Deutschland

Ellwangen Polizeieinsatz04.05.2018: Bilder, als wären wir im Kriegszustand. Mit einem Großeinsatz hat die Polizei "für Recht und Ordnung" in der baden-württembergischen Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Ellwangen gesorgt. Hunderte Polizisten, schwer bewaffnet und maskiert, darunter Spezialeinheiten, stürmten am Donnerstagmorgen die Flüchtlingsunterkunft. Anlass war ein Flüchtling aus Togo, der abgeschoben werden soll. Am Montag hatten die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in einer solidarischen Aktion die Polizei daran gehindert, den Mann festzunehmen.


Polizei, Politik und Medien sprachen von Angriffen, Gewalt und womöglich versteckten Waffen. Das zuständige Polizeipräsidium Aalen veröffentlichte am Mittwoch eine Pressemitteilung mit der Überschrift "Abschiebung aus der LEA mit Gewalt verhindert". Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnete die Verhinderung der Festnahme als "Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung". Derartige Widerstandshandlungen müssten "mit aller Härte und Konsequenz verfolgt werden".

Die Äußerung von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), es "steht im Raum, dass künftige Abschiebungen auch unter dem Einsatz von Waffengewalt durch widerständige Flüchtlinge verhindert werden sollen", wurde von mehreren überregionalen Medien aufgegriffen und verbreitet. "Flüchtlinge wollten sich bewaffnen", berichtete etwa die Welt. Auf diese Weise wird die Hetze gegen Flüchtlinge angefacht und Panik vor einem unkontrollierten Ausnahmezustand erzeugt. Die verbreiteten Bilder tun dann ein Übriges.

Wie die taz recherchierte, stimmt kaum einer der von der Polizei erhobenen und von den Medien verbreiteten Vorwürfe. (taz: Neuer Blick auf Vorfall in Unterkunft. Was geschah in Ellwangen?)

Am Donnerstag ging dann die Polizei denn auch mit "aller Härte" gegen die Flüchtlinge vor. Und als "Konsequenz": Festnahmen und mehrere Verletzte sowie drohende Abschiebung für weitere Flüchtlinge, weil sie ihren Freund vor Armut und Deportation schützen wollten.

"Donnerstagfrüh rückten die Spezialeinheiten an. Sie nahmen den gesuchten Togoer fest, kontrollierten 292 Bewohner der Einrichtung, leiteten zwölf Ermittlungsverfahren ein und beschlagnahmten bei 18 Personen „erhöhte Bargeldbestände, die über der Selbstbehaltsgrenze von 350 Euro lagen“.
Elf Bewohner wurden nach Polizeiangaben bei der Aktion verletzt. Zwei seien aus dem Fenster gesprungen. Die Übrigen hätten „Widerstand geleistet“, der „gebrochen werden musste“, so ein Polizeisprecher zur taz."
   

 

Ist nicht die Abschiebung durch den Staat die wahre Gewalt?

Nach dem Großeinsatz dankte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) der Polizei, die "mit der erforderlichen Konsequenz und Härte reagiert hat". »Recht und Ordnung« sind wieder hergestellt. Für Bernhard Weber, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Ellwangen, ist das Unerhörte, "ein Teil der Bewohner der Unterkunft habe sich offenbar organisiert, um gegen die Polizisten vorzugehen". Die Polizei könne jedoch keine rechtsfreien Räume dulden, daher sei die Razzia geplant worden, so Weber gegenüber der Presse.

Ellwangen Antifa Buendnis Stuttgart Region"Wie kann ein »Migrantenmob« es wagen, wie können »afrikanische Gewalttäter« (AfD) es wagen, nicht zackig die Anweisungen befolgend ihrem fremdbestimmten Schicksal entgegenzutraben? Das ist der Grund für die Aufregung, der Flüchtling hat zu kuschen, hat aufzuhören, Mensch zu sein, sonst tobt das Land", kommentiert Simon Berninger in der Frankfurter Rundschau den Polizeieinsatz und das Zusammenrücken der »besorgten Politiker*innen und Bürger*innen«. (Frankfurter Rundschau: Flüchtlinge haben zu kuschen)

