachen.
Die Botschaft des 25. November an die Bundesregierung ist klar: Wir verlangen, dass sie sich für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine einsetzt. Wir verlangen Diplomatie und Verhandlungen, statt Waffenlieferungen für einen Stellvertreter- und Abnutzungskrieg, der die Ukraine völlig zu ruinieren droht, und den Kontinent auf lange Zeit in feindliche Lager zerreißt. Es gilt, den Frieden zu gewinnen, nicht den Krieg.
Auch im Nahen Osten muss die Bundesregierung sich der UN-Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand anschließen und sich aktiv für Verhandlungen einsetzen, die zu einem friedlichen Leben von Israelis und Palästinensern führen.
Wir lassen uns keinen Rückfall in deutsche ‚Kriegstüchtigkeit‘ aufzwingen, und wenden uns entschieden gegen Hetze und Feindbildkonstruktionen von Minister Pistorius und sogenannter Experten vom Schlage Massala und Münkler. Militarismus, Konfrontation und Krieg lösen keine Probleme, sondern verschärfen sie. Statt Riesensummen in Wettrüsten zu verpulvern, muss in soziale Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit investiert werden. Wir brauchen eine Kultur des Friedens und gemeinsamer Sicherheit."
Die Auftaktkundgebung fand am Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor statt. Dort sprachen Sahra Wagenknecht, die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz und der ehemalige UN-Diplomat Michael von der Schulenburg.
Reiner Braun begrüßte im Namen der Veranstalter:innen die Kundgebungsteilnehmer:innen. Wichtiger als jemals zuvor" sei es "über all und gemeinsam die Stimme für den Frieden zu erheben". Diese Demonstration richte sich auch "gegen den sozialen Krieg in unserem Lande", so Braun. "Über 90 Milliarden für Rüstung und Krieg, während gleichzeitig alle Haushaltstitel für Soziales, für Umwelt, für Bildung, für Wissenschaft, für Gesundheit gekürzt und gestrichen werden."
"Normalerweise" würde sie als Journalistin nicht auf einer Kundgebung sprechen, leitete Gabriele Krone-Schmalz ihre Rede ein. "Aber in diesen Zeiten käme mir Zurückhaltung so vor, als wolle man sich vor der Verantwortung drücken. Das ungenierte Kriegsgeschrei kann ich so nicht hinnehmen." Die Mehrheit wünsche sich anstelle von Kriegsrhetorik mehr "ernstzunehmende diplomatische Aktivitäten" als Kerngeschäft von Politik. "Waffenlieferungen ist eine Bankrotterklärung derselben"
"Ich komme aus der Welt der Diplomatie und nicht der Demonstrationen", so der ehemalige UN-Diplomat Michael von der Schulenburg zu Beginn seiner Rede. Die Frage, die wir uns stellen müssten, laute: "In welcher Welt wollen wir leben?". Die Welt von heute sei im "Würgegriff von Gewalt und Krieg" – "es gibt zur Zeit 55 Kriege in der Welt" - und es gegen keinerlei politische und diplomatische Bestrebung, die vorbereite, "wie wir aus dieser Spirale von Gewalt und Krieg wieder herauskommen." "Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass Nuklearwaffen eine strategische Roll ein einem heißen Krieg, und nicht nur in einem kalten Krieg, spielen." er verwies in diesem Zusammenhang auf den Krieg in der Ukraine, aber auch darauf, dass Mitglieder der israelischen Regierung mit dem Gedanken spielen. in Gaza Atomwaffen einzusetzen. "Eine Atomwaffe ist eine Waffe der totalen Zerstörung." "Die Diplomatie ist dafür da, die Konflikte zu lösen. Auch Außenminister und Außenministerinnen sollten das tun. … Was wir heute sehen ist eine Bankrotterklärung der Diplomatie." Es werde versucht "moralisch das unmoralischste, das der Krieg bedeutet, zu rechtfertigen", so der Diplomat. Es werde gerechtfertigt, "dass Zivilisten getötet werden, Frauen und Kinder, …, dass man Krankenhäuser bombardiert". Mit dem Argument des Rechts auf Selbstverteidigung, das immer beide Seiten in Anspruch nehmen, werde ein "Kreislauf erzeugt, wo Gewalt Gewalt rechtfertigt". Die UNO-Charta verlangt eine friedliche Lösung von Konflikten, so von der Schulenburg, aber von einer friedlichen Lösung sei bei keinem der gegenwärtigen Konflikt die Rede.
