Internationales

alt02.03.2011:  Am gestrigen Abgang des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, den viele Menschen in unserem Lande inzwischen für einen Hochstapler und wissenschaftlichen Betrüger halten, ist mehr als sein persönliches Schicksal das Verhalten seiner Ziehmutter und Begünstigenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Aufmerksamkeit wert. Die etwa 20.000 bei Merkel protestierenden Wissenschaftler oder auch der vom "Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie" sprechende Bundestagspräsident Lammert und viele andere Menschen im Lande haben ihr opportunistisches Beiseiteschieben von grundlegenden Prinzipien in dieser Angelegenheit zweifellos gespürt und als Bedrohung empfunden.

Diese Wahrnehmungen und Empfindungen sind wertvoll, insbesondere vor allem, wenn die Folgefrage auch gestellt wird:  'Wer einmal opportunistisch Prinzipien bricht, tut der das nicht auch sonst und/oder in Zukunft wieder?' Erinnert sei hier an die Beispiel der Vergangenheit: der erlogene 'Hufeisenplan', den man bei der NATO zur Eröffnung des Krieges gegen Serbien 1999 brauchte; die Lügenvorstellung, die Colin Powell im UN-Sicherheitsrat zur Rechtfertigung des Krieges  gegen den Irak im Jahre 2002 vorführte; das permanente Stangehalten gerade von Frau Merkel, aber auch von US-Präsident Obama bei den brutalsten Aktionen der israelischen Regierung gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen. Insbesondere, wenn es um imperiale Ziele und Hegemonieansprüche geht, werden von den Interessenten alle Prinzipien bei Bedarf über Bord geworfen. Und das erste dabei ist stets das der Achtung der Souveränität anderer Völker und Staaten. In Nordafrika scheint diesbezüglich weiter Hochkonjunktur zu herrschen.

Bei einem streng geheim gehaltenen Militäreinsatz der Bundeswehr landeten am letzten Freitag zwei Transall-Großraumflugzeuge, bestückt mit schwer bewaffneten Fallschirmjägern, auf einem Flugplatz in der libysche Wüste nahe den Ölförderanlagen von Nafura im Südosten des Landes, um von dort 133 EU-Bürger auszufliegen, darunter 22 Deutsche. Die Bundeswehroperation erfolgte im 'Kombipack' mit zwei Maschinen der britischen Royal Air Force, die zum gleichen Zeitpunkt dort landeten und 150 britische Arbeiter abholten.

Die Operation vollzog sich unter klarer Verletzung des libyschen Luftraums und deutlichem Verstoß gegen geltende internationale Regeln. Denn um eine Genehmigung durch die libysche Regierung war weder angefragt, noch war sie eingeholt worden.

Auch um eine laut Grundgesetz an sich notwendige Zustimmung des Bundestages zu diesem Auslandseinsatz der Bundeswehr hat man sich herumgemogelt. Die Bundesregierung behauptete im Nachhinein, dass es sich um einen "Einsatz von geringer Intensität und Tragweite" gehandelt habe. Deshalb habe nach dem sogenannten 'Parlamentsbeteiligungsgesetz' das 'vereinfachte Verfahren' angewendet werden können, wonach nur die Obleute der Bundestagsparteien informiert werden mussten. Dies soll am Freitagnachmittag gegen 17.55 Uhr auf dem Rückflug der Parlamentarier von der Trauerfeier für die in Afghanistan getöteten Panzergrenadiere aus Regen geschehen sein. Wenn die Zeitangaben stimmen, erfolgte diese Information also erst zu einem Zeitpunkt, als die Bundeswehrmaschinen schon wieder auf dem Rückflug waren. Denn der Zugriff des Kommandos in der Wüste war innerhalb von 45 Minuten um 18 Uhr bereits erfolgreich und ohne Zwischenfälle erledigt gewesen, und es gibt eine Stunde Zeitunterschied zwischen Deutschland und Libyen (wenn es in Libyen 18 Uhr ist, ist es in Deutschland 17 Uhr). Zudem soll der Obmann der 'Grünen' bei dieser Information nicht dabei gewesen sein.

