06.10.2024: Bis zu 40.000 Menschen sind am Donnerstag (3.10.) durch Berlin gezogen, um gegen Waffenlieferungen in die Ukraine und Israel sowie gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland zu demonstrieren. Auf drei Routen führten die Demonstrationszüge zum Großen Stern in Tiergarten. ++ Die Reden der Abschlusskundgebung
Zehntausende Menschen haben am Donnerstagmittag in Berlin an einen Sternmarsch für den Frieden teilgenommen. Sie waren dem Aufruf der Initiative "Nie wieder Krieg" (https://nie-wieder-krieg.org/) gefolgt. Bei aller Unterschiedlichkeit der aufrufenden Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen gibt es Einigkeit in drei Punkten: Erstens verurteilt man die ab 2026 geplante Stationierung der US-Raketen in Wiesbaden. Zweitens wendet man sich gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel und fordert einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen für die Ukraine sowie diplomatische Initiativen der Bundesregierung. Drittens stemmt man sich gegen die massive Aufrüstung Deutschlands.
Die Demonstrierenden zogen dann auch mit Plakaten und Transparenten mit Slogans wie "Diplomaten statt Granaten", "Die Waffen liefern die Reichen, die Armen liefern die Leichen" oder "Stoppt den Krieg sofort – Keine Waffenlieferungen in die Ukraine", "Weder Putin noch Nato", "Nato betreibt Krieg und Völkermord", "Schluss mit dem Besatzungsterror", "Waffenstillstand im Gazakrieg", "Sofort Stopp des Genozidkrieges in Gaza" durch Berlin. Auf der Demo viele Fahnen mit der Friedenstaube, Fahnen der Linken, der DKP und des BSW, Palästina- und Libanon-Fahnen, Transparente der IG Metall und anderer Gewerkschaften. Lediglich die Grünen fehlten, die sich inzwischen zur führenden deutschen Kriegspartei entwickelt haben.
Nach Kundgebungen im Februar und November 2023 war dies die dritte große Manifestation seit russische Truppen am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert waren. Die Initiatoren sprachen von rund 40.000 Teilnehmern, die Polizei sprach erst von 10.000, wollte sich aber dann nicht festlegen und sprach nur von einer "unteren fünfstelligen Zahl".
Die Manifestation begann mit drei Auftaktkundgebungen. Dort machten die Redner auf den Zusammenhang von Aufrüstung und Sozialkürzungen aufmerksam, forderten ein sofortiges Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und an Israel, und betonten immer wieder, dass der Völkermord in Gaza beendet werden müsse.
Die Abschlusskundgebung fand am Großen Stern in Tiergarten statt.
"Wir müssen den Kriegstreibern in die Arme fallen."
"Ihr seid zu Beginn dieser großen neuen Bewegung dabei, die dieses Land hoffentlich friedlicher und friedfertiger machen wird", sagte Mitorganisator Reiner Braun zur Eröffnung der Abschlusskundgebung. Er rief zu mehr Widerstand gegen den Kriegskurs der deutschen Politik auf. "Unser Widerstand muss so stark werden, dass unsere Regierung von diesem Wahnsinn abrückt. Die Stationierung mörderischer US-Waffen in Deutschland muss unmöglich werden!"
"Wir müssen den Kriegstreibern in die Arme fallen. Überall auf der Welt." Der Krieg in der Ukraine müsse beendet werden – mit Verhandlungen, Diplomatie und sofortigem Waffenstillstand. Einen dritten Kriegswinter könne die Bevölkerung der Ukraine kaum überstehen, so Braun in seiner Rede. In Gaza und Libanon müsse das "Morden und Umbringen" sofort gestoppt werden. (Video der Rede von Reiner Braun: https://youtu.be/hoE18k3kFyg)
"Wir sehen heute, die Friedensbewegung lebt! Das ist eine gute Nachricht!", rief die Linken-Politikerin Gesine Lötzsch von der Bühne im Tiergarten. "Die Friedensbewegung wird größer, wenn wir uns in wenigen Punkten einig sind: Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit und der Natur. Im Krieg sterben immer die Armen. Im Krieg gewinnen immer Reiche. .. Im Krieg sterben zuerst arme Menschen, nicht die Söhne von Oligarchen. Wer weltweit Armut, Flucht und Vertreibung bekämpfen will, der muss Kriege bekämpfen."
"Ich sage: Wer am Krieg verdient, hat kein Interesse einen Krieg zu beenden. Wir brauchen eine starke Friedensbewegung, um das Geschäft mit dem Tod zu beenden!"