Obwohl es im Aufruf vor allem um ein Ende des Ukraine-Kriegs ging, war der Krieg Israels gegen die Bevölkerung im Gazastreifen ebenfalls zentrales Thema auf der Demo.
Sahra Wagenknecht sagte: "Ich denke, ich kann für alle auf dem Platz sprechen. Wir alle waren am 7. Oktober entsetzt und schockiert über die furchtbaren Massaker der islamistischen Hamas, über die Morde an unschuldigen Zivilisten, an Frauen und an Kindern.“ Nichts, kein Unrecht dieser Welt, rechtfertige solche Verbrechen. Doch sie kritisierte das israelische Vorgehen im Gazastreifen: Ebenso schockiert und entsetzt müsse auf "rücksichtslose Bombardements im Gazastreifen" geblickt werden, sagte sie. Zu glauben, dass Bomben den islamistischen Terror schwächten oder jüdisches Leben schützen würden, sei "absurd".
Hinsichtlich des Kriegs in der Ukraine kritisierte Wagenknecht die Bundesregierung scharf. "Die Menschen in der Ukraine brauchen keine Waffen, sondern endlich Frieden und dafür braucht es Verhandlungen."
Wagenknecht verurteilt den Vorstoß von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, der Deutschland wieder "kriegstüchtig" machen wolle. "Das ist doch der blanke Wahnsinn", sagte sie und und kritisiert die Politik der Ampelkoalition scharf. "Was ist nur aus dieser Partei Willy Brandts geworden, dass sie so einen Kurs heute durchsetzt?” Noch schlimmer seien die Grünen, ein "kriegsbesoffenen Haufen" bei dem man sich nicht mehr vorstellen könne, dass die Partei mal aus der Friedensbewegung hervorgegangen sei.
Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde, führte in seiner Rede aus: "Wir müssen den Konformismus in der veröffentlichten Meinung kritisieren, dürfen ihn nicht hinnehmen, … was ist das für eine Zeit, in der die Friedensbewegung als Fünfte Kolonne Moskaus diffamiert wird, aber die in den Medien gefeiert werden, die »zu den Waffen« rufen. Egon Bahr würde sagen: eine Krise des Gehirns.“ Er warnte vor der Eskalationsdynamik der Kriege: "Kriege, das kennen wir von Clausewitz, kennen keine Grenzen in sich. … Mit 2,3 Billionen Dollar erreichen die weltweiten Rüstungsausgaben neue Rekordhöhen. Was ist das für eine Perversion, dass 75 Prozent davon auf nur zehn Länder entfallen? Wer will wirklich, dass Deutschland in Europa zum Land mit den höchsten Militärausgaben wird? Angesichts der ungelösten globalen Probleme wächst die Gefahr neuer Kriege. Deshalb sagen wir auch Nein zum Konzept Nato 2030. … Bei der Klimakrise läuft uns die Zeit davon, die globale Erderwärmung um 1,5 Grad ist schon nicht mehr zu verhindern. Und dann kommen die dramatischen Kipppunkte im Erdsystem, die die Folgen des ökologischen Kolonialismus beschleunigen und unwiderruflich machen. Die Klimakrise kann nicht ohne China und Russland bewältigt werden. Aber die Zeit eilt. Wir brauchen die globale Zusammenarbeit.“in seiner Rede aus: "Wir müssen den Konformismus in der veröffentlichten Meinung kritisieren, dürfen ihn nicht hinnehmen, … was ist das für eine Zeit, in der die Friedensbewegung als Fünfte Kolonne Moskaus diffamiert wird, aber die in den Medien gefeiert werden, die »zu den Waffen« rufen. Egon Bahr würde sagen: eine Krise des Gehirns.