Sebastian Bähr schreibt in der Zeitung Neues Deutschland: "Nicht nur die darauf folgende Polizeirazzia – Flüchtlinge sind aus Fenstern gesprungen – ist bedenklich, sondern vor allem die rassistische und die Realität verzerrende Debatte, die sich nun anschließt. So wird ausschließlich über die »Gewalt« und »organisierte Strukturen« der Geflüchteten gesprochen, die Perspektive und das Leid ebenjener spielen aber kaum eine Rolle. Ist es nicht nachvollziehbar, dass ein Flüchtling nicht nach Togo zurück will – ein Land, in dem gefoltert wird? Ist es nicht verständlich, dass Geflüchtete sich zusammenschließen, die mit ungewissem Ausgang getrennt werden sollen? Ist nicht die Abschiebung durch den Staat die wahre Gewalt, die aber kaum noch jemand wahrhaben will?" (nd: Ungehorsam schützt Recht)

"Mit martialischen Großeinsätzen der Polizei werden nicht nur Schutzsuchende in Angst und Schrecken versetzt, sondern gezielt Bilder von angeblich kriminellen und gewalttätigen Flüchtlingen produziert."
Ulla Jelpke (DIE LINKE)

   


Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (DIE LINKE) schreibt: "Mit martialischen Großeinsätzen der Polizei werden nicht nur Schutzsuchende in Angst und Schrecken versetzt, sondern gezielt Bilder von angeblich kriminellen und gewalttätigen Flüchtlingen produziert. Das ist unverantwortlich." Und weiter: "Offenbar verfolgte der heutige Polizeieinsatz auch das Ziel, Flüchtlinge, die solidarisch zusammenstehen und sich gegen Abschiebungen organisieren, einzuschüchtern.
Es ist unerträglich, wenn der Bundesinnenminister nun behauptet, diese Menschen würden eine Bedrohung für die Sicherheit der Bevölkerung darstellen. Mit dieser flüchtlingsfeindlichen Politik und Hetze muss endlich Schluss sein. Anstatt den Druck auf Geflüchtete immer weiter zu erhöhen, brauchen wir endlich eine wirksame Bleiberechtsregelung!" (Ulla Jelpke: Schluss mit der Kriminalisierung von Geflüchteten)

Gewerkschaft der Polizei lehnt Ankerzentren und deren Bewachung ab

Mit den Vorfällen in Ellwangen wird allerdings auch die Debatte um die sog. »Ankerzentren« angefacht. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und CDU/CSU darauf geeinigt, Schutzsuchende in zentralen Lagern zu isolieren. In diesen "AnKER-Einrichungen sollen Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung bzw. Rückführung (AnKER) stattfinden", heißt es im Koalitionsvertrag. Diese Internierungslager werden von Pro Asyl und anderen Flüchtlingsvereinigungen heftig kritisiert. "Die Folgen der Dauerisolierung von Menschen in Lagern sind Perspektivlosigkeit, Verelendung und Stigmatisierung – ein Nährboden für Konflikte, der Rechtspopulisten und Rassisten stetig neue Nahrung geben wird", fürchtet Pro Asyl.

Nach Ellwangen meint auch der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek: "Ankerzentren machen es erst möglich, dass solche Strukturen und Dynamiken entstehen, wie wir sie jetzt in Ellwangen erlebt haben. Wenn viele Asylbewerber, denen die Abschiebung droht, ohne weitere Beschäftigung in Sammelunterkünften untergebracht sind, wie es in Ankerzentren wohl der Fall sein wird, dann besteht die Gefahr, dass wir solche Szenen des organisierten Protestes wie in Ellwangen öfter erleben."

"Was wir in Deutschland nicht brauchen, sind Horst Seehofers Lager für Flüchtlinge."
Jörg Radek, stellv. Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP)
   


Oliver Malchow, Vorsitzender der GdP, wandte sich im Bayerischen Rundfunk vehement gegen die Einrichtung von Ankerzentren. Er äußerte sein Befremden darüber, dass Menschen, die einen Asylantrag gestellt haben, mit der Unterbringung in diesen Zentren die Freiheit genommen werden soll. Zugleich kritisierte er Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der die Bundespolizei als Unterstützung in den Ankerzentren einbinden will. Er "verstehe überhaupt nicht, wie man auf die Idee kommen kann, sie durch Polizei beschützen zu lassen“, sagte Malchow. "Wir wollen solche Zentren nicht bewachen – wir sind ausgebildete Polizeibeamte und kein Wachpersonal."


fotos: oben: Screenshot; mitte: Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart und Region

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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