Der Weg der Aufrüstung führe in den Abgrund, so die Bundestagsabgeordnete. "Im Wochentakt werden neue Waffen bestellt. Das 100 Mrd. Euro Sondervermögen für die Bundeswehr wird schon 2027 aufgebraucht sein. Doch das reicht dem Bundesverteidigungsminister Pistorius nicht. Jetzt schon geben wir 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär aus. Das sind schon jetzt 90 Mrd. Euro im Jahr. Die Generäle wollen ab 2028 in jedem Jahr 90 Mrd. Euro haben. Das ist der Weg in eine Kriegswirtschaft."
"Es geht nicht mehr nur um die Beendigung von Kriegen, sondern um das Überleben der Menschheit", warnte sie zum Schluss ihrer Rede.
Den völkermörderischen Vernichtungskrieg Israels in Gaza und die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel sprach sie nicht an.
(Text der Rede: Nein zu Krieg und Hochrüstung! Rede bei der Friedensdemonstration am 3. Oktober unter https://www.gesine-loetzsch.de/willkommen/aktuelles-1/ | Video: https://youtu.be/v4h3-k41IXM )
Nach einigem Zögern hatte der Parteivorstand der Linkspartei, anders als bei den beiden vorhergehenden Demonstrationen, zur Teilnahme aufgerufen. "Leerstellen in einem Bündnisaufruf sollten kein Grund für eine generelle Verweigerung der Teilnahmen sein", hatte Linke-Bundesgeschäftsführer Ates Gürpinar gesagt. "Wir mobilisieren mit einem eigenen Aufruf, in dem wir deutlich machen, dass russische Truppen in der Ukraine nichts zu suchen haben und unverzüglich abziehen müssen", so Gürpinar zur taz. Mit den Organisator:innen teile man jedoch "die Intention, gegen die enorme Aufrüstung und die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen zu protestieren, sowie die Forderung nach einem Frieden in der Ukraine und stärkeren diplomatischen Bemühungen". (Aufruf der Partei Die Linke: https://www.die-linke.de/start/termine/detail/nein-zu-krieg-und-hochruestung-ja-zu-frieden-und-internationaler-solidaritaet-1/)
Die Teilnahme war innerhalb der Partei umstritten, die Nato-affine Strömung "Progressive Linke" war vehement dagegen. Wenige Tage vor der Demo hatte die EU-Abgeordnete der Linkspartei, Carola Rackete, einer Resolution zugestimmt, in der die NATO, die EU und die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert werden, den Krieg in der Ukraine weiter zu eskalieren. Der Ko-Vorsitzende der Partei, Martin Schirdewan, hatte sich enthalten. (siehe kommunisten.de, 24.9.2024: "Die Mehrheit des Europäischen Parlaments will den Krieg in der Ukraine weiter eskalieren. Mit Stimmen von Linken")
Jörg Schindler, Ex-Bundesgeschäftsführer von Die Linke erklärte nach der Demo: "Ich schäme mich wirklich, dass meine Partei Die Linke eine Demo unterstützt hat, bei der ein Hauptredner des Bündnisses von der Demo ausgebuht wird, weil er sagt, was gesagt werden muss: Dass der Krieg in der Ukraine ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg Russlands ist." (https://x.com/JoergSchindler/status/1841870426198196319)
Er bezieht sich dabei auf den Auftritt des SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner. Ralf Stegner erntete Buh-Rufe und Pfiffe als er vom "russischen Angriffskrieg" und dem Selbstverteidigungsrecht der Ukraine sprach. Deutschlands Hilfe sei humanitär, politisch und auch militärisch, sagt Stegner. Aber am Ende des Krieges in der Ukraine müsse eine diplomatische Lösung stehen.
Kundgebungsteilnehmer betonen, dass mehrere Redner den russischen Angriff verurteilt haben, Sahra Wagenknecht Putin einen Verbrecher nannte, und dafür nicht ausgebuht wurden. Wenn bei Stegner an dieser Stelle von einigen gebuht wurde, dann sei das deshalb geschehen, weil er auf einer Demo für ein Ende der Waffenlieferungen, sich aber für diese aussprach und weil er in diesem Zusammenhang als Repräsentant der Ampel betrachtet wurde. Der laute Unmut gegen Stegner wurde übrigens vehement von der Demo-Leitung und am deutlichsten von Wagenknecht zurückgewiesen.