Dass aber bei einem solchen Eindringen mit Militärmaschinen in einen fremden Luftraum ohne vorherige Zustimmung des betroffenen Landes das 'vereinfachte Verfahren' ausreichend gewesen sein soll, ist eine geradezu skandalöse Missachtung und Verhöhnung der Rechte des Parlaments und der Verfassung.

Das Kommandounternehmen, das zwischen dem ehemaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg, dem Kanzleramt und Außenminister Westerwelle bereits in der Woche zuvor abgestimmt und von Generalinspekteur Wicker vorbereitet worden war, wurde als "humanitäre Rettungsaktion" deklariert. Es habe keine andere Möglichkeit gegeben, die EU-Bürger aus dem Bürgerkriegsland herauszuholen. Eine unmittelbare Bedrohung für Leib und Leben der 'Geretteten' scheint es allerdings bis zu ihrem Abtransport nicht gegeben zu haben – es wurde nur von "möglichen Kämpfen" zwischen Aufständischen und libyschen Regierungstruppen um die Ölanlage gesprochen, die "zu erwarten" seien.

Die Bundeswehrflugzeuge und die Fallschirmjäger, mit Wüstenuniformen ausgerüstet und "robust bewaffnet", waren schon Ende letzter Woche stillschweigend auf Kreta stationiert worden. Lobend wurde besonders hervorgehoben, dass für diesen Einsatz "Elite-Soldaten" mit einschlägigen Erfahrungen in Afghanistan ausgewählt worden waren. Innerhalb von 45 Minuten sei die ganze Operation am Freitagabend um 18 Uhr Ortszeit ohne jegliche Zwischenfälle erledigt gewesen. Die Bundeswehrmaschinen sollen weiterhin auf Kreta stationiert bleiben, um im "Notfall" erneut zum Einsatz zu kommen. "Die Operation in Libyen war eine der riskantesten Missionen der Bundeswehr der letzten Jahre", hieß es bei Spiegel-online. Dort wurde auch die "neue Qualität der schnellen Entscheidung" durch die Bundespolitiker "für zukünftige Krisenfälle" hervor gehoben.

Auch wenn der Vorgang mit der "Rettung von Menschenleben" gerechtfertigt wird, ist der Charakter eines gefährlichen Präzedenzfalls nicht zu übersehen. Wohin kann es führen, wenn Kanzlerin, Außenminister und Kriegsminister auch künftig in aller Stille allein entscheiden, in welche Länder sie Bundeswehrflugzeuge unter dem Deckmantel einer "humanitären Rettungsaktion" einfach einfliegen lassen, ohne sich um eine Erlaubnis zu bemühen? Und wenn die Regierungen aller anderen Staaten dies künftig genau so machen ... ?

Was hier bei dem selbstherrlichen Bruch zwischenstaatlicher Rechte noch eher geringfügig aussieht, wird auf anderer Ebene für ganz andere Dimensionen (noch) diskutiert und für den Bedarfsfall vorbereitet.

Regierungsbeauftragte der USA berieten am vergangenen Wochenende mit EU- und anderen Regierungen sowie NATO-Offiziellen über eine militärische Intervention in die seit zwei Wochen in Libyen sich zuspitzenden bürgerkriegsähnlichen inneren Auseinandersetzungen. Dies berichtete die New York Times am 27.2. aus "offiziellen" Quellen.

