22.08.2024: Sieben Organisationen haben eine Petition mit dem Titel "Für einen gerechten Frieden in Gaza. Waffenexporte stoppen & Hilfsblockade beenden!" gestartet. Mit der Petition fordern namhafte NGOs gemeinsam mit lokalen Initiativen die Bundesregierung unter anderem dazu auf, keine Rüstungsgüter mehr nach Israel zu exportieren.
Die Bundesregierung hat bekräftigt, trotz zahlreich dokumentierter Völkerrechtsverletzungen weiter Waffen an Israel liefern zu wollen.
Die Bundesregierung liefert aber nicht nur Waffen - sie ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant an Israel - , sondern sie verschafft der israelischen Regierung auch Zeit für die Fortführung des Völkermordes an den Palästinenser:innen.
Die Bundesregierung stellt sich an die Seite Israels bei der Völkermordklage der Republik Südafrikas gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof IGH. (siehe kommunisten.de: "Internationaler Gerichtshof: Israel muss völkermörderische Handlungen verhindern." und "Es scheint, dass Deutschland nichts aus seiner eigenen Geschichte gelernt hat.")
Obwohl der Internationale Gerichtshof einen Völkermord an den Palästinenser:innen für "plausibel" hält und völkerrechtlich verbindliche Anordnungen gegen Israel erlassen hat – die von Israel ignoriert werden -, stehen die Bundesregierung und die Mehrheit der Medien weiterhin unerschütterlich an der Seite Israels und machen sich zum Komplizen beim Völkermord.
Mit der Einwendung Deutschland gegen den vom Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes IStGH beantragten Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen gegen Israel Ministerpräsidenten Netanjahu und Verteidigungsminister Gallant ("wir kämpfen gegen menschliche Tiere") verzögert das von Annalena Baerbock geleitete Auswärtige Amt die Ausstellung des Haftbefehls und verschafft Israel Zeit für den Völkermord und die "Endlösung der Palästinenserfrage" durch Ausrottung und Vertreibung. (siehe kommunisten.de, 12.8.2024: "Deutschland blockiert Haftbefehl gegen Netanjahu & Co und verschafft Israel Zeit für den Völkermord")
Über 40.000 Menschen, zu 70 Prozent Frauen und Kinder, wurden inzwischen bei israelischen Angriffen auf die Gaza getötet. Die tatsächliche Zahl der Toten infolge der Bombardierungen, der Hungerblockade, des Abschneidens von Trinkwasser, der systematischen Zerstörung der Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen, der katastrophalen hygienischen Zustände mit der Folge von Epidemien liegt weit über den vom Gesundheitsministerium in Gaza bekanntgegebenen und von der UN übernommenen Zahlen.
Das medizinische Fachmagazin »The Lancet« hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, derzufolge bis zu 186.000 oder sogar mehr Todesfälle "auf den aktuellen Konflikt im Gazastreifen zurückzuführen seien". Die Toten würden demnach 7,9 Prozent der Gesamtbevölkerung in Gaza entsprechen.[1]
Die Bundesregierung geht sogar so weit, dass sie die Behandlung kriegsverletzter Kinder aus Gaza verhindert. (siehe kommunisten.de, 5.7.2024: "Bundesregierung verhindert Behandlung kriegsverletzter Kinder aus Gaza")
Acht Forderungen an die Bundesregierung
Die Petition von CARE Deutschland e.V., IPPNW Deutschland, medico international, NRC Flüchtlingshilfe Deutschland, Oxfam Deutschland e.V., pax christi, Deutsche Sektion e.V. und Weltfriedensdienst e.V. stellt acht Forderungen an die Bundesregierung, ihre politische Reaktion auf den Krieg in Gaza grundsätzlich zu ändern. [Petition]
"Statt Waffen zu liefern und damit Öl ins Feuer zu gießen, sollte die Bundesregierung alles tun, um die Situation zu deeskalieren. Sie muss sich gegenüber der israelischen Regierung mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass in Gaza ein Waffenstillstand zu Stande kommt. Die Gewalt im Westjordanland muss gestoppt und die illegale Besatzung beendet werden“, so Gerold König, Bundesvorsitzender von pax christi.