"Diplomatie ist notwendig, weil sie die Alternative zum Krieg ist."
Stegner sprach sich vehement für Diplomatie aus. "Diplomatie heißt nicht, für Putin zu sein. Diplomatie ist nicht naiv. Diplomatie ist notwendig, weil sie die Alternative zum Krieg ist."
Die SPD sei weiterhin Teil der Friedensbewegung, betonte der SPD-Politiker in seiner Rede. (Video der Rede von Ralf Stegner: https://youtu.be/sgty3j3vsdo)
Stegner gehört zur Minderheit in der SPD, die sich für weniger Aufrüstung und mehr Diplomatie in den gegenwärtigen militärischen Konflikten einsetzen. Sie kritisieren insbesondere die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Juli mit der Regierung in Washington vereinbarte Stationierung weitreichender und hochmoderner US-Raketen in der Bundesrepublik. Gemeinsam mit einer größeren Gruppe von Sozialdemokraten hat Stegner einen eigenen Aufruf zur Teilnahme an der Demo verfasst. Diesen haben unter anderem der frühere Ko-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, zwei weitere Bundestagsabgeordnete und der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse unterzeichnet. (https://www.ralf-stegner.de/2024/09/23/unser-ziel-frieden-in-der-welt/)
Der Überfall Russlands auf die Ukraine sei "durch nichts zu rechtfertigen", heißt es darin. Und: "Die Ukraine muss sich gegen diesen Überfall verteidigen, verteidigen können und dürfen!" So gehe es "natürlich um einen Frieden, der die Souveränität der Ukraine wahrt und nicht Aggressoren wie Putin belohnt, Grenzen mit Gewalt verschieben zu wollen".
"Verletzung und Tod, Vergewaltigungen und Kindesentführungen, Vertreibung und Zerstörung, Angst, Kälte und Traumatisierung, Kriegsverbrechen, militärische und zivile, alte und junge Opfer - das ist die Realität des Krieges - immer! Am Ende profitieren von Kriegen nur die, die Kriegswaffen verkaufen. Das gilt erst recht bei jahrelangen 'Stellungs- und Erschöpfungskriegen', bei denen es nicht gelingt, ein Kriegsende herbeizuführen."
Aufruf von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zur Friedensdemonstration am 03.10.2024 in Berlin | https://www.ralf-stegner.de/2024/09/23/unser-ziel-frieden-in-der-welt/
Gegen den Aufruf und die Teilnahme von Stegner gab es Widerspruch auch aus den eigenen Reihen: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses und einer der emsigsten Befürworter der Lieferung von Kriegsmaterial in die Ukraine, der SPD-Politiker Michael Roth, sprach von "Schande", dass Russland und die Hamas mit keinem Wort von den Organisatoren als Kriegstreiber gebrandmarkt würden. Roth trat denn auch bei einer kleinen Gegenkundgebung als Redner auf.
Auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter griff im "Spiegel" Stegner an. "Jeder, der auf dieser Demo spricht, muss sich darüber im Klaren sein - unabhängig davon, was er sagt -, dass sein Beitrag als Unterstützung für den Kriegsverbrecher interpretiert wird", so Hofreiter. Er könne nicht verstehen, dass sich Stegner "so unverantwortlich verhält".
Der CSU-Politiker Peter Gauweiler bekundete, dass er zum ersten Mal auf einer Demonstration der Friedensbewegung spreche. "Bitte verzeihen Sie mir eine gewisse Verlegenheit: Ich habe noch nie auf einer Kundgebung der Friedensbewegung gesprochen. Das ist das erste Mal", eröffnete er seine Rede und fuhr fort: "Aber wir sollten jetzt ein bisschen näher zusammenrücken. In Europa brennt es und wir müssen die Europäische Union und die politische Klasse in Deutschland überzeugen, dass man diesen Brand nicht mit Benzin löschen kann."
"heller Wahnsinn, jetzt deutsche Raketen nach Russland schießen zu lassen"
Er beklagte, die Bundeswehr habe mit dem Krieg gegen Jugoslawien ihr Gründungsversprechen gebrochen, dass nämlich die Streitkräfte nur zur Landesverteidigung einzusetzen seien. "Seit den 90er Jahren führt Deutschland außerhalb jeder Landesverteidigung die sog. Kriege «für unsere Werte»".