Es handelte sich offensichtlich nicht nur um unverbindliche Gespräche. Der Form nach ging es zunächst um die Verhängung einer Flugverbotszone über Libyen, die es der libyschen Armee verbieten würde, Flugzeuge dem eigenen Territorium fliegen zu lassen. Wie die US-Zeitung mitteilte, hat die italienische Regierung bereits verlautbart, dass der 2008 von Berlusconi unterzeichnete Freundschafts- und Beistandsvertrag Italiens mit Libyen kein Hindernis (!) wäre, um die in Italien stationierten USA- und NATO-Militärstützpunkte, darunter die Basis der 6. US-Flotte in Neapel, für einen solchen Einsatz zu verwenden. Der Vertrag enthält zwar eine Nichtangriffs-Klausel, wonach Italien sich verpflichtet, "weder direkte noch indirekte militärische Gewalt" gegen Libyen anzuwenden und "jeglichen feindlichen Akt gegen Libyen" von Italien aus zu verhindern. Doch Berlusconis Außenminister Frattini erklärte am Sonntag im Fernsehen, man habe zwar einen Freundschaftsvertrag abgeschlossen, "aber wenn die Gegenseite nicht mehr existiert, in diesem Fall der libysche Staat, kann der Vertrag nicht angewendet werden".

Der UNO-Sicherheitsrat war am Wochenende allerdings noch nicht bereit, Flugverbotszonen über Libyen zu beschließen. Er begnügte sich zunächst mit Sanktionen wie Einreiseverboten und Einfrieren von Konten von Gaddafi und seinen nächsten Vertrauten sowie einem Waffenembargo. Das hängt auch damit zusammen, dass für weitergehende Maßnahmen, wie Frankreichs Premierminister Fillon erklärte, ein neuer (einstimmiger) Beschluss des UN-Sicherheitsrats erforderlich wäre, und dass dann die NATO in Aktion treten müsste. Doch "ob die NATO in einen Bürgerkrieg im Süden des Mittelmeers eingesetzt werden muss", sei eine Frage, "über die zumindest nachgedacht werden muss, ehe die Aktion gestartet wird", sagte Frankreichs Regierungschef, wohl in Abwägung der damit verbundenen internationalen Folgen.

Ein US-Offizieller sagte jedoch, im Falle einer "raschen Verschlechterung" der Situation oder einer bedeutenden "Zunahme von Gewalt" seien nach wie vor mit Sicherheit weitere Maßnahmen wie eine Flugverbotszone oder andere Formen militärischer Gewalt zu erwarten.

Dass so eine Situation einträte, wenn z.B. Kräfte in Bedrängnis kämen, die den USA und der EU Dominanz über Libyen garantieren würden, wäre dann die Parallele zur Kriegseröffnung gegen Serbien im Frühjahr 1999.

Die Staaten im Nahen Osten sind sich offenbar der drohenden imperialistischen Einmischung bewusst. Wie heute bekannt wurde, wird die Arabische Liga in ihrer heute beginnenden 135. Sitzungsperiode auf Antrag von Syrien eine Erklärung verabschieden, in der sich die Liga gegen jedwede ausländische Intervention in Libyen wendet und dem Land die Verteidigung der territorialen Integrität garantiert. Es ist im Interesse des libyschen Volkes, auch bei uns diese Positionen zu unterstützen und hochzuhalten.

'Wer einmal Prinzipien bricht, bricht sie bei Bedarf erneut.' Und 'Bedarf' heißt immer 'zum eigenen Vorteil'. Die dabei heutzutage beschworene Menschlichkeit ist das verlogene Banner der modernen Kreuzritter und Conquistadoren. 'Menschlichkeit' würde schon heute erfordern, den Flüchtlingen aus Nordafrika Zutritt zur EU zu ermöglichen und Tunesien und Ägypten unter Wahrung der jeweiligen Souveränität materielle und logistische Hilfe zur Versorgung der Hundertausenden von Flüchtlingen dort zukommen zu lassen. Damit jedoch sind die strategischen Imperiumsplaner der USA und EU am wenigsten beschäftigt.

Text: hth  /  Quelle: G.Polikeit vorab aus UZ vom 4.2.2011, u.a.   
Foto: statixc (USS Kersarge; derzeit in Anfahrt auf Libyen)

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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