20.08.2013: Gestern sind die ersten von vorerst 200 Kriegsflüchtlingen u.a. aus Afghanistan und Syrien in die neue Notunterkunft des Berliner Außenbezirks Marzahn-Hellersdorf aufgenommen wurden. Als angemeldete solidarische Wachen gegen rechte Pöbeleien oder auch gegen mögliche Übergriffe am ehemaligen Max-Reinhardt-Gymnasium sind jetzt Antifaschistische Initiativen als angemeldete solidarische Wachen präsent. Sie verstehen sich als aufklärende Ansprechpartner auch für die Nachbarn, die schon vorher, angesichts des strukturell notwendigen Gebäudeumbaus, in den Sog einer offen neonazistisch agierenden „Bürgerinitiative“ gerieten.
Diese bis dahin unbekannte BI Marzahn-Hellersdorf“ sagt „Nein zum Heim“ und verwertet Insiderwissen aus dem hiesigen Bauamt wie aus den Reihen der Polizei. Für ihre Plakate zeichnet ein Thomas Crull verantwortlich, der 2011 für die NPD im Berliner Landtagswahlkampf kandidierte. Die BI ist ein über Facebook gesteuertes Werkzeug von Kadern und Strohmännern der wieder wahlkämpfenden NPD, für die sich sogar Aktivisten aus dem Spektrum des „Nationalen Widerstands“ (NW Berlin) stark machen. Ihr Tonfall ist nicht nur treuherzig rassistisch: „Nachdem auf Grund von Bürgerprotesten ein Asylantenheim im Neuköllner Ortsteil Rudow verhindert werden konnte, ist auch das geplante Asylantenheim am Britzer Standort Späthstraße / Haarlemer Straße vom Tisch ... Nehmen wir den Mut dieser Bürger auf und verhelfen den Marzahner und Hellersdorfer Bürgern dazu, ein weiteres Asylantenheim in unserer Mitte zu verhindern.“ Die strafwürdigen Klartexte sind den volksverhetzenden Aussagen entlang ihrer Plakatalleen zu entnehmen – sie reichen von „Mehr Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“ über die verherrlichte Aktivistin („Maria statt Scharia“) bis zu „Gute Heimreise“.
Das Solidaritäts-Netzwerk Marzahn-Hellersdorf hat seit Juli Hunderte Propagandaattacken gegen den Kiez in Form von stetig erneuerten rechten Kreideschmierereien beseitigt, um den Geflüchteten eine sichere, angstfreie und menschlich offene Umgebung zu bieten, in der sie in Ruhe ankommen können. In diesem Sinn agieren jetzt Gewährsleute der Berliner Antifa. Am Montag hielten sie ihre solidarische Kundgebung zur Begrüßung im angemessenen Abstand zum „Heim“ ab, vor dem es Nazis nicht lassen können, den Hitlergruß zu zeigen und sich abführen zu lassen. Dass deren strafwürdige Provokationen auch mörderische Ziele haben, wurde Mitte Juli deutlich, als rechte Sympathisanten mit T-Shirt-Aufdrucken „22.-26.8.1992“ drohend auf die Brand-Pogrome in Rostock-Lichtenhagen anspielten.
In den neunziger Jahren gab es auch in Hellersdorf Brandanschläge – dreimal allein gegen den interkulturellen Verein Babel e.V. Obwohl die Täter nie gefunden wurden, berichtet der gebürtige Äthiopier Dr. Mekonnen Shiferaw als dessen Geschäftsführer trotzdem von durchweg positiven Erfahrungen seitdem - mit ethnisch unterschiedlichen Gruppen, die hier vorurteilsfrei zusammen arbeiten. Den Nazis keine Chance.
Text/Foto: Hilmar Franz
Hier gibt es eine Einschätzung zur Situation in Hellersdorf durch die Antifa-Berlin