"Jeder weiß, dass Russland im Konflikt mit der Ukraine nicht zu den Waffen hätte greifen dürfen", so der bayerische Ex-Staatsminister. "Aber die täglichen Schuldzuweisungen, Verurteilungen und Verwünschungen gerade von Deutschland aus lösen den Konflikt nicht." Er halte es "für hellen Wahnsinn, jetzt deutsche Raketen nach Russland schießen zu lassen", sagte Gauweiler unter Beifall der Menge.
(Text der Rede: https://www.peter-gauweiler.de/data/documents/2024/10/03/4-66fe1a5ed48b5.pdf | Video: https://youtu.be/2v3CgJElvPE)
Sahra Wagenknecht äußerte "großen Respekt vor Ralf Stegner", der "keinen einfachen Auftritt" gehabt habe. Aber die SPD von Scholz und Pistorius sei sicherlich nicht Teil der Friedensbewegung, entgegnete sie Ralf Stegner. "Aber ich bin froh über jede Stimme in der SPD, die sich für einen anderen Weg ausspricht."
Sie erinnerte an die Wiedervereinigung vor 30 Jahren, den Abzug sowjetischer Soldaten und Raketen. "Man hatte das Gefühl, endlich Frieden, endlich keine Angst mehr vor Krieg. Und wo stehen wir heute, 30 Jahre später? Wieder in einer Welt, die in Flammen steht. Wo in der Ukraine seit zweieinhalb Jahren ein schrecklicher Krieg tobt, der sich auszuweiten droht, aus dem ein großer europäischer Krieg werden kann. Wir stehen wieder davor, dass US-Mittelstreckenraketen in Deutschland stationiert werden sollen. Mein Gott, das ist doch ein Wahnsinn."
"Wir brauchen Diplomatie, wir brauchen Verhandlungen"
"Auf dem Territorium der NATO-Staaten leben 10 Prozent der Weltbevölkerung, aber die NATO-Staaten kontrollieren 60 Prozent der globalen Militärausgaben. Zwölfmal soviel wie Russland. Und da wollen sie uns weismachen, dass wir noch mehr aufrüsten müssen, um unsere Sicherheit zu gewährleisten."
Jeder Politiker, der einen Krieg beginne, sei ein Verbrecher, sagte Wagenknecht in Bezug auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zugleich kritisiert sie eine "Doppelmoral" im Umgang mit den USA, die ebenfalls Kriege begonnen hätten. "Bitte keine Doppelmoral. Wenn ein Politiker, der einen Krieg beginnt, ein Verbrecher ist, was ist dann mit all den US-Politikern, die die vielen,vielen Kriege der letzten Jahre verantwortet haben, wo Millionen Menschen geschädigt wurden, wo es so viele Opfer gegeben hat?"
Die "furchtbaren Kriegsverbrechen im Gazastreifen" zu verschweigen, sei Heuchelei. "Wer zu den furchtbaren Kriegsverbrechen im Gazastreifen schweigt, wer zu den 40.000 Toten schweigt, der solle mir nicht damit kommen, dass er moralisch ist. Nein, das ist Heuchelei.
Zum Ende ihrer Rede zitiert Wagenknecht den Schriftsteller Erich Maria Remarque mit den Worten: "Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen."
Sie bezog das Zitat auf Politiker der Ampel, wie den Grünen-Politiker Anton Hofreiter und Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP oder den Oppositionspolitiker Roderich Kiesewetter. Sie nannte sie "Kriegstüchtigkeitsmaulhelden", die sich zu einem Bataillon zusammenschließen sollten, um selbst zu erleben, "was Krieg bedeutet und wie viel Leid und wie viel Schmerz und wie viel Opfer Kriege bedeuten".
(Video der Rede von Sahra Wagenknecht: https://youtu.be/EGcxyXW5MoY)
Nach Wagenknecht wurde eine Grußbotschaft von Salah Abdel-Shafi, hochrangiger palästinensischer Diplomat, abgespielt. Er kritisiert, dass die Welt zu dem seit einem Jahr in aller Öffentlichkeit laufenden Völkermord in Gaza schweige.
Das Vorstandsmitglied der "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost", Iris Hefets und die deutsch-palästinensische Anwältin Nadija Samour traten gemeinsam auf.
"Israel zeigt der Welt, wie man ungestraft alle völkerrechtlichen und auch moralischen Grenzen überschreiten kann und dient dabei als hervorragende Blaupause dafür, was Naomi Klein als öko-faschistische Zukunft beschreibt, in der wir alle als entbehrlich gebrandmarkt werden", sagte Nadija Samour.