“ Er warnte vor der Eskalationsdynamik der Kriege: "Kriege, das kennen wir von Clausewitz, kennen keine Grenzen in sich. … Mit 2,3 Billionen Dollar erreichen die weltweiten Rüstungsausgaben neue Rekordhöhen. Was ist das für eine Perversion, dass 75 Prozent davon auf nur zehn Länder entfallen? Wer will wirklich, dass Deutschland in Europa zum Land mit den höchsten Militärausgaben wird? Angesichts der ungelösten globalen Probleme wächst die Gefahr neuer Kriege. Deshalb sagen wir auch Nein zum Konzept Nato 2030. … Bei der Klimakrise läuft uns die Zeit davon, die globale Erderwärmung um 1,5 Grad ist schon nicht mehr zu verhindern. Und dann kommen die dramatischen Kipppunkte im Erdsystem, die die Folgen des ökologischen Kolonialismus beschleunigen und unwiderruflich machen. Die Klimakrise kann nicht ohne China und Russland bewältigt werden. Aber die Zeit eilt. Wir brauchen die globale Zusammenarbeit.“
Nach einer Demonstration durch das Regierungsviertel fand die Abschlusskundgebung ebenfalls auf dem Platz des 18. März statt, mit Reden des früheren Umweltstaatssekretärs und Ex-SPD-Abgeordnetev Michael Müller, Iris Hefets (Jüdische Stimme für gerechten Frieden) und der deutsch-palästinensischen Juristin Nadija Samour sowie Ates Gürpinar vom Parteivorstand der Linkspartei.
Iris Hefets sagte, dass sie ihre Familie vor 21 Jahren dazu "gezwungen" habe, nach Deutschland zu emigrieren. In Israel habe sie in einer "zunehmend militaristischen Gesellschaft" keine Zukunft gesehen. Im Deutschland des Jahres 2003, zur Zeit der großen Demonstrationen gegen den Krieg der USA gegen den Irak, seien "Nationalismus, Militarismus und Krieg noch umstritten" gewesen. "Zwanzig Jahre später werden Menschen, die zum Waffenstillstand aufrufen, als Putin-Versteher und Hamas-Unterstützer denunziert. Das macht Angst", sagte Iris Hefets.
"Zwanzig Jahre später leben wir in einem Deutschland, in dem die bedingungslose Solidarität mit Kriegsverbrechen und Genozid Staatsräson ist und in dem Palästinenser:innen und ihre Unterstützer:innen de facto keine Grundrechte mehr haben", fügte die deutsch-palästinensischen Juristin Nadija Samour an, die ihre Rede gemeinsam mit Iris Hefets vortrug. Sie kritisierte die deutschen Medien, die das unvorstellbare Leid der Menschen in Gaza "verzerren und leugnen". "Während wir hier stehen wurden mehr als 14.800 Menschen ermordet, die Hälfte von ihnen Kinder", klagte sie die internationale Gemeinschaft an, die trotz totaler Blockade von Gaza durch Israel nichts unternommen habe, um Leben zu retten.
Für die Partei DIE LINKE sprach der Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Parteivorstandes Ates Gürpinar. Im Unterschied zur Kundgebung "Aufstand für Frieden" am 25. Februar hatte der Vorstand der Linkspartei diesmal zur Teilnahme aufgerufen, allerdings mit einem eigenen Aufruf und ohne den gemeinsamen Aufruf der Organisator:innen zu unterzeichnen.