Tsafrir Cohen, Geschäftsführer der Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international, stellt fest: "Die Bundesregierung versucht zu verhindern, dass israelische Kriegsverbrechen in Den Haag verhandelt und strafrechtlich verfolgt werden. Damit verliert sie nicht nur weltweit zunehmend an Glaubwürdigkeit, sondern unterwandert auch die internationale Gerichtsbarkeit und fördert so eine Kultur der Straflosigkeit.“
Serap Altinisik, Vorstandsvorsitzende von Oxfam Deutschland e.V.: "Die Menschen in Gaza sind aufgerieben von Bombardements und Blockade. Mehr als eine halbe Million leidet unter katastrophalem Nahrungsmittelmangel. Pro Person und Tag gibt es weniger als fünf Liter Wasser für Trinken und Hygiene – weniger als ein Drittel des in Notsituationen erforderlichen Minimums. Humanitäre Hilfe kann das Leid zwar etwas mindern, aber keine Politik ersetzen. Die Bundesregierung darf deshalb nicht länger tatenlos zusehen, wie die israelische Regierung die Beschneidung der Wasserversorgung als Mittel der Kriegsführung einsetzt.“
Dr. med. Angelika Claußen, Vorsitzende der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW, fügt hinzu: "Das Menschenrecht auf Leben und Gesundheit wird in Gaza täglich verletzt. 40.000 Menschen kamen bereits direkt durch Angriffe des israelischen Militärs ums Leben. Die Zahl der Toten liegt jedoch um ein Vielfaches höher, wenn man sie nach internationalen Public Health-Maßstäben misst und all jene hinzu zählt, die durch zerstörte Gesundheitsinfrastruktur, Hunger, Wassermangel und fehlende sanitäre Einrichtungen starben. Die Rettung von Menschenleben muss für die Bundesregierung jetzt oberste Priorität haben!“
Petition
(Die Petition wurde auf der Plattform openPetition veröffentlicht und kann unter diesem Link eingesehen und unterschrieben werden: https://openpetition.de/!pxyvh)
Wir fordern von der Bundesregierung:
- sich entschiedener für einen sofortigen Waffenstillstand einzusetzen und den Schutz der Zivilbevölkerung einzufordern;
- alle Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern zu verweigern, wenn die Gefahr besteht, dass sie völkerrechtswidrig eingesetzt werden;
- von Israel mit deutlich mehr Druck die sofortige Beendigung der völkerrechtswidrigen Blockade und den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe einzufordern;
- wirksame Maßnahmen zu ergreifen, damit der völkerrechtswidrige Siedlungsbau durch Israel sowie Gewaltakte von Siedler:innen beendet werden;
- im Sinne des Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs vom 19. Juli 2024 die schnellstmögliche Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung einzufordern; (Anm. kommunisten.de: siehe kommunisten.de, 23.7.2024: Internationaler Gerichtshof: Israel ist ein Apartheidstaat)
- die internationale Gerichtsbarkeit und die Untersuchungskommission der Vereinten Nationen aktiv zu unterstützen;
- sich für die Freilassung aller Geiseln und unrechtmäßig Festgehaltenen einzusetzen;
- das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu schützen und die Kriminalisierung von grundgesetzlich geschützten Meinungsäußerungen im Zusammenhang mit Palästina/Israel zu beenden.
Begründung
Im aktuellen Krieg sind über 40.000 Menschen in Palästina und über 1.200 Menschen in Israel getötet worden. Hinzu kommen mindestens 92.000 Verwundete und unzählige Vermisste sowie eine tiefe Traumatisierung. Diese Gewalteskalation muss gestoppt werden. Insbesondere die Zivilbevölkerung in Gaza leidet unter der katastrophalen Situation, verursacht durch die wiederholte Vertreibung von fast zwei Millionen Menschen in ihrem eigenen Land, die Blockade von humanitärer Hilfe, die Sperrung der Strom- und Wasserversorgung sowie ein massives Ausmaß an Zerstörung. Die UN spricht von einer Hungersnot und einem medizinischen Notstand. Die Situation in Gaza ist keine Folge einer Naturkatastrophe, sondern von willkürlicher Gewalt und gezielter Blockade. Die politische Reaktion der Bundesregierung auf diese Situation muss sich grundlegend ändern.
Die Petition wurde initiiert von:
- CARE Deutschland e.V.
- IPPNW Deutschland
- medico international
- NRC Flüchtlingshilfe Deutschland
- Oxfam Deutschland e.V.
- pax christi, Deutsche Sektion e.V.
- Weltfriedensdienst e.V.
Sie wird außerdem unterstützt von:
Arbeitskreis Palästina Brühl-Battir; Arbeitskreis Palästina der Lokalen Agenda 21 in Stadt und Kreis Neuwied; Bielefelder Nahost-Initiative; Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V.; Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.; Deutsch-Palästinensischer Frauenverein e.V.; Deutsche Sektion der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF); Frauen wagen Frieden; Freunde von Sabeel Deutschland e.V. ; Initiative zur Förderung der Beziehung zwischen Nürnberg und Nablus e.V. (INNA); Israelisches Komitee gegen Hauszerstörungen; Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München; Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost; Kairos Palästina Solidaritätsnetz Deutschland; Kölner Friedensforum; Nahostgruppe Mannheim; Palästina Initiative Region Hannover; Partnerschaftsverein Bonn-Ramallah e.V.; SALAM SHALOM Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.; Solidarität International; Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Köln-Bethlehem e.V.
Anmerkungen
[1] The Lancet, 5.7.2024: Counting the dead in Gaza: difficult but essential
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(24)01169-3/fulltext