Während des laufenden Völkermordes in Gaza "kämpfen wir in Deutschland gegen die aggressive Kriminalisierung und Propagandakampagne, die die deutsche Presse und auch die deutschen Strafverfolgungsbehörden ständig gegen palästina-solidarische Menschen führen". Sie klagte die zahlreichen Formen der Verfolgung an – von Hausdurchsuchungen und Verboten bis zum Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft und Verlust des Arbeitsplatzes. Die Polizeigewalt habe eine neue Qualität, prangerte Nadija Samour an. Der Widerstand gegen den Genozid solle mit allen Mitteln zum Schweigen gebracht werden.
"Deutschland projiziert seine Geschichte mit gewalttätigem Antisemitismus auf Migrant:innen, insbesondere auf Palästinenser:innen."
"Für die deutschen Interessen in Israel wird alles getan, auch wenn es die Aushebelung des Völkerrechts bedeutet", stellte Nadia Samour fest.
"Iris und ich stehen hier, um auch laut zu sagen, unser Kampf gegen Rassismus ist untrennbar von Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung und Militarismus. Wer meint, auch in unseren Reihen, dass wir Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen oder etwa einen Kuschelkurs mit der AfD hier nehmen, um die vermeintlichen Massen hinter uns zu scharen, der irrt sich gewaltig. Es ist nicht nur dumm und gefährlich, sich die rechte und rassistische Polarisierung zu eigen zu machen, sondern auch verdammt unsolidarisch und reaktionär. Kriege beenden und die Klassengesellschaft überwinden, das geht nur mit Internationalismus und Solidarität", rief die Deutsch-Palästinenserin den Kundgebungsteilnehmern unter großem Beifall zu.
"inzwischen wurde ich dreimal durch die Berliner Polizei festgenommen", berichtete Iris Heften. "Mein Schild, worauf 'Als Jüdin und Israelin: Stoppt den Genozid in Gaza' stand, wurde als Beweismittel konfisziert, weil ich wegen Volksverhetzung angezeigt wurde." In der Polizeistatistik würde dies als "antisemitische Straftat" gezählt, so Heften. Wenn die Berliner Polizei Juden mit Kipa niederschlage, komme dies nicht in die Statistik als antisemitischer Vorfall. "Der Antisemitismus ist nicht importiert. Der Antisemitismus ist der alte, braune".
"Menschen- und Grundrechte sind teilbar geworden. Sie gelten nur für Unterstützer:innen der Politik der israelischen Regierung."
Deutschland versuche, "seine genozidale Vergangenheit durch die Unterstützung von Israels Genozid zu entsorgen. Da stören Jüd:innen, für die Judentum und Zionismus verschiedene Dinge sind, Menschenrechte und Judentum dagegen zusammengehören". Sie würden sich weder für "die Kriegsertüchtigung in Deutschland noch für anti-muslimische Hetze missbrauchen lassen", stellte Iris Heften klar.
(Video der Reden von Iris Hefets und Nadija Samour: https://youtu.be/OHg24nlmfuI)
Weitere Video mit Reden und Eindrücken von der Freidensdemonatration am 3. Oktober 2024: https://www.youtube.com/@nie-wieder-krieg
Bemerkenswerter Friedensappell ostdeutscher CDU- und SPD-Politiker
Am selben Tag, an dem in Berlin die Friedensdemonstration stattfand, forderten Sachsens und Brandenburgs Ministerpräsidenten, Kretschmer (CDU) und Woidke (SPD), sowie der Thüringer CDU-Landeschef Voigt ein stärkeres diplomatisches Engagement Deutschlands zur Beendigung des russischen Kriegs gegen die Ukraine.
"Wir wollen eine aktivere diplomatische Rolle Deutschlands in enger Abstimmung mit seinen europäischen Nachbarn und Partnern", schrieben sie in dem gemeinsamen FAZ-Gastbeitrag von Donnerstag (3.10.). Deutschland und die EU hätten diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt. Je breiter die internationale Allianz aufgestellt sei, desto größer werde der Druck. "Es geht darum, einen Waffenstillstand zu erreichen und der Ukraine belastbare Sicherheitsgarantien zu bieten."
Bisher hatte nur Kretschmer ausdrücklich für Verhandlungen auch mit Putin plädiert; Woidke hielt sich lange zurück, Voigt redete ganz anders. Jetzt befinden sich alle drei Politiker in Koalitionsverhandlungen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).