"Bei der Demo geht es neben den Kriegen auch um mehr – um die allgemeine Unzufriedenheit"
"Doch bei der Demo geht es neben den Kriegen auch um mehr – um die allgemeine Unzufriedenheit mit der Regierung. Und die nimmt zu", resümierte die Berliner Zeitung. "Den Druck von unten sollte man nicht gering schätzen. Es könnten weitere Proteste folgen. Viele Menschen sind der Politik der Ampel überdrüssig – zu viele handwerkliche Fehler sind gemacht worden. Und täglich kommen neue hinzu. Die Unruhe und Unsicherheit, die damit vermittelt werden, sind nicht zu unterschätzen." (https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/protest-in-berlin-gegen-die-ampel-politik-der-heisse-winter-hat-begonnen-li.2162350) .
"Nach der Friedensdemonstration gestern am Brandenburger Tor wird davon geredet, dass dort 'die üblichen Verdächtigen' aufgetreten seien. Warum sollen sie 'verdächtig' sein – im Gegensatz zu denen, die einen Mentalitätswechsel hin zur Kriegstüchtigkeit in Deutschland fordern? Wenn die Herstellung von Verteidigungstüchtigkeit nicht mehr reicht, sondern Kriegstüchtigkeit hergestellt werden soll – dann muss wirklich eine neue, große Friedensbewegung wachsen.“
Heribert Prantl, Süddeutsche Zeitung, 26.11.2023
Peter Wahl: Erfolg der Mobilisierung ist umso bemerkenswerter, als Friedensbewegung in diesen Zeiten nicht gerade unter günstigen Bedingungen agieren muss
Für Peter Wahl, einer der Initiatoren, waren Demonstration und Kundgebung mit über 20.000 Teilnehmern ein großer Erfolg.
Er schreibt:
Als jemand der einige Großdemos in Leitungsfunktionen auf dem Buckel hat, weiß ich wovon ich rede, wenn ich die Zahlen der Polizei als reinen Polit-Fake bezeichne. In der Demoleitung gab es sogar ein Gemurre, weil wir nicht auf das übliche Ritual eingestiegen sind, deutlich höhere Angaben zu machen. Wir haben uns aber bewusst entschlossen, bei der realistischen Zahl zu bleiben.
Der Erfolg der Mobilisierung ist umso bemerkenswerter, als Friedensbewegung in diesen Zeiten nicht gerade unter günstigen Bedingungen agieren muss. Denn:
1. Mit dem Ukraine-Krieg versuchen der herrschenden Block und seine ideologischen Apparate eine Renaissance von deutschem Militarismus und deutschem Großmachtstatus - beschönigend als „Zeitenwende“ bezeichnet - durchzusetzen. Sie wollen den deutschen Imperialismus 3.0. Auch wenn das, wie alle Umfragen belegen, nicht so recht funktioniert, und in der Bevölkerung zumindest eine post-heroische Grundhaltung verbreitet ist, muss Friedenspolitik gegen unglaublichen propagandistischen Gegenwind ankämpfen.
2. Das geschieht in einer Situation, in der vor allem für jüngere Generationen das Thema Krieg - und sei sie auch nur durch die Eltern vermittelt - keine Rolle spielt. Verständlicherweise. Auch Kenntnisse über internationale Konflikte und Krieg, die von der Anti-Raketenbewegung der 1980er Jahre in die Öffentlichkeit getragen wurden, sind nicht mehr vorhanden. Wer unter 50 weiß, was atomarer Winter, was strategisches Gleichgewicht, Eskalationsdominanz oder Enthauptungsschlag bedeuten? Wer ist mit den Methoden von Feindbildproduktion vertraut, wie sie die im Kalten Krieg Sozialisierten erlebten? Sehr treffend daher der Vorschlag von Wagenknecht an The last Generation: "Klebt euch doch mal vor der Airbase Ramstein auf die Straße!“ Klima und Frieden gehören schließlich zusammen.
