24.06.2017: So wie jedes Jahr lockte Ende Juni die „Kieler Woche, das größte maritime Volksfest Nordeuropas“ (so der eigene Anspruch, des von vielen international agierenden Großkonzernen gesponserten Mega-Events) wieder Hunderttausende in die Hauptstadt Schleswig-Holsteins. Neben ambitioniertem Segelsport, Open-Air-Konzerten auf zig Bühnen und dem Konsum kulinarischer und alkoholischer Spezialitäten aus aller Welt, prägt seit Jahren auch immer mehr das Militärische den Charakter dieses Festes: So durch die Präsenz von NATO-Kriegsschiffen und die Möglichkeit, dass Besucher sich dieses Kriegsgerät auch an Bord mal hautnah anschauen können. Unweit der Kriegsschiffe wirbt dann die Bundeswehr mit ihren Truck für neue „Mitarbeiter“ für ihre Dienstleistungen in aller Welt.
Apropos: Die NATO-Kriegsschiffe hatten es nicht weit zur Kieler Woche. Fand doch unmittelbar vor Beginn des Volksfestes in der Ostsee unter Leitung der US-Navy das Seemanöver BALTOPS statt. Mit etwa 50 Schiffen und Booten sowie über 50 Helikoptern und Flugzeugen beteiligen sich neben den USA dreizehn weitere NATO-Nationen an dem Manöver. Die Deutsche Marine hatte fünf Kriegsschiffe für das Kriegsspiel abgestellt. Presseberichten zufolge trainierte man einen konventionellen Seekrieg und übte amphibische Landungen.
Nein zur „KISS-Konferenz“. Die Kieler Woche darf keine Kriegs-Show sein
In dieses Panorama der „Aufrüstungsspirale“ der Kieler Woche passt, dass nun bereits im dritten Jahr das „Instituts für Sicherheitspolitik (ISPK)“ an der Kieler Uni auf einer internationalen Konferenz mit „Fachleuten“ kriegerische strategische Planspiele betreibt. In den vergangenen Jahren fand diese sog. „Kiel Conference“ in Kooperation mit dem ortsansässigen NATO-Exzellenzzentrums (COE-CSW) statt.
In diesem Jahr wurde diese Veranstaltung (aus welchen Gründen auch immer – dazu wurde nichts bekannt) nun umetikettiert und mit einem neuen Partner - dem „Center for Naval Analyses“, einer Denkfabrik, die strategische Analysen für die US-Kriegsmarine liefert ) als „Kiel International Seapower Symposium“ (KISS) durchgeführt. Thema des Symposiums war die Region des östlichen Mittelmeers, seine strategische und militärische Bedeutung. An der Gestaltung der Websites und der Arbeitsgruppen dieser Veranstaltung wurde deutlich: Friedenspolitik, zivile Konfliktlösungen spielen keine Rolle, es geht allein um das Primat des Militärischen.
Am 20. Juni demonstrierten Hunderte Kieler Bürger*innen gegen diese Militarisierung der Kieler Woche. Das Bündnis „War starts here“ (bestehend u.a. aus DFG/VK, DGB Jugend, LINKE, DKP, IL, Mitarbeiter*innen-Initiative "pax optima rerum" der Uni Kiel, SDAJ, solid) hatte wie in den beiden letzten Jahren zum Protest gegen die vom Kieler Instituts für Sicherheitspolitik (ISPK) veranstaltete „Kriegs-Konferenz“ aufgerufen.
Das Bündnis kritisiert die einseitig militärische Ausrichtung der Konferenz und die Kooperation mit militärstrategischen Einrichtungen. Ziel muss nach Auffassung der Bündnisteilnehmer sein, die Kieler Woche wieder zu einem Fest des Friedens zu machen.
In dem Aufruf zur Demonstration heißt es u.a.:
„Die Rüstungsindustrie in Schleswig-Holstein boomt mit fast 1,5 Milliarden Umsatz. Bis zu 70 Prozent des Kriegsgeräts aus dem Norden wird exportiert. Waffen aus Schleswig-Holstein werden in alle Regionen der Welt exportiert. Nicht nur die „NATO-Partner“, auch Terroristen und Kindersoldaten kämpfen mit Waffen aus deutscher Produktion. Der Kieler Hafen ist Drehkreuz für die Verlegung von Truppen an die russische Grenze. Die Bundeswehr wirbt vermehrt um junge Rekrut*innen, ist in den Schulen und auf den Jobmessen präsent. Auch die Kieler Woche wird neben ihren erfreulichen Aspekten wieder eine Show diversen Kriegsgeräts sein. Die Bundeswehr will dort mit einem eigenen Werbe-Truck Nachwuchs rekrutieren.
Wir fordern:
- Die Kieler Woche darf keine Kriegs-Show sein, sondern ein Fest des Friedens.
- Wissenschaft muss dem Frieden dienen, Forschung friedlichen Zwecken. Deshalb unterstützen wir die Forderung nach Zivilklauseln an unseren Hochschulen. Raus mit dem ISPK aus der Kieler Uni.
- Bundeswehr raus aus den Schulen und den Jobmessen. Das Geschäft mit dem Tod ist kein Beruf wie jeder andere.
- Stopp von Rüstungsexporten, Stopp von deutschen Auslandseinsätzen.“
Text/Fotos: gst