3. Die Entscheidung für den 25.11. und der Aufruf dazu kamen vor dem Ausbruch des neuen Nahostkriegs. Innenpolitisch hat dieser Krieg den Konformitätsdruck in Richtung Einheitsmeinung noch einmal um eine Größenordnung nach oben gedreht. Im Vergleich zur Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs erscheint das Etikett Putinversteher inzwischen fast schon wieder harmlos. Der neue Krieg hat zusätzliche Spaltungslinien in der gesellschaftlichen Linken hervorgerufen. Derz. wird auch Fridays for Future mit mit einem haltlosen Antisemitismusvorwurf gegen Greta Thunberg fertig gemacht. Der (Un)Geist von Rache und Vergeltung, Emotion und Affekt, fernab jeglicher rationaler Analyse und die skrupellose Negation von UNO und Völkerrecht bis in einige Milieus der Linken hinein machen sich in einem Maße breit, dass es einem gruselig werden kann. Wie war das nochmal mit der dünnen Decke der Zivilisiertheit, auf der wir uns bewegen?
4. Die vorgenannten Faktoren hinterlassen natürlich auch ihre Spuren in einigen Teilen der Friedensbewegung.
Sie äußern sich in z.T. heftigen Polemiken, an deren Spitze meist die Unterstellung von ‚Rechtsoffenheit' steht. Hier dürfte aber der 25.11. endgültig für Klarheit gesorgt haben. Außer der Tür zum Toilettenwagen war hier nichts nach rechts offen. Selbst die Tagesschau, die gegen die Schwarzer-Wagenknecht-Kundgebung noch den Vorreiter beim Rechtsoffen-Geschwurbel gegeben hatte, hat dieses Mal immerhin die klare Orientierung der Veranstalter korrekt zitiert.
Noch in einem anderen Punkt hat der 25.11. für Klarheit gesorgt. Jene in der Friedensbewegung, die geglaubt hatten, mit der Befürwortung von Waffenlieferungen an Kiew und eines ukrainischen Siegs auf dem Schlachtfeld Menschen für Friedenspolitik gewinnen zu können, dürften jetzt gemerkt haben, dass man sich schon deutlicher von Baerbock und NATO abheben muss, um Gehör zu finden. Das hatte z.B. schon die geringe Mobilisierungsfähigkeit des Bündnisses 'Stoppt das Töten in der Ukraine‘ beim Jahrestags des russischen Einmarschs im Februar gezeigt, und erst recht der völlige Misserfolg im Oktober. Inzwischen haben sich ja einige aus diesen Kreisen auch korrigiert und lehnen Waffenlieferungen jetzt ab. Ein paar faktenresistente Funktionäre, die immer noch auf einen ukrainischen Sieg setzen, sind dagegen endgültig in sektenhafter Bedeutungslosigkeit gelandet.
Neben dem zahlenmäßigen Erfolg ist auch die politische Zusammensetzung der Demo interessant. Es dominierten die blauen Fahnen mit Friedenstauben und die Pace-Regenbogenfahnen, wie sie in lokalen Initiativen verbreitet sind, Das verweist auf eine Verankerung an der Basis. Außerdem gäbe es viel Fahnen und Transparente von ver.di, GEW und traditioneller Friedensorganisationen wie DfG/VK, VVN, DKP u.ä. Vereinzelt waren auch ein paar Jusos dabei. Da anders als noch bei der Anti-Raketenbewegung der 1980er Jahre heute keine gut geölten Organisationsapparate zur Verfügung stehen und auch der Initiatorenkreis nur ein Zusammenschluss von Einzelpersonen ist, kann die Bedeutung der lokalen Basis garnicht hoch genug geschätzt werden.
Der Erfolg des 25.11. ist natürlich kein Grund, übermütig zu werden. Noch sind Einfluss und politische Breite der Bewegung zu gering. Und das in einer historischen Situation, die ebenso gefährlich wie komplex ist. Eine der Problemlage angemessenen Strategie stellt enorme Anforderungen, auf die es auch neue Antworten zu entwickeln gilt.
Diese erste Auswertung gehört natürlich vertieft und ergänzt, eine genaue Analyse von Stärken und Schwächen steht an, um die nächsten Schritte zu gehen.
Aber mit dem 25.11. existiert jetzt eine gute Ausgangsposition.
Peter